Bremerhaven/Hamburg. Die dänische Reederei Maersk zieht eine ihrer Containerlinien aus Hamburg ab und lässt sie ab 23. Januar Bremerhaven anfahren. Der Hamburger Hafen verliert dadurch ein jährliches Volumen von 150.000 Standardcontainern (TEU), wie das „Hamburger Abendblatt“ berichtet. Allerdings ist es noch zu früh für eine Einschätzung, ob dieses Volumen nun eins zu eins in Bremerhaven angelandet wird. Auch Wilhelmshaven und Rotterdam liegen im Umlauf der Linie.
Bremens Häfensenatorin Claudia Schilling (SPD) begrüßt, dass damit eine weitere Linie Bremerhaven anlaufen wird: „Der Containerterminal an der Stromkaje stellt die größte zusammenhängende Anlage ihrer Art in Europa dar und bietet hervorragende Anlaufbedingungen. Jedoch ist es auch übliche Praxis, dass es bei den Linien und Diensten immer wieder zu Verschiebungen kommt.“ Statt allerdings den Wettbewerb zwischen Bremerhaven und Hamburg anzustacheln, hat Schilling ein größeres Ziel im Blick: „Wichtiger als punktuelle Verschiebungen zwischen Hamburg und Bremen wäre, dass die deutschen Häfen insgesamt mehr Ladung gewinnen.“
Bei der Verbindung handelt es sich um die Linie „ME1“. Maersk, die größte Containerreederei der Welt, teilte mit, dass die Änderung saisonale Gründe habe. Die Linie verbindet regelmäßig Indien und Saudi-Arabien mit den europäischen Häfen. Mit dieser Änderung sei der Anlauf zwischen den Häfen vom indischen Mumbai und Rotterdam in 20 Tagen möglich. Dies sei, wie ein Sprecher der Reederei Maersk dem WESER-KURIER erläutert, der wichtigste Faktor für die Entscheidung. Zeitlich liegt Bremerhaven gegenüber Hamburg im Vorteil, weil die länger dauernde Revierfahrt durch die Elbe entfällt.
Einen Termin, wann Maersk die „ME1“ zurück nach Hamburg verlegen will, hat die Reederei nicht genannt. An der Elbe befürchtet man, dass es schwer sei, einen Liniendienst zurückzubekommen, wenn er erst mal abgezogen ist. Was außerdem für Maersk für Bremerhaven spricht: Die Reederei ist dort an der Stromkaje am North Sea Terminal (NTB) beteiligt. Das NTB ist wiederum ein Joint Venture zwischen den Dänen und dem Terminalbetreiber Eurogate, an dem die Bremer BLG Logistics beteiligt ist.
Bremerhaven könnte erneut profitieren
Für Bremerhaven ist die Verlegung eine gute Nachricht. Vor einem Jahr hatte Hapag-Lloyd vier von fünf Nordamerika-Linien von Bremerhaven nach Hamburg verlagert. Dadurch lag der Umschlag 2019 bei 4,96 Millionen TEU und sank um neun Prozent gegenüber dem Vorjahr. Doch bei Hapag-Lloyd ist in Hamburg zum Jahresende der Vertrag für die Nutzung eines Kais ausgelaufen. Wie aus dem Umfeld zu hören ist, laufen die Verhandlungen, die Preisvorstellungen der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) seien aber weit von dem entfernt, was sich die Hamburger Reederei vorstellt. Sollte es dort zu keiner Übereinkunft kommen, müsste sich Hapag-Lloyd zusammen mit Partnern nach Alternativen umschauen. Davon könnte Bremerhaven vielleicht erneut profitieren.
Hapag-Lloyd denkt derweil über einen weitreichenderen Schritt nach und erwägt den Kauf neuer Containerschiffe mit einer Tragfähigkeit von mehr als 20.000 TEU. „Unsere Flotte sollte aus großen, mittelgroßen, mittleren und kleineren Schiffen bestehen“, sagte Hapag-Lloyd-Vorstandschef Rolf Habben Jansen. Hapag-Lloyd betreibe bei einer Gesamtflotte von rund 230 Schiffen nur sechs Großschiffe. Da sei es naheliegend, auf zwölf Schiffe aufzustocken, die für einen vollen wöchentlichen Containerdienst zwischen Europa und Asien erforderlich seien. Entscheidungen seien noch nicht getroffen. Sofern es wirtschaftlich machbar sei, würde Habben Jansen gerne Schiffe bestellen, die mit flüssigem Erdgas LNG betrieben werden.
Die französische Reederei CMA CGM hat ein solches LNG-Schiff bereits im September in Dienst gestellt. Weitere sollen folgen. Auf ihnen ist Platz für bis zu 23 000 TEU. Unter Volllast wäre es für diese Schiffe schwierig, Bremerhaven und Hamburg zu erreichen – trotz vertiefter Elbe. Was die aktuellen Arbeiten am Fluss und die Genehmigungen angeht, hinkt Hamburg gerade dem Zeitplan mehrere Monate hinterher. Voll beladen können diese Schiffe in Europa nur in Rotterdam und im Jade-Weser-Port (Wilhelmshaven) festmachen.
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