Dirk Zander lebt auf Pump. „Wir zehren von einem Kredit unserer Bank von 2020.“ Dem Gastronomen geht es wie den meisten in der Branche: wegen Corona geschlossen seit fast fünf Monaten, kein Umsatz. Widerstrebend stellt er sich darauf ein, dass es noch einige Wochen so bleiben könnte. Die November- und Dezemberhilfe des Bundeswirtschaftsministeriums immerhin ist auf Zanders Konto angekommen. Am Prenzlauer Berg in Berlin betreibt er zusammen mit seinem Kompagnon das Restaurant Oderquelle.
Von der sogenannten Überbrückungshilfe III für 2021 hat er allerdings noch keinen Euro gesehen. Wobei dabei auch unklar ist, welchen Teil der staatlichen Unterstützung Zander für seinen persönlichen Lebensunterhalt verwenden darf.
„Die Stimmung und Lage sind katastrophal“, fasste Guido Zöllick am Donnerstag zusammen. Der Präsident des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) bezifferte die branchenweiten Umsatzverluste seit der ersten Geschäftsschließung im März vergangenen Jahres auf 63 Prozent. „Jeder vierte der 222.000 Betriebe zieht in Erwägung aufzugeben“, sagte Zöllick. Bisher sind das allerdings bloß Befürchtungen. Zahlen zu tatsächlichen Bankrotten und Abschieden konnte der Verbandspräsident nicht präsentieren.
Zöllick kam mit Blick auf den nächsten Montag in die Bundespressekonferenz. Dann wollen die Regierungen der Bundesländer abermals mit Kanzlerin Angela Merkel diskutieren, wie es mit der Corona-Pandemie, Geschäftsschließungen, Impfungen und Tests weitergeht.
Lebenshaltungskosten der Unternehmer sind nur unzureichend abgedeckt
Eine wesentliche Forderung der Betreiber von Kneipen, Restaurants, Hotels sowie von Caterern besteht darin, dass der Staat ihre Verluste vollständig ersetzen solle. Im Rahmen der Überbrückungshilfe können sie augenblicklich zwar bis zu 90 Prozent der Fixkosten wie Mieten und Versicherungen beantragen. Je nach Größe der Firma bleiben dabei aber Tausende oder gar Millionen Euro offen, die die Firmen aus eigener Kraft finanzieren. Und gerade bei kleineren Betrieben fällt ins Gewicht, dass die Lebenshaltungskosten der Eigentümer unzureichend abgedeckt sind. Außerdem wurden bislang nicht mal die vollständigen Ersatzzahlungen für November und Dezember an alle Unternehmen überwiesen – von der Unterstützung für 2021 gar nicht zu reden.
Von der Krisensitzung am Montag erwartete Zöllick „eine konkrete Öffnungsperspektive“ für alle Gaststätten und Hotels. Die Politik soll eindeutige Kriterien definieren, bei welcher Infektionszahl – wahlweise auch Krankenhausbelegung oder anderen Maßstäben – Gäste draußen und drinnen wieder bewirtet werden dürften. Der Verband verlangt einen Plan, einen Hoffnungsschimmer. Außerdem mehr regionale „Flexibilität“: Er lebe und arbeite in Rostock, sagte Zöllick. Die Corona-Inzidenz für die vergangenen sieben Tage liegt dort bei etwa 20 pro 100.000 Einwohner – sehr niedrig.
Warum sollten Hotels also nicht öffnen dürfen?, fragte der Verbandschef. „Unseren Betrieben ist nicht zu vermitteln, dass die Bundesregierung einerseits Urlaub auf Mallorca wieder möglich macht, aber einen Besuch im Biergarten weiterhin nicht erlaubt“, so Zöllick, „das führt zu maximalem Frust in unserer Branche.“
Und wie lange kann Dirk Zander mit seiner Oderquelle noch durchhalten – ohne Gäste, ohne Einnahmen? „Wir müssen weitermachen“, sagt der Chef, „eine andere Chance haben wir nicht.“ Die Investitionen in sein Restaurant, der offene Kredit: Mit einem mäßig bezahlten Job anderswo kommt er nie wieder auf einen grünen Zweig, befürchtet Zander.