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Diskussion in der Bürgerschaft Affenversuche: Bremer Gesundheitsbehörde bekräftigt ablehnende Haltung

Formal abgelehnt ist der Antrag für weitere Affenversuche an der Bremer Uni bislang nicht, aber die Gesundheitsbehörde positioniert sich deutlicher denn je. Langwierige Gerichtsverfahren könnten folgen.
17.11.2021, 16:10 Uhr
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Affenversuche: Bremer Gesundheitsbehörde bekräftigt ablehnende Haltung
Von Felix Wendler

Robert Porzel und Andreas Kreiter sind Kollegen – zumindest im weitesten Sinne. Beide arbeiten und forschen an der Bremer Uni. Was der Neurobiologe Kreiter über die Arbeit des Informatikers Porzel denkt, ist nicht bekannt. Andersrum ist die Position klar: Porzel ist einer der hartnäckigsten Kritiker von Kreiter, der seit mehr als zwanzig Jahren Affenversuche durchführt. Der Verein Ärzte gegen Tierversuche, dessen Sprecher Robert Porzel ist, will diese Versuche stoppen. Sie haben über die Jahre hinweg zahlreiche  Demonstrationen und Aktionen organisiert, kürzlich erst die Innenstadt plakatiert.

Die Argumente von Befürwortern und Kritikern der Versuche lauten so: die Forschungsfreiheit und der Verweis auf wichtige wissenschaftliche Grundlagen einerseits, die Zweifel an dem Erkenntnisgewinn und der Verhältnismäßigkeit andererseits. Obwohl altbekannt, ist die Geschichte nicht auserzählt. Ende November läuft die Frist für Kreiters Projekt ab. Die Uni will sie, wie berichtet, um ein Jahr verlängern. Am Mittwoch hat sich die Bürgerschaft in einer Aktuellen Stunde mit dem Thema befasst – dabei wurde politische Einigkeit demonstriert, aber auch eine neue Entwicklung verkündet.

Claudia Bernhard (Linke): Bremens Gesundheitssenatorin muss über den Antrag der Universität entscheiden. In der Bürgerschaftsdebatte verkündete sie – nicht gänzlich unerwartet, aber an dieser Stelle doch etwas überraschend, – dass eine Ablehnung des Antrags gerechtfertigt sei. Kurzzeitig sorgten Bernhards Aussagen für Verwirrung. Einem Ressortsprecher zufolge ist es so: Die Behörde hat den Antrag bislang nicht abgelehnt, sondern eine widersprechende Stellungnahme beim Bremer Verwaltungsgericht eingereicht. Dort hatte die Uni kürzlich einen Eilantrag vorgelegt, um die Affenversuche auch über den November hinaus fortsetzen zu können. So oder so: Bernhard machte endgültig deutlich, dass es aus Sicht ihrer Behörde nach Prüfung der Rechtslage sowie der wissenschaftlichen Erkenntnisse keine Fortführung der Versuche geben dürfe. Die nächste Entscheidung liegt nun beim Verwaltungsgericht.

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Olaf Zimmer (Linke): Zimmer warf der Universität vor, sich von aktuellen Entwicklungen abzukoppeln und veraltete Methoden stur gerichtlich durchdrücken zu wollen. Das Motto "Wir haben da was, das uns interessiert" rechtfertige schon lange keine Tierversuche mehr. Er verwies als Alternative auf Versuche mit nachgezüchteten Organen, wie es sie beispielsweise an der Ruhr-Universität gebe. Seine Fraktion lehne die Versuche ab. Langfristig müsse es darum gehen, Tierversuche komplett einzustellen.

Philipp Bruck (Grüne): Bruck bezeichnete die Affenversuche als Unrecht: "Es ist bitter, dass wir immer noch über diese Versuche reden müssen." Die Haltung der Bevölkerung sei absolut klar – sie lehne Kreiters Arbeit geschlossen ab. Bruck verwies auf Studien, die zeigen würden, dass eine Vergleichbarkeit von Affen- und Menschengehirnen kaum gegeben sei. Er betonte allerdings auch, die wissenschaftlichen Erkenntnisse aus Kreiters Arbeit nicht genau einschätzen zu können. Die in den vergangenen Jahren gestärkten Tierrechte würden eine andere Grundlage für ein Verbot der Versuche schaffen. Trotzdem erwartet er, wie bereits in der Vergangenheit, eine langwierige gerichtliche Auseinandersetzung.

Janina Strelow (SPD): Es liege "in unser aller Verantwortung, Tiere zu schützen", so Strelow. Sie forderte den Senat auf, Haltung zu zeigen. Das Spannungsfeld habe sich im Vergleich zum Jahr 2008 kaum verändert – auch damals hatten zunächst die Gesundheitsbehörde und später Gerichte zwischen Forschungsfreiheit und Tierschutz abwägen müssen. Die Ausgangslage sei angesichts der neuen Gesetze nun aber eine andere.

Silvia Neumeyer (CDU): Oppositionspolitikerin Neumeyer schlug sich auf die Seite der Koalitionsfraktion, die das Thema in die Bürgerschaft eingebracht hatte. Neumeyer verwies auf die langjährige Debatte und eine klare Haltung der Bremer: Mehr als 100.000 Bürger und Bürgerinnen hätten sich bereits gegen die Versuche ausgesprochen. Sie selbst habe in den 1990er-Jahren Unterschriften gesammelt. Die CDU schließe sich einer Einschätzung des Bremer Tierschutzbeirates an, der eine Fortführung der Affenversuche ebenfalls ablehne.

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Magnus Buhlert (FDP): Buhlert argumentierte, dass über Affenversuche nicht im Parlament entschieden werden könne. Er sieht die Gerichte in der Verantwortung. Grundsätzlich müsse immer zwischen Schaden und Nutzen von Tierversuchen abgewogen werden. Der FDP-Abgeordnete bemängelte, dass in der parlamentarischen Debatte die Erklärungen der Uni nicht genug berücksichtigt würden. So gebe es durchaus Fachgutachten, die den Affen eine eher geringe Belastung durch die Versuche attestieren würden. "Warum sollten wir den Gutachtern widersprechen?", so Buhlert. Er wolle eine "Sachdarstellung", die aber nicht Aufgabe des Parlaments sei. 

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