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Blockland Wie Bremer die sonnigen Wintertage auf der Semkenfahrt nutzen

Die Eisfläche für Schlittschuhfans ist geöffnet: Die Kufen sind geschliffen, Winterfans pilgern ins Blockland zur Semkenfahrt. Der Weg lohnt sich: In romantischer Kulisse lässt sich der Frost gut aushalten.
16.12.2022, 05:00 Uhr
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Wie Bremer die sonnigen Wintertage auf der Semkenfahrt nutzen
Von Judith Kögler

Keine seichten Wellen, keinerlei Bewegung: Zugefrorene Gewässer können erstarrt und entseelt wirken. Auch eine bewässerte Weidefläche im Bremer Blockland ist derzeit vereist, von den dort eigentlich rastenden Zugvögeln gibt es keine Spur. Trotzdem eröffnet sich denjenigen, die sich zur Semkenfahrt begeben, ein durchaus lebendiger Anblick – und das trotz (oder gerade wegen) des Frostes. In der tief stehenden Wintersonne, die das vereiste Wasser seicht glitzern und die Umgebung durch Spiegelungen auf dem Eis so viel heller erscheinen lässt, tummeln sich bereits am frühen Nachmittag mit Schlitten und Schlittschuhen ausgestattete Menschen.

Das war zu Beginn der Woche noch nicht absehbar: Die Eisfläche zwischen Südwenje und dem Semkenkanal war für Schlittschuhfans trotz frostiger Temperaturen zunächst noch tabu. Der Grund: kein tragfähiges Schlittschuheis. Doch seit Donnerstagmorgen ist es endlich so weit: Die Tore zur Semkenfahrt im Blockland stehen auf. Auch fürs Wochenende sieht es gut aus – die Chance, dass das Eis weiterhin befahren werden kann, ist hoch. Der Dauerfrost der vergangenen Tage macht es möglich. Und so strömen bereits jetzt die ersten Wintersport-Enthusiasten auf die Fläche, um mit ihren Kufen Muster in das Eis zu kratzen.

Die Stimmung ist ausgelassen. Den Teil der Gesichter, den man zwischen Schals, Mützen und Kapuzen erkennen kann, wirkt vergnügt und freudig. Wer sich nicht gerade auf dem Eis bewegt, sitzt klönend auf den Bänken davor. Zwischen Thermoskannen und Rucksäcken werden Kindern ihre Schneeanzüge angezogen. Alle sind sie da: Familien, Studenten, Rentner.

Fieberhaftes Warten

Das bereits am ersten Tag so viel los ist, damit hat Waltraud Bernau nicht gerechnet. Die 71-jährige Bremerin kommt gerade vom Eis, die Schlittschuhe trägt die sportliche Seniorin lässig über der Schulter, ihre Wangen sind noch leicht gerötet von Anstrengung und Kälte. Mit einer "Sportsfreundin" sei sie da gewesen. Wie es so ist, ganz bis ans Ende der drei Kilometer langen Eisbahn zu laufen? "Zurück war es etwas windig, aber das habe ich auch schon schlimmer erlebt", sagt sie.

Insgesamt 30 Hektar groß ist das Eisfeld, um das sich der Bremer Eisverein seit Jahren kümmert: Schon im November fluten die Vereinsmitglieder die Wiesen. Die drei Pumpen, die über den Deichverband angesteuert werden, laufen dann auf Hochtouren. Sobald eine gewisse Höhe erreicht ist, wird in den Folgemonaten nur noch nachgepumpt, der Stand konstant gehalten. Eismeister Reinhard Pridat ist schon seit vormittags vor Ort, schaut nach dem Rechten. "Die Insider wissen, wann das Eis begehbar ist", sagt er. Selbst abends im Dunkeln würden noch Leute herkommen und mit Stirnleuchte ihre Strecke zurücklegen.

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Jan Otto Heiland und Henriette Pfeffer wollten indessen lieber bei Tageslicht fahren. "Wir sind beide keine Profis", sagt Heiland und lacht. Der Neu-Bremer steht das zweite Mal auf dem Eis der Semkenfahrt. "Wir genießen hier seit einigen Stunden die Sonne", so Pfeffer. Die 27-Jährige sei zu Besuch in der Hansestadt, in ihrer Heimat Marburg gebe es keine vergleichbare Eisfläche. Gerade machen die beiden Pause, wärmen sich mit einem mitgebrachten Glühwein auf. 

Für seinen Schlittschuh-Ausflug hat sich der Student Thilo Ufkes nicht für Punsch, sondern für den klassischen Ostfriesen-Tee entschieden. Als gebürtiger Auricher nicht verwunderlich. Mit seinem Fischtown Pinguins-Trikot ist der 21-jährige Eishockey-Fan angemessen für das Eislaufen gekleidet. "Ich habe fieberhaft darauf gewartet, endlich fahren zu können. Weil meine eigenen Schlittschuhe in der Heimat sind, habe ich mir noch schnell bei Ebay welche gekauft", berichtet er.

Das neue Equipment hat Ufkes direkt mit in die Uni genommen, um nach der Vorlesung schnell startklar zu sein. Das Eis habe eine super Qualität: "Macht einfach Spaß." Und so saust er auf dem glatten Feld hin und her, mal mehr und mal weniger temporeich, immer mit einem Lächeln auf den Lippen.

Andere Bremer Gewässer sind gefährlich

Für viele ist die Semkenfahrt zum Schlittschuhfahren die erste Anlaufstelle in Bremen: Da das Wasser auf der Wiese an den meisten Stellen nur 30 bis 40 Zentimeter tief ist, friert es nämlich rascher zu als in Seen und Flüssen. Doch in diesem Jahr war selbst das schwierig. Auch jetzt noch warnt der Eisverein davor, dass die Fläche noch nicht durchgängig fest vereist sei, und rät Eisläufern, zu den offenen Stellen Abstand zu halten.

Andere Bremer Gewässer sollte man laut Umweltbehörde gar nicht betreten: "Es besteht Lebensgefahr." Dementsprechend wird Erwachsenen empfohlen, ihre Kinder davor zu warnen und selbst Vorbild zu sein. Wer einen Unfall im Eis sieht, solle den Notruf 112 wählen.

Eismeister Pridat hat an diesem Donnerstag noch keine Zwischenfälle erlebt. Nur einigen zaghaften Eisläufern muss er ab und an auf die Fläche helfen. "Das ist kein Problem", sagt er und lässt den Blick über die Bahn schweifen, die die Bremer gleitend und kratzend nun wieder mit Leben füllen.

Zur Sache

Die Feuerwehr Bremen warnt aktuell auf ihrem Twitter-Kanal davor, nicht freigegebene Eisflächen zu betreten, da Lebensgefahr bestehe. "Passt auf Euch auf und warnt auch die Menschen, die Ihr dabei beobachtet", heißt es vonseiten der Feuerwehr. Das Eisfeld an der Semkenfahrt liegt an der Blocklander Hemmstraße kurz hinter der A 27. Die Zuwegung über die Hemmstraße ist für Kraftfahrzeuge derzeit allerdings gesperrt. Parkplätze stehen laut Eisverein in begrenzter Anzahl am Unisee zur Verfügung. 

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