Als der Architekt Harm Haslob, damals Vorsitzender des Bundes Deutscher Architekten (BDA) im Land Bremen, am 23. Oktober 1992 am Ende eines viertätigen Workshops mit internationaler Architektenbeteiligung, auf dem Vorschläge zur Neugestaltung der alten Hafenreviere rechts der Weser erarbeitet worden waren, den anwesenden Staatsrat des Häfensenators bat, diese Vorschläge wohlwollend zur Kenntnis zu nehmen, erwiderte dieser, er werde dies tun. Aber die Architekten sollten dann bitte auch die Realitäten zur Kenntnis nehmen. Die Realitäten besagten vor 30 Jahren, dass die Politik weiterhin auf eine hafenwirtschaftliche Nutzung dieses innenstadtnahen Areals setzte. Erst rund zehn Jahre später kam mit dem Masterplan Überseestadt der städtebauliche Umbruch zu einem gemischten Quartier, was den Vorstoß Haslobs und seiner Kollegen nachträglich rechtfertigte.
Die Episode steht exemplarisch für den Architekten Haslob, der sich nie scheute, als Berufsvertreter oder Privatperson dann kritisch und konstruktiv öffentlich Stellung zu beziehen, wenn er einen baukulturellen Missstand ausgemacht hatte. Sein besonderes Engagement galt der Forderung nach mehr Architektur-Wettbewerben. Da sprach er aus eigener Erfahrung, denn vor allem über gewonnene Wettbewerbe gelang ihm die berufliche Etablierung.
Aufgewachsen ist Haslob im Bremer Norden, wo sein Vater Hermann das dortige Bauamt leitete. Zum Architekturstudium zog es ihn zunächst an die TU Braunschweig. Dort freundete er sich mit seinem kongenialen späteren Büropartner Peter Hartlich an. Beide verband die Leidenschaft zur Handzeichnung, und beide setzten das Studium gemeinsam zunächst für zwei Semester an der renommierten ETH in Zürich und zum Abschluss an der TU Stuttgart fort. 1970 gründeten sie in Bremen ein eigenes Büro, über Wettbewerbserfolge kam es zu ersten Bauaufträgen für Schulbauten in niedersächsischen Randgemeinden.
1971 wurden die beiden Juniorpartner im Architekturbüro des bekannten Bremer Architekten Martin Zill, gemeinsam mit dem Zill-Mitarbeiter Joachim Dietrich Schütz. Nach dem altersbedingten Ausscheiden von Zill hieß das Büros Haslob Hartlich Schütz, nach dem krankheitsbedingten Ausscheiden von Schütz Haslob Hartlich + Partner. 1998 verstarb der Büromitbegründer Peter Hartlich. Seit 2002 heißt das Büro Haslob Kruse + Partner.
Zeitgeist-Einflüsse kennzeichnen, wie bei den meisten Architekten, auch die Bauten Haslobs. Waren die frühen Schulbauten noch vom Geist der Spätmoderne geprägt, so setzten sich ab den späten 1970er-Jahren postmoderne und vor allen regionalistische Stilmerkmale durch, während in den späten 1990er-Jahren auch bei ihm der Trend zur Neo-Moderne einsetzte. Ein schönes Spektrum zu den beiden letztgenannten Stilen bietet ein Blick von der Kaisenbrücke auf das südliche Weserufer mit dem Schulungsgebäude der DGzRS linker Hand und dem Wuppesahl-Bürogebäude an der Herrlichkeit, das konzeptionell als kleine Schwester der „umgedrehten Kommode“ gedacht ist, sowie dem modernistischen Beluga-Gebäude rechts daneben mit seiner gewundenen Geometrie und seinen gewagten Auskragungen.
Neben bekannten Bauwerken im Bremer Stadtzentrum wie der Sparkassenerweiterung Am Brill und der Domshofpassage gehören zahlreiche Sozialbauten, Schul- und Verwaltungsgebäude zum Werk, das neben Bremen auch einen Schwerpunkt in der Region aufweist. Die Liebe zum Handzeichnen und Aquarellieren hat Haslob stets gepflegt. Eine Zeit lang hat er diese Leidenschaft auf gemeinsamen Studienreisen mit den Kollegen Peter Hartlich, Gert Schulze und Helmut Rabien vertieft. Heute feiert der Architekt seinen 80. Geburtstag.