Ansgar Pahl (26) ist ein Macher. Der Bremerhavener lenkt in seinen jungen Jahren bereits ein über die Landesgrenzen hinaus gefragtes Unternehmen für Filtertechnik – und das als Quereinsteiger. Überall kommen die Lösungen zum Einsatz: ob beim Brauen von Bier oder Lackieren von Autos. Im Fischereihafen hat die Produktion ihren Sitz.
Wenn es gerade pressiert, weil ein Auftrag für einen Kunden aussteht, kommt der Chef am Wochenende rein. Pahl hat hierher dann schon Freunde zum Kaffeetrinken eingeladen. Die Maschinen können weiterlaufen. Vor zwei Jahren trat er die Nachfolge im Betrieb an – damals im Alter von 23 Jahren. "Ich habe mir das relativ schnell vorstellen können", sagt Pahl.
Dabei ging seine Geschichte eigentlich mit einem Malheur los. Der Bremerhavener schaffte sein Abitur nicht. An welchen Fächern es lag? "Oh – das waren alle!" Die Schule sei für ihn viel zu theoretisch gewesen: "Ich bin einfach ein praktischer Mensch." Im Rückblick sagt Pahl aber: "Für mich war das ein Riesenglück, dass ich mein Abitur nicht geschafft habe." Schließlich hat ihn all das auf seinen Weg gebracht – mit dem Start einer Ausbildung.

Filter können aus den verschiedensten Materialien hergestellt werden. Ansgar Pahl im Gewebestofflager des Unternehmens.
Heute ist Ansgar Pahl sein eigener Chef. Die Selbstständigkeit gefällt ihm. In seinem Büro gleich neben der Produktion liegt Hündin Mila ruhig auf ihrem Platz. Der Goldendoodle begleitet Pahl oft in die Firma. An den Wänden hängen Leitgedanken für das Unternehmen: Wie geht es in die Zukunft? Wo können wir noch mehr erreichen? Gerade steht im Fokus, Abläufe zu digitalisieren und zu automatisieren.
Sein Einstieg hier war ein Zufall. Pahl suchte vor drei Jahren jemandem, der seine Kitesegel herstellen kann. Schon während der Ausbildung in Norddeich kam ihm die Idee dazu auch aus Langeweile heraus. Während der Pandemie hat der Fitnesskaufmann viel weniger als sonst zu tun – es gibt weniger Kitesurfkurse für ihn als Lehrer. Pahl nutzt die Zeit. Er kauft sich kurzerhand eine Nähmaschine und legt mit den Entwürfen los.
An der Wurster Nordseeküste ging es für Pahl nach dem Abschluss weiter. Dort sei damals ein Betreiber für die Kiteschule gesucht worden. Für den Bremerhavener Jung war das ein perfektes Standbein, um in den Kursen seine eigenen Kitesegel direkt einem Härtetest auszusetzen: „Das Material fliegt da jeden Tag."
Pahl erinnert sich an eine tolle Zeit: Ein Filmemacher drehte über ihn sogar eine Dokumentation. Pahl lernte seine heutige Partnerin Martha kennen. Alles gut? Der Bremerhavener hat auch die intensive Arbeit im Gedächtnis. „Ich habe nachts viel genäht“, sagt er. In seinem Elternhaus hockt er unten im Keller an der Nähmaschine – um den Schlaf der beiden nicht zu stören: "Die Industriemaschinen machen unfassbar viel Lärm." Am Tag muss er wieder in der Surfschule sein. Das sei nervenzehrend gewesen.
Die Sielken Filter GmbH erscheint ihm als passender Partner fürs Nähen seiner Kitesegel. Das Unternehmerehepaar sucht allerdings auch einen Nachfolger. "Irgendwann kam raus: 'Eigentlich möchten wir die Firma viel lieber verkaufen'", sagt Pahl. Es geht dann schnell. Im Herbst laufen die ersten Gespräche. Schon bei der Weihnachtsfeier wird Pahl als neuer Chef der Belegschaft vorgestellt und übernimmt im Frühjahr 2023.

