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Rot-Grün-Rot einigt sich in Koalitionsrunde