Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Influenzaschutz Deutlich mehr Grippefälle erwartet

Das Zurückfahren der Corona-Maßnahmen führt nach Ansicht von Ärzten in dieser Saison zu deutlich mehr Grippefällen. Sie raten Risikogruppen dringend zur Impfung – zusätzlich zur Corona-Auffrischung.
23.09.2021, 17:02 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Deutlich mehr Grippefälle erwartet
Von Sabine Doll

Ärzte und Behörden warnen vor einer starken Grippewelle in diesem Winter. Sie empfehlen insbesondere älteren Menschen, Pflegebedürftigen, chronisch Kranken und auch Schwangeren, sich gegen Influenza impfen zu lassen – auch als Doppelimpfung mit einer Corona-Auffrischung. Eine offizielle Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko) dazu wird dieser Tage erwartet.

Der Stiko-Vorsitzende Thomas Mertens hat keine Bedenken gegen eine gleichzeitige Verabreichung von Covid- und Influenza-Impfung. Es gebe keine Hinweise, dass einer der beiden Impfstoffe dann nicht mehr wirke. „Insofern ist diese Vorsichtsmaßnahme des Auseinanderziehens der beiden Impfungen nicht mehr nötig“, sagte er dem MDR.

Auch der Deutsche Hausärzteverband steht einer gleichzeitigen Impfung offen gegenüber, weil die Gefahr bestehe, „dass manche Patientinnen und Patienten nur eine der beiden Impfungen wahrnehmen“, sagte der Vorsitzende Ulrich Weigeldt. Diese Sorge teilt der Chef des Bremer Verbands, dem etwa 250 Mitglieder angehören. „Es gibt zwar noch keine breite Datengrundlage, die kann es auch noch nicht geben. Man kann gleichzeitig oder zweizeitig impfen – also im Abstand von zwei oder mehr Wochen“, sagt Hans-Michael Mühlenfeld. Insbesondere für Risikogruppen sei die Impfung wichtig, bei ihnen könne Grippe zu Komplikationen und Klinikaufenthalten führen – und tödlich verlaufen.

Im vergangenen Winter wurden dem Robert Koch-Institut (RKI) nur einige Hundert Grippeerkrankungen gemeldet, in der Saison davor waren es etwa 18.000. Tiefstand mit zehn Fällen herrschte auch im Land Bremen, zuvor waren es 383. Das niedersächsische Landesgesundheitsamt (NLGA) erfasste im vergangenen Winter 41 Meldefälle, davor waren es 10.723. „Die Maßnahmen gegen Covid-19 haben in Verbindung mit dem Lockdown im vergangenen Winter entscheidend dazu beigetragen, dass die Grippewelle quasi ausgefallen ist“, sagt NLGA-Sprecher Holger Scharlach.

Die Lage werde sich in diesem Winter ändern, ist Hausarzt Mühlenfeld überzeugt. „Wenn Maßnahmen wie Lockdown, Homeoffice, Schulschließungen, Mindestabstände und Maskenpflicht auch im Zuge von 2G wegfallen oder zurückgefahren werden, ist ein Anstieg der Grippefälle zu erwarten.“ Klaus Wahle, Sprecher des Projekts Grippeschutz und früheres Stiko-Mitglied, warnte im „Tagesspiegel“ zudem davor, dass die Grippeviren aggressiver geworden sein können – da die Lockdown-Maßnahmen den sogenannten Selektionsdruck auf die Erreger erhöht haben dürften.

Lesen Sie auch

In jeder Saison kursieren andere Influenzavirusstämme, deshalb müssen die Impfstoffe jährlich angepasst werden. Basis ist das Grippe-Geschehen in Südostasien, das ein halbes Jahr zuvor beobachtet wird. RKI-Chef Lothar Wieler sagte kürzlich, dass sich die Wirksamkeit der Impfstoffe für diese Saison schwer abschätzen lasse, die Datenbasis sei nicht so gut wie in den Vorjahren. Bernd Mühlbauer, Direktor des Instituts für Pharmakologie am Klinikum Bremen-Mitte, betont: „Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Treffsicherheit geringer ist, weil auch in Südostasien die Grippesaison nahezu ausgefallen ist. So genau kann man das aber nicht sagen.“ Die Wirksamkeit der Impfstoffe schwanke ohnehin jährlich im Schnitt zwischen 45 und 65 Prozent. Grund sei, dass sich während der Produktionszeit andere Stämme durchsetzen könnten, Produktionsstart sei meist im Februar.

Ärztinnen und Ärzte warnen auch vor einer generellen Nachlässigkeit beim Influenzaschutz: „Wir haben zwar gesehen, dass die Angst vor zusätzlichen Grippeinfektionen neben dem pandemischen Geschehen in der vergangenen Influenzasaison sehr groß war. Das scheint nun aber in den Hintergrund zu treten“, sagte Linda Sanftenberg von der Ludwig-Maximilians-Universität in München dem „Ärzteblatt“. Es gebe Gerüchte, Coronaviren hätten die Grippeviren verdrängt oder das Immunsystem werde durch eine Corona-Impfung so stark belastet, dass eine weitere Impfung etwa gegen Influenza den Körper überlasten würde. Die Beschäftigten in den Gesundheitsberufen seien aufgerufen, Patientinnen und Patienten aufzuklären.

Neben der Impfung weist Hausarzt Mühlenfeld auch auf die Hygieneregeln hin: „Wer sich selbst und andere vor Grippe und Erkältung schützen will, sollte eine Maske tragen. Das Ansteckungsrisiko ist in beengten, schlecht belüfteten Räumen groß. Dazu zählen voll besetzte Busse und Bahnen. Wenn möglich, sollte man dies meiden.“ Die Influenza-Saison läuft in der Regel vom Herbst bis ins Frühjahr. Günstigster Termin für die Impfung sei Oktober bis Dezember.

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)