Kater Georgy, dem jemand mit einer Kleinkaliberwaffe mitten ins Gesicht geschossen hat, ist wieder zu Hause. Allerdings nur probeweise. Außer Gefahr, sagt Besitzerin Sigrid Hiltmann, ist das Tier nämlich noch nicht. Eine Woche wurde Georgy in einer Klinik in Schwanewede versorgt. Der Kater musste operiert werden. Die Tierärzte entfernten ein Projektil, das hinter einem Nackenwirbel steckte. Es ist das zweite Mal, dass dem Kater in den Kopf geschossen wurde.
Georgy, fünf Jahre alt, ein Kartäuser-Mix, muss zwar nicht mehr über eine Sonde künstlich ernährt werden. Doch fressen so wie früher, erklärt Sigrid Hiltmann, will er immer noch nicht richtig: „Meistens liegt er teilnahmslos auf seinem Schlafplatz.“ Weil ihm das Aufstehen schwerfällt, trägt die Burglesumerin den Kater zum Fressnapf. Manchmal bekommt er Fieberschübe. Auf seinem Nacken ist die Operationsnarbe zu sehen. Die Einschusswunde unter seinem rechten Auge ist verkrustet, das Auge blutunterlaufen. Hiltmann hat Sorge, dass er erblinden könnte.
Dass Georgy trotzdem nach Hause durfte, hat einen simplen Grund: Die Tierärzte gehen davon aus, dass er sich in gewohnter Umgebung besser und schneller erholt. „Sollte sich sein Zustand jedoch verschlechtern, muss er wieder in der Klinik versorgt werden“, sagt Hiltmann. Am Nachmittag ist sie erneut dort. Die Ärzte wollen sich den Kater noch einmal anschauen. Sie schließen nicht aus, dass sich ein Splitter eines Knochens gelöst hat. Eventuell soll ein Computertomograf neue Bilder von Georgys Kopf machen und zeigen, was auf Röntgenaufnahmen nicht zu sehen ist.
Behandlung kostet um die tausend Euro
Vor drei Jahren, als der Kater zum ersten Mal durch eine Kugel aus einer Schusswaffe schwer verletzt wurde, hat Sigrid Hiltmann knapp tausend Euro für die Behandlung bezahlt. Jetzt geht sie von einem weitaus höheren Betrag aus. Aber das ist ihr egal. „Was zählt“, sagt sie, „ist allein das Tier.“ Und dass derjenige, der auf den Kater geschossen hat, schnell ermittelt wird. Laut Hiltmann sind die Nachbarn nicht nur in Sorge um ihre Haustiere, sondern auch um ihre Kinder. Die 53-Jährige hat Zettel verteilt, um Anwohner zu warnen. Auch die Polizei ist eingeschaltet. Die Burglesumerin hat Anzeige erstattet. Wie beim ersten Mal.
Nach Angaben von Franka Haedtke kümmern sich mittlerweile Kriminalbeamte um den Fall. Zum Stand der Ermittlungen will die Polizeisprecherin momentan nichts sagen – „aus taktischen Gründen“. Sie bestätigt nur, was Gundmar Köster von der Nordbremer Polizeiinspektion vor einer Woche angekündigt hat: Die Ermittler überprüfen unter anderem auch, was vor drei Jahren war, als Georgy das erste Mal ins Gesicht geschossen und in der Schwaneweder Tierklinik notoperiert wurde. Damals hatten die Polizeibeamten einen 67-jährigen Mann verdächtigt, der wie Sigrid Hiltmann in St. Magnus wohnt.
Angst um Katze und Kater
Der Nordbremer war den Beamten seinerzeit aufgefallen, weil er an einer roten Ampel in Findorff erst einen Autofahrer beschimpft, dann mit einer Kleinkaliberwaffe bedroht hatte. Dafür ist er vor zwei Jahren von einem Gericht zu einer sechsmonatigen Haftstrafe auf Bewährung verurteilt worden. Sigrid Hiltmann weiß das so genau, weil sie die Sache in den Medien akribisch verfolgt hatte. Wie die Polizei, vermutete auch sie, bei dem Mann könnte es sich um den Schützen handeln, der kurz zuvor nicht nur ihren Kater, sondern auch eine Katze aus der Nachbarschaft schwer verletzt hatte.
Was aus dem damaligen Fall geworden ist, kann Hiltmann nur vermuten. „Wahrscheinlich wurde das Verfahren eingestellt.“ Von den Polizisten, bei denen sie das erste Mal Anzeige erstattet hatte, habe sie jedenfalls nichts mehr gehört. Nun hofft sie, dass die Beamten mehr Erfolg haben. Nicht nur wegen Kater Georgy, sondern auch wegen Gina, ihrer Katze. Ob sie beide wie bisher noch mal allein vor die Tür lässt, hat Hiltmann noch nicht entschieden. Einerseits will sie ihre Tiere nicht einsperren. Andererseits aber auch nicht ständig um deren Leben fürchten müssen.
Sigrid Hiltmann denkt deshalb über den Einsatz von Technik nach. Zum Beispiel an einen GPS-Sender, mit dem sie ihre Tiere orten könnte, wenn sie länger draußen sind als gewöhnlich. Und mit dessen Hilfe sich exakt bestimmen ließe, wo sie unterwegs waren. Das Problem, meint Hiltmann, ist nur: „Ein wirklicher Schutz vor einem Schützen ist das nicht.“