Die Abwassergebühr für Bremer Haushalte wird voraussichtlich zum Anfang des nächsten Jahres deutlich steigen. Konkret zeichnet sich eine Anhebung des Kubikmeterpreises von 2,54 auf 2,89 Euro ab, was einem Aufschlag von 13,8 Prozent entspräche. Für einen durchschnittlichen Vier-Personen-Haushalt würde das eine jährliche Mehrbelastung von gut 60 Euro bedeuten. Die Gebührenanhebung hat am Donnerstag das zuständige Fachgremium beschäftigt, den Betriebsausschuss des Umweltbetriebs Bremen (UBB). Nun ist die Stadtbürgerschaft am Zug.
Welche Gründe hat der Preisschub?
Auslöser der geplanten Gebührenerhöhung ist laut einem Papier aus der Umweltbehörde, das dem WESER-KURIER vorliegt, ein Anstieg der Kosten für die Abwasserbeseitigung bei Hansewasser, dem privatwirtschaftlichen Betreiber der Bremer Stadtentwässerung. Aus dem Gebührenaufkommen wird dessen Aufwand bezahlt. In die Kalkulation fließen dabei diverse Faktoren ein. Sie sind im Vertrag zwischen der Stadt und Hansewasser festgeschrieben. Dazu gehören die Entwicklung der Betriebskosten für Kläranlagen sowie die Erzeugerpreise bei gewerblichen Produkten und die Energiekosten. All diese preisbildenden Faktoren kannten zuletzt nur eine Richtung: steil nach oben.
Bereits 2021 habe es „ungewöhnliche Steigerungen" gegeben, die sich im laufenden Jahr fortsetzen, heißt es in der Beratungsvorlage für den Betriebsausschuss des UBB. So seien zum Beispiel die Erzeugerpreise gewerblicher Produkte im April 2022 gegenüber dem Vorjahresmonat um 33,5 Prozent gestiegen. Nie zuvor seit Beginn der Erhebungen im Jahr 1949 gab es einen ähnlich hohen Sprung.
Wie reagiert die Stadt?
Dass eine Gebührenerhöhung kaum abzuwenden ist, steht für die Umweltbehörde fest. Sie hat der Politik aber unterschiedliche Möglichkeiten aufgezeigt, wie die steigenden Kosten an die Haushalte weitergegeben werden können. Üblich ist bisher eine Gebührenberechnung für einen Drei-Jahres-Zeitraum. Würde die Stadt die gegenwärtigen Trends fortschreiben und sie zur Grundlage einer Gebührenperiode von 2023 bis 2025 machen, müssten die Verbraucher allerdings mit einer sehr starken Anhebung rechnen. Die jährliche Mehrbelastung gegenüber dem heutigen Stand läge dann nicht bei gut 60, sondern bei etwa 113 Euro. Angesichts der Turbulenzen bei den preisbildenden Faktoren hat sich die Umweltbehörde deshalb dafür entschieden, ausnahmsweise nur eine Kalkulation für das Jahr 2023 vorzulegen, also „auf Sicht zu fahren“, wie es in dem Papier für den UBB-Betriebsausschuss heißt. "Wir können nun abwarten, wie sich die gesamtwirtschaftliche Lage entwickelt", sagte Umweltstaatsrat Enno Nottelmann dem WESER-KURIER. Allerdings spricht einiges dafür, dass es zu Beginn des Jahres 2024 zu einem neuerlichen Dreh an der Gebührenschraube kommt.
Wie geht es jetzt weiter?
Voraussichtlich im Herbst wird die Stadtbürgerschaft entscheiden, ob sie den Empfehlungen des UBB-Betriebsausschusses folgt und die Abwassergebühr entsprechend anhebt. In der Gebühr sind für die meisten Haushalte die Kosten für Schmutz- und Niederschlagswasser zusammengefasst.
Was sagt die Politik?
Die CDU sprach sich im UBB-Betriebsausschuss gegen die Erhöhung im geplanten Umfang aus. "Es konnte nicht plausibel dargelegt werden, dass ein Anstieg in dieser Höhe wirklich die Ultima Ratio ist", sagte Umweltpolitiker Martin Michalik. SPD-Finanzpolitiker Arno Gottschalk sieht kaum eine Möglichkeit, auf der Grundlage der bestehenden Verträge der Stadt mit Hansewasser eine Gebührenerhöhung zu vermeiden. "Allerdings rechne ich damit, dass die politische Diskussion über dieses Vertragswerk nun offen ausbrechen wird", so Gottschalk. Hintergrund: Schon länger steht die Vermutung im Raum, dass die Bremer Haushalte für die Stadtentwässerung mehr zahlen, als nötig wäre, und Hansewasser hohe Gewinne macht. Vor dem Oberlandesgericht ist in diesem Zusammenhang Klagen ein sogenanntes Normenkontrollverfahren anhängig. Dabei soll eine unabhängige Stelle die Angemessenheit der Abwassergebühr prüfen. Hansewasser argumentierte in den vergangenen Jahren stets mit der hohen Stabilität der Gebühren. Sie seien niedriger als Ende der Neunzigerjahre, als Hansewasser die Stadtentwässerung von der Kommune übernahm.