Am kommenden Montag wird in Bremerhaven die „MSC Gülsün“ erwartet. Das Besondere: Die „MSC Gülsün“ ist mit einer Ladekapazität von etwa 23.000 Standardcontainern (TEU) das derzeit weltweit größte Containerschiff. Eine gute Gelegenheit für die Hafengruppe Bremen/Bremerhaven, wieder einmal zu zeigen, dass die Infrastruktur im Ganzen für einen Universalhafen steht und alle Güterarten und Transporte abgewickelt werden können. Und speziell für den Containerumschlag könnte es keine bessere Werbung geben. Bremerhaven hat sich zwar seit Jahren durch eine schnelle Abfertigung ausgezeichnet. Außerdem gibt es gute Hinterlandanbindungen, und die Seestadt ist nautisch gut erreichbar. Aber trotzdem könnte es an der Stromkaje besser laufen.
Bremerhaven ist der zweitgrößte Seehafen Deutschlands – das wird er auch die nächsten Jahre sein. Allerdings stagniert dort der Containerumschlag seit ein paar Jahren, und wenn er stieg, dann minimal. Gleiches galt auch für Hamburgs Hafen – der Nummer eins in Deutschland. In diesem Jahr könnte es in Bremerhaven allerdings einen etwas größeren Ausschlag ins Minus geben – darauf deuten zumindest die Umschlagzahlen der ersten sechs Monate hin.
Offenbar ist es nicht gelungen, den Weggang einiger Linien-Dienste zu kompensieren: Bekanntlich hatte die Reederei Hapag-Lloyd zu Beginn dieses Jahres vier von fünf Nordamerika-Linien von Bremerhaven nach Hamburg mit einem jährlichen Ladungsvolumen von 500.000 Standardcontainern (TEU) abgezogen. Außerdem hatte die Reederei-Allianz von Maersk und MSC einen ihrer zehn Dienste von der Weser an die Elbe abgezogen. Der Containerumschlag liegt nach Auskunft des Wirtschaftsressorts im ersten Halbjahr bei 2,486 Millionen TEU. Gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres entspricht das einem Umschlagrückgang von 8,6 Prozent. Allerdings ging der gesamte Seegüterumschlag mit 36,5 Millionen Tonnen in diesem Zeitraum nur um 1,2 Prozent zurück.
Dienste nach Hamburg verlagert
„Was wir in diesem Jahr zu spüren bekommen, ist der Abzug der vier Hapag-Lloyd-Dienste, die quasi aus politischen Gründen nach Hamburg verlagert wurden“, so Tim Cordßen, Staatsrat im neu geschaffenen Ressort Wissenschaft und Häfen. Mit der Verlagerung nach Hamburg will Hapag-Lloyd den Container-Terminal Altenwerder besser auslasten, an dem die Reederei mit 25,1 Prozent beteiligt ist, und die Stadt Hamburg wiederum hält 14 Prozent der Aktien von Hapag-Lloyd. Offenbar macht sich das in Hamburg bemerkbar: Der Containerumschlag legte in Hamburg im ersten Halbjahr um 7,5 Prozent auf 4,7 Millionen TEU zu, teilte die Marketinggesellschaft des Hafens am Donnerstag mit.
Grundsätzlich habe sich der Umschlag in Bremerhaven in den vergangenen Jahren immer auf einem hohen Niveau bewegt – auch in dem Jahr, als Hamburg 2015 einen Einbruch beim Containerumschlag von etwa zehn Prozent erlebte, so Cordßen. Dieses Niveau werde Bremerhaven auch wieder erreichen. Allerdings müssten dafür auch die Weichen gestellt werden. „Rotterdam als Europas größter Hafen und Antwerpen als Nummer zwei haben in den vergangenen Jahren kontinuierlich in den Ausbau der Infrastruktur investiert und auch ausreichende Wassertiefen für die großen Containerschiffe geschaffen.“ Das mache sich bezahlt, was sich an den Umschlagzahlen erkennen lasse, die in beiden Häfen in den vergangenen vier, fünf Jahren immer ordentlich gestiegen seien. So legte der Containerumschlag in Rotterdam im ersten Quartal dieses Jahres um 7,3 Prozent zu.
