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Nach erneuten Keimfunden im Klinikum Bremen-Mitte Behörden sperren Frühchenstation

Bremen. Bremer Behörden haben die Frühchenstation im Klinikum-Mitte nach dem erneuten Fund von resistenten Keimen für Neuaufnahmen gesperrt. Das ist am Nachmittag bekannt geworden. Der erneute Keimfund trifft die Klinik überraschend.
24.02.2012, 16:15 Uhr
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Bremen. Die Frühchenstation im Bremer Klinikum-Mitte ist nach Desinfektion und Umbau gerade wiedereröffnet worden. Der Untersuchungsausschuss der Bürgerschaft arbeitet die tödlichen Infektionen vom vergangenen Jahr noch auf - da schrillen erneut die Alarmglocken.

Bremer Behörden haben die Frühchenstation im Klinikum-Mitte nach dem erneuten Fund von resistenten Keimen für Neuaufnahmen gesperrt. Gesundheitssenatorin Renate Jürgens-Pieper (SPD) habe diesen Schritt in Absprache und im Einvernehmen mit der Klinik unternommen, sagte Sprecherin Karla Götz. Der Aufnahmestopp auf der Neugeborenen-Intensivstation sollte noch am Freitag wirksam werden. "Wir leiten das ein, das Stadtamt muss das rechtlich aussprechen. Die Sache ist auf dem Weg".

Auf der Frühgeborenen-Intensivstation des Klinikums Bremen-Mitte waren am Freitag bei einem dritten Frühchen resistente Keime vom Typ ESBL-Klebsiellen nachgewiesen worden. Bereits am Donnerstag ist der Keim auf der Haut von zwei Frühgeborenen festgestellt worden. Die mit den Keimen besiedelten Frühchen seien bisher nicht erkrankt, sagte Götz. Vollkommen unklar ist, woher dieser Keim kommt und ob es sich um den selben Stamm handelt, an dem im vorigen Jahr drei Frühchen gestorben sind. Am Freitag haben sich zudem Experten des Robert-Koch-Instituts eingeschaltet, um die Quelle der ESBL-Klebsiellen zu finden.

Neues Hygienemanagement

Das erneute Auftauchen des gefährlichen Keims ist überraschend, denn die Frühgeborenen-Intensivstation ist nach dem jüngsten Klinik-Skandal gerade erst wiedereröffnet worden – nachdem im vorigen Jahr drei Säuglinge an einer Infektion mit dem gefährlichen Keim gestorben waren, der sich seit April ungehindert ausgebreitet hatte. Gerade erst ist die Station entkernt und komplett desinfiziert worden. Ein neues Hygienemanagement wurde umgesetzt, ein engmaschiges Netz an Kontrollen, das offenbar auch gegriffen hat.

Die Senatorin habe außerdem nach dem Infektionsschutzgesetz eine Untersuchung des Personals angeordnet. Diese hatte bereits am Donnerstag auf freiwilliger Basis begonnen. Ob es sich bei den gefundenen Keimen in allen drei Fällen um den gleichen Erregerstamm handelt, werde in einem speziellen Labor in Bochum untersucht, teilte die Sprecherin des Klinikums, Karen Matiszick, mit. Ergebnisse seien in etwa drei Wochen zu erwarten.

Die Klinik habe umfangreiche Hygiene- und Sicherheitsmaßnahmen ergriffen, um eine weitere Ausbreitung zu verhindern. "Die betroffenen Kinder sind von den übrigen Kindern getrennt in isolierte Zimmer verlegt worden. Auch das Personal, das diese Kinder betreut, wird streng von den anderen Patienten getrennt", sagte Matiszick.

Aufarbeitung beschäftigt den Landtag

Ein Untersuchungsausschuss des Landtags befasst sich seit Wochen mit der Aufarbeitung der tödlichen Infektionen auf der Frühchenstation vom vergangenen Jahr. Damals hatte die Unternehmensleitung den Chefarzt der Kinderklinik entlassen. Experten berichteten dem Ausschuss von schwerwiegenden Fehlern und Versäumnissen im Klinikum-Mitte. Unter anderem waren die Behörden zu spät über die Infektionen informiert worden.

Im November hatte die Klinik ihre Frühchen-Intensivstation für mehrere Wochen geschlossen, um sie gründlich zu desinfizieren und umzubauen. Spezialisten des RKI und eines Freiburger Instituts unterstützten das Krankenhaus dabei.

Der CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Rainer Bensch, der auch im Untersuchungsausschuss sitzt, reagierte besorgt auf die Ereignisse. "Das Klinikum nimmt durch die neuen Fälle zweifellos weiteren Schaden." Ein Aufnahmestopp, Präventionsmaßnahmen und der Einsatz von Experten zur Ursachenforschung seien wichtige Maßnahmen.

"Jetzt muss das Klinikum Links der Weser zügig so ausgestattet werden, dass die Versorgung von Hochrisiko-Schwangeren in Bremen gewährleistet ist", forderte er. Es stelle sich die Frage, ob die Wiedereröffnung der Frühgeborenen-Station voreilig gewesen sei. "Dass nach wie vor kein Facharzt als Krankenhaus-Hygieniker am Klinikum Bremen-Mitte tätig ist, stimmt nachdenklich", sagte Bensch.

(ano/dpa)

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