Wenn Anja Mai-Lohnau über ihre Arbeit berichtet, wird schnell spürbar, dass ihr die abwechslungsreichen Einsätze große Freude machen. Die 59-Jährige ist gelernte Krankenschwester. Sie stammt ursprünglich aus der niedersächsischen Landeshauptstadt Hannover. Dass sie dort gelebt hat, ist allerdings eine Weile her. Dass sie für die Caritas in Bremen in der Neustadt die Aufsuchende Altenarbeit organisiert und dafür wirbt, sich ehrenamtlich dieser Aufgabe zu widmen, ist dagegen relativ neu. Sie führt in dem Projekt ältere Menschen, die einsam sind, und jüngere Freiwillige zusammen. Auch Anja Mai-Lohnau schätzt das Zusammenkommen mit anderen Menschen dabei sehr, denn sie ist gerne aktiv und hat - auch das erzählt sie beim Treffen - viele Facetten des Lebens kennengelernt.
Die Menschen, die sie trifft, sind vielfach ältere Menschen, die oftmals in ihren Wohnungen allein leben. Aber sie möchten weiter teilhaben am Geschehen in der Nachbarschaft, sie möchten Kontakte pflegen, sie möchten unterwegs sein, andere treffen, Geschäfte und Arztpraxen aufsuchen. Dabei helfen ihnen dann jüngere, die mobiler sind, die ebenfalls Freude am Miteinander über Generationen hinweg haben, die vielleicht auch Zuspruch möchten, die noch eine andere Aufgabe neben Job oder Familie suchen.
Das Miteinander steht im Zentrum
Auch diese Menschen trifft Anja Mai-Lohnau regelmäßig, denn sie betreut für die Caritas zurzeit 14 sogenannte Tandems. Diese Zweierteams bestehen aus einsamen älteren Menschen auf der einen Seite und jüngeren sogenannten Besucherinnen und Besuchern, die sich regelmäßig mit den Vereinsamten treffen, auf der anderen Seite. Was die Teams dann gemeinsam unternehmen, entscheiden die Frauen und Männer selbst. Mag es ums Vorlesen gehen, um kleine Ausflüge, gelegentliche, vielleicht auch regelmäßige Einkäufe. Manche mögen vielleicht das gemeinsame Kochen vorschlagen, weil sie das immer so geschätzt haben und nicht darauf verzichten wollen, nur weil sie nun allein leben. In allen Fällen geht es also um das Miteinander.
"Ich bin zunächst für den Erstkontakt zuständig und bahne so die Partnerschaften an", erzählt die Caritas-Mitarbeiterin über ihr Tun. Sie schaut dabei, ob zwei Menschen in ihren Ansichten zusammenpassen könnten. Anja Mai-Lohnau gibt vielleicht Tipps für das angebahnte Miteinander oder hört sich auch mal in Einzelgesprächen an, was der einen Seite gefällt oder auch gerade nicht.
So seien es beispielsweise Studentinnen oder junge Frauen im Job, die sich als Ehrenamtliche mit jenen verabreden, die im Alter ihrer Eltern und Großeltern sind. Anja Mai-Lohnau möchte weitere Frauen und Männer für diese Aufgaben aktivieren, Menschen begeistern, die "ein offenes Ohr haben". "Damit können wir oft auch Angehörige beruhigen", berichtet die 59-Jährige von ihren Erfahrungen. Das Freiwilligen-Angebot der Caritas ist für die Besuchten kostenlos, betont die Wahlbremerin. "Viele Angehörige sind an ihre Grenzen gelangt", weiß sie. Das Schöne für die Vereinsamten und ihre Nächsten sei dann das Gefühl, etwas ändern zu können.
Es ergeben sich demnach in den Tandems oftmals Kurzgespräche, etwa auf den Wegen zur Bank oder zum Einkaufen. "Das schafft Ablenkung, Teilhabe wird ermöglicht und die Selbstbestimmung der älteren Menschen gestärkt", sagt Mai-Lohnau. Oft kämen von den älteren Leuten auch Fragen zur Digitalisierung. So bekommen die meist jüngeren Unterstützenden und die hauptamtliche Betreuerin in der Neustadt oft ein Interesse an der modernen Technik von den Besuchten signalisiert: "'Wie gehe ich mit dem Smartphone, mit einem Computer um'. Das möchten viele wissen", berichtet die engagierte Frau aus den Gesprächen, die wiederum ihren eigenen Alltag bereichern. "Aber gemeinsam rauszugehen wird von allen am meisten gewünscht."