Cordßen sieht bei den Investitionen einen ähnlichen Bedarf in Hamburg und in Bremerhaven – der Nummer drei und vier in Europa. Die Elbvertiefung werde nun in Angriff genommen, genau das müsse jetzt auch in der Weser erfolgen. „Was die Vertiefung der Außenweser angeht, haben wir auch eine klare Aussage im Koalitionsvertrag, dieses Vorhaben schnellstmöglich voranzutreiben.“ Da sei man aber auch auf den Bund angewiesen. „Wir müssen für die deutschen Häfen die Wettbewerbsfähigkeit erhalten, sonst laufen uns Rotterdam und Antwerpen davon.“
Allein die Vertiefung der Außenweser und Elbe werde allerdings langfristig nicht ausreichen. „Wir haben zwar in Bremerhaven mit unseren Hinterlandanbindungen eine starke Position am Markt, aber die werden wir nur erhalten, wenn wir auch in diesem Bereich weiter investieren.“ Dass Bremerhaven aber nach wie vor zu den leistungsstärksten Häfen in Europa zähle, zeige sich etwa beim Autoumschlag. „Da sind wir weiterhin auf einem ganz hohen Niveau unterwegs.“
Dass der Abzug der vier Hapag-Lloyd-Dienste am Containerterminal Bremerhaven (CTB) für einen Rückgang sorgen wird, damit hatte das Unternehmen Eurogate, das seinen Sitz in Bremen hat und insgesamt mit Hamburg in Europa 14 Terminals betreibt, gerechnet. Diese Dienste sorgten am CTB für die Hälfte des Umschlags. Zur Marktsituation insgesamt in Bremerhaven und der Wettbewerbssituation sagte ein Sprecher des Unternehmens, „dass Eurogate regelmäßig Analysen der Wettbewerbssituation vornimmt und sich zu möglichen Handlungsoptionen in den nächsten Wochen äußern wird.“ Den Abzug des Dienstes der Reederei-Allianz von Maersk und MSC hatte Christian Lankenau, Geschäftsführer vom North Sea Terminal (NTB) Bremerhaven, vor Monaten als normalen Vorgang beschrieben: Es sei nicht ungewöhnlich, dass einige Reedereien zu Beginn des Jahres ihre Liniendienste neu sortieren. Für das dänische Unternehmen Maersk gehöre der NTB aber weiterhin zu den weltweit acht wichtigsten Terminals. Maersk ist auch Mitinhaber des NTB.
Im Hamburger Hafen geht es aufwärts
Der Hamburger Hafen hat nach Jahren der Stagnation wieder in den Vorwärtsgang geschaltet und ist im ersten Halbjahr kräftig gewachsen. Der gesamte Umschlag von Seegütern erhöhte sich gegenüber dem gleichen Zeitraum des Vorjahres um 4,1 Prozent auf 69,4 Millionen Tonnen, teilte die Marketing-Gesellschaft des Hafens am Donnerstag in Hamburg mit. Noch stärker legte der Containerumschlag zu, der wichtigste Bereich des Hafens mit der höchsten Wertschöpfung. Er stieg um 7,5 Prozent auf 4,7 Millionen Standardcontainer (TEU). Damit konnte Hamburg erstmals seit Jahren im Containerverkehr seine Marktanteile unter den großen Häfen Nordwesteuropas wieder etwas steigern, nachdem die Hansestadt zuvor gegenüber Wettbewerbern wie Rotterdam und Antwerpen stetig zurückgefallen war.
Das Wachstum sei vor allem auf vier neue Liniendienste zurückzuführen, die Hamburg mit Häfen in Kanada, den USA und Mexiko verbinden.