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Made in Bremen Post aus Sri Lanka

Die Bremerin Laura Brandt verschickt über ihren Onlinehandel „Yummy Organics“ Gewürze, die von Kleinbauern aus Sri Lanka stammen. Das Besondere an ihrem Startup ist die Bezahlung.
21.01.2018, 06:23 Uhr
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Von Helge Hommers

Das Paket, das Laura Brandt in den Händen hält, hat einen langen Weg hinter sich. Mehr als 8000 Kilometer Luftlinie liegen zwischen Bremen und der Bungalow-Siedlung auf Sri Lanka, von wo es losgeschickt wurde. Als die 32-Jährige das Paket öffnet, kommt ihr eine Duftwolke entgegen. Der Geruch von Ceylon-Zimt, von Ingwer und von Pfeffer liegt in der Luft. Er setzt bei Brandt Erinnerungen an tropische Hitze, ausgefallene Kochkreationen und das Leben im Dschungel frei. Plötzlich kommt ihr eine Idee: Ein Onlinehandel mit Nahrungsmitteln aus aller Welt. Und zwar einer, bei dem die Kunden entschieden, was sie für ihre Einkäufe bezahlen.

Inzwischen ist aus der Startup-Idee Wirklichkeit geworden: Seit November des vergangenen Jahres vertreibt Brandt über den Onlineshop „Yummy Organics“ zehn verschiedene Gewürze in unterschiedlicher Mahlstärke und verschiedenen Zusammensetzungen. Hinzu kommen handgefertigte Kochutensilien aus Kokosnuss. Zwischenhändler gibt es keine, die von Hand bearbeiteten Produkte stammen direkt von Kleinbauern aus Sri Lanka. Per Schiff kommen sie über Hamburg nach Bremen, wo sie schließlich von Brandt gemahlen, verpackt und verschickt werden.

Ihre Eingebung hatte sie vor etwa zwei Jahren. Daraufhin setzte sie sich direkt mit ihren Bekannten in Sri Lanka in Verbindung und erzählte ihnen von ihrer Idee und dem ungewöhnlichen Konzept. „Die waren sofort begeistert“, sagt Brandt. Sie hatte schon seit längerem den Traum von einem Projekt, das ihre Leidenschaften Reisen, Kochen und Nachhaltigkeit miteinander verbindet. „Am besten mit Produkten, die man anfassen kann, und bei denen der Kunde weiß, von wo sie kommen“, sagt Brandt.

"Vom Büro-Dschungel in den richtigen Dschungel"

Einen Teil des Geldes für die Finanzierung ihres Vorhabens sammelte Brandt über die Crowdfunding-Plattform „Startnext“, auf der sie über zwei Monate für ihr Startup warb. Zuvor war sie mit einer Freundin nach Sri Lanka zurückgekehrt, um dort ein Video zu drehen, mit dem sie potenzielle Crowdfunder überzeugen wollte. Der Plan ging auf: Bei 6000 Euro lag ihr Ziel, am Ende waren fast 9000 Euro zusammengekommen.

Brandts Verbindung nach Sri Lanka stammt von einer zweimonatigen Freiwilligentätigkeit, die sie im Frühjahr 2015 auf die asiatische Insel geführt hatte. Damals brauchte sie eine Auszeit von ihrem Job und nahm bezahlten Urlaub, den sie auf der „Singharaja Garden Eco Lodge“ verbrachte.

„Vom Büro-Dschungel in den richtigen Dschungel“, wie Brandt sagt. Die kleine Siedlung im Südwesten des Landes ist ein Rückzugsort, der von einem deutschen Auswandererpaar geleitet und vorwiegend von deutschen Touristen aufgesucht wird, die auf der Suche nach einem Urlaub mit Abenteuern und Wellness sind. Hier lernte Brandt auch die landestypische Küche und viele Kleinbauern kennen.

Bis aus der Idee die erste eigens verschickte Lieferung wurde, war es ein weiter Weg. Zwar besaß Brandt durch ihr Studium der Digitalen Medien und den Beruf als Online-Konzepterin in einer Digitalagentur breite Erfahrungen, was es heißt, Pläne zu erstellen und diese auch umzusetzen.

"Viele haben mir gesagt, dass ich verrückt sei"

Aber die Herausforderungen, die Bürokratie und die eigene Buchhaltung an sie stellten, waren neu für die Bremerin. Brandt bewältigte sie – und das ganz alleine. Denn „Yummy Organics“, was aus dem Englischen übersetzt so viel wie „leckere Naturprodukte“ bedeutet, ist ein Ein-Personen-Unternehmen, das Brandt neben ihrem Vollzeitjob führt.

Als sie Freunden und der Familie von ihrer Idee erzählte, erntete sie wenig Zustimmung – gerade ihre Eltern waren „sehr besorgt“, wie Brandt lächelnd sagt. „Aber sie wissen, wenn ich etwas Ernst meine, ziehe ich das dann auch durch.“ Vor allem ihr Vorhaben, keine festen Preise zu verlangen, stieß auf Bedenken: „Viele haben mir gesagt, dass ich verrückt sei und die Kunden mir den Laden ohne angemessene Bezahlung leer kaufen“, sagt Brandt. „Der Gedanke ist, dass die Verbraucher oft sagen, dass sie die Macht haben wollen. Nun haben sie die Macht und sollen sie auch benutzen.“

Wie viel Geld er bezahlt, bestimmt der Kunde über einen Preisregler, der zu Beginn bei einem sogenannten Referenzpreis steht. Je nachdem, ob der Regler nach links in die rote Zone oder nach rechts in den grünen Bereich verschoben wird, verändert sich ein Begleittext, der den Kunden aufklärt, was er mit seiner Zahlung bewirkt. Bisher machte Brandt durchweg positive Erfahrungen mit ihrem Konzept: Alle Kunden haben sich für den Referenzpreis oder mehr entschieden, sodass zumindest die für die Bestellung entstandenen Kosten für das Unternehmen und ein angemessener Lohn für die Kleinbauern in Sri Lanka gedeckt waren.

Langfristig möchte sie ihr Angebot ausbauen und neben Kräutern und Kochzubehör weitere Lebensmittel wie Tee und Kräuter verkaufen – und schließlich ab 2019 vollkommen selbstständig sein. Ihr Ziel ist es, andere Länder und andere Kooperationen für ihr Startup zu gewinnen, für die tägliche Arbeit peilt sie ein eigenes Team an. Sollte ihr Plan nicht aufgehen, sei zwar ein Haufen Geld weg, aber es würde sie nicht die Existenz kosten. „Zumindest kann ich dann sagen, dass ich es wenigstens versucht habe“, sagt die 32-Jährige.

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