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Umstrittene Predigt von Olaf Latzel Angestellte fordern disziplinarische Schritte

In einer Resolution, die mehrere Gremien der Landeskirche verfasst haben, wird eine klare Position der Landeskirche zur umstrittenen Predigt des Geistlichen der St.-Martini-Gemeinde verlangt.
31.01.2015, 00:00 Uhr
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Angestellte fordern disziplinarische Schritte
Von Christian Weth

Angestellte der Bremischen Evangelischen Kirche fordern disziplinarische Schritte gegen Pastor Olaf Latzel. In einer Resolution, die mehrere Gremien der Landeskirche verfasst haben, wird eine klare Position der Landeskirche zur umstrittenen Predigt des Geistlichen der St.-Martini-Gemeinde verlangt. Sollten Mittel wie Abmahnungen nicht reichen, ziehen Mitarbeiter auch eine Änderung der Kirchenverfassung in Betracht. Dann wäre es möglich, einen Pastor zu suspendieren. Oder sich von einer Gemeinde zu trennen.

Eigentlich kümmert sich Christian Gloede um die Tarife der Angestellten bei der Bremischen Evangelischen Kirche (BEK). Er ist Mitglied ihrer arbeitsrechtlichen Kommission. Seit Tagen geht es bei ihm jedoch um etwas anderes als ums Geld: um das Ansehen der Kirche und wie es wieder hergestellt werden kann. Dass es beschädigt ist, und zwar „in unerträglicher Weise“, steht für Gloede fest. So steht es in einer Resolution, die er mit mehreren Mitarbeitervertretern der BEK verfasst hat. Sie fordern sowohl deren leitenden Theologen, Pastor Renke Brahms, als auch Präsidentin Edda Bosse auf, disziplinarische Schritte gegen Olaf Latzel einzuleiten. Der Pastor der St.-Martini-Gemeinde hat am 18. Januar eine Predigt gehalten, mit der sich mittlerweile die Staatsanwaltschaft befasst. Sie prüft, ob sich der Geistliche wegen Volksverhetzung strafbar gemacht hat.

Latzel hatte im Gottesdienst mehrere Religionen verhöhnt. So bezeichnete er das muslimische Zuckerfest als „Blödsinn“ und die Verehrung von Gegenständen in der katholischen Kirche als „Reliquien-Dreck“. Zudem rief er dazu auf, nicht mit anderen Religionsvertretern zu beten oder Feste zu feiern.

„Das ist nicht hinnehmbar. Das darf so nicht stehen bleiben“, sagt Gloede. Er geht davon aus, dass in den nächsten Tagen und Wochen ein Großteil der 1500 Angestellten der BEK die Forderung der Mitarbeitervertreter unterstützen wird. Die ersten 170 hätten es schon getan, allesamt Beschäftigte der evangelischen Kindergärten. „Auf einer Versammlung stimmten sie unserem Papier spontan zu.“

Es trägt den Titel „Resolution für eine Vielfalt der Religionen und gegen Hassprediger“. An ihrem Ende werden die Verfasser deutlicher, als es die Spitze der BEK bisher im Fall der umstrittenen Predigt geworden ist. Sie hat sich bislang von ihr distanziert und Latzels Wortwahl scharf kritisiert. Die Mitarbeitervertreter wollen hingegen nicht nur, dass „alle zur Verfügung stehenden disziplinarischen Mittel“ ausgeschöpft werden, sondern auch der Vorstand der St.-Martini-Gemeinde zum Handeln aufgefordert wird: „Ansonsten ist ein Verbleib dieser Gemeinde im Verbund der BEK unerträglich.“ Was damit gemeint ist, macht Gloede mit wenigen Worten deutlich. Sollten die Instrumente wie Abmahnung oder Unterlassung bei Latzel nichts nützen, müsse über eine Änderung der Verfassung nachgedacht werden. „Dann könnte die Kirche auch einen Pastor vom Dienst ausschließen.“ Oder sich komplett von einer Gemeinde trennen. Nach Angaben der BEK hat es in der Vergangenheit mehrere Fälle gegeben, bei denen sich Gemeinde und Pastor getrennt haben, jedoch stets einvernehmlich. Wie viele Fälle es genau waren und aus welchen Gründen es zur Trennung kam, lässt die Kirche offen.

Olaf Latzel hat keinen Zweifel daran, dass die Gemeinde zu ihm steht. Er genieße das uneingeschränkte Vertrauen des gesamten Vorstandes, sagte der Pastor vor zwei Tagen auf Nachfrage des WESER-KURIER. Eine Stellungnahme gab es von dessen Mitgliedern und ihm gestern nicht. Dass der Vorstand an Latzel festhält, wird durch einen Text deutlich, der erst kürzlich auf der Internetseite der Gemeinde veröffentlicht wurde. Fünf Absätze ist der lang, und in jedem ist stets von „Gemeinde und Pastor“ die Rede. Und unter anderem davon, dass sich beide gegen „(...) jede Form der Vermischung der Religion (...)“ wenden.

Für Latzel ist es genau das, was die Bibel vorgebe. Er sage lediglich, was in der Heiligen Schrift nachzulesen sei. Den Vorwurf der Volksverhetzung hatte Latzel am Mittwoch entschieden zurückgewiesen. Genauso wie den, dass er vor Jahren einer Pastorin eine Predigt verboten haben soll. Latzel: „Ich habe ihr nur erklärt, dass die Kanzel tabu ist, weil es in ihrem Fall um einen speziellen Trauergottesdienst ging.“ Der Verstorbene habe keiner Kirchengemeinde der BEK angehört, deshalb durfte nicht von der Kanzel und nicht im Talar gesprochen werden. So stehe es in den Richtlinien des Vorstandes.

Dass Latzel seine klaren Standpunkte hat, die nicht unumstritten sind, ist dem leitenden Theologen der Bremischen Evangelischen Kirche bewusst. Renke Brahms hat auch einen. Und von dem werde er nicht abrücken. Für ihn ist Latzels Predigt „geistige Brandstiftung“. Mit ihm sprechen will Brahms trotzdem, und zwar in der kommenden Woche. Mehrere Vertreter des Kirchenausschusses, aber auch des Vorstandes der St.-Martini-Gemeinde werden dabei sein. „Dann werden wir sehen, ob es zu einer Annäherung kommt.“ Was passiert, wenn es keine gibt, darüber will er vor dem Treffen nicht spekulieren. Darum sagt er auch nicht, was er von disziplinarischen Schritten gegen den Pastor hält oder von einer Novelle der Kirchenverfassung. Nur so viel: „Ich nehme die Resolution der Mitarbeiter sehr ernst.“ Nach dem Treffen mit Latzel werde er mit ihnen sprechen.

So lange wollen die Pastorinnen und Pastoren der BEK nicht warten. Sie haben eine eigene Stellungnahme als Reaktion auf die Predigt von Latzel vorbereitet. Dessen Äußerungen halten sie für „unsäglich“. Das wollen sie Mitte nächster Woche nicht nur kundtun, sondern auch geschlossen demonstrieren – bei einem symbolischen Zusammenstehen auf den Stufen des Doms.

>> Lesen Sie hier einen Kommentar zur Latzel-Debatte

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