Ansgar Pahl ist im Geschäft mit Filtertüchern ein Quereinsteiger. Der Bremerhavener setzt auf Qualität und Tempo: ”Wir sind, hoffe ich, immer die Teuersten.”
Filterlösungen? Pahl musste damals schnell in eine neue Welt eintauchen. Das sei eine Herausforderung gewesen. Nach mehr als zwei Jahren aber laufe alles. „Der größte Berg ist weg", sagt er. Viele seiner Gesprächspartner – oft auch Physiker, Chemiker oder Ingenieure – teilten ihr Wissen gerne. Die Kunden seien "superoffen". Er könne als Produzent viel lernen.
Auf Marketing sei dabei bisher wenig gesetzt worden. An der Straße steht einzig eine alte Werbung: Die Firma Sielken Filter grüßt den Hafenbus. Das Geschäft lief trotzdem gut – und tut es bis heute. "Toi, toi, toi!", klopft Pahl rasch auf den Tisch. "Ich hoffe es!" Der Unternehmer bringt sich heute mehr bei Kunden ins Gespräch. Es rufen aber auch größere Firmen von sich aus in Bremerhaven an, ob vielleicht jemand vorbeikommen könne.
Die Faszination fürs Produkt ist da. Es sei unheimlich interessant: Überall in der Industrie kämen Filter für Flüssigkeiten zum Einsatz – und auch bei Feststoffen. Die hier in der Manufaktur hergestellten Filtertücher stecken später in Platten hintereinander weg. "Wie bei einem Toastbrot sieht das aus", sagt Pahl. Der sogenannte Kuchen kann beim Prozess von der Flüssigkeit getrennt werden – ähnlich wie der Filter in der Kaffeemaschine.
Die Vielfalt ist groß. Kammerfilterpressen holen etwa Hopfen aus dem Bier heraus. Zum Einsatz kommen Filter aber auch bei Bohrungen im Erdreich, in Kläranlagen oder Betonwerken sowie bei der Herstellung von Keramik – müssen also viel aushalten. Es gibt viele Gewebearten zur Auswahl. Ganz neu ist ein Projekt, bei dem Mikroplastik gefiltert werden soll. Was noch besonders ist: Pahl weiß tatsächlich nur ganz selten, wo genau sein Produkt später landet. "Kunden sagen uns, dass wir in bestimmten Bereichen Marktführer sind", sagt er. Er selbst kann das nicht nachvollziehen. Von der Lebensmittelbranche, über die Bauwirtschaft bis zur Automobilbranche gebe es Kunden.
Pahl hat dabei seine Prinzipien. "Ich gehe in keinen Preiskampf. Da habe ich überhaupt keine Lust darauf", sagt er. "Wir sind, hoffe ich, immer die Teuersten." Das müsse so sein. Seine Manufaktur arbeite dafür am schnellsten und liefere die beste Qualität. "Das sind unsere beiden Spezialitäten. Wenn hier jetzt jemand anruft 'Ich brauche morgen ...' – dann können wir morgen." Geschwindigkeit im Geschäft ist wichtig. Schließlich müssen die Filter in den Produktionen funktionieren. Die Belegschaft liefere tolle Arbeit ab. Und vieles ist Handarbeit.
Ansgar Pahl hat sich auch schon nach seiner eigenen Geburtstagsfeier mitten in der Nacht auf den Weg in die Firma gemacht, die heute seinen Namen trägt: Pahl Filter GmbH. Das sei dann aber seine Entscheidung als Unternehmer. "Es ist eine extreme Freiheit", sagt Pahl. Er könne dafür auch in diesem Moment Feierabend machen und das schöne Wetter an der Küste genießen: "Ich bin nur mir Rechenschaft schuldig. Das ist ein massiver Luxus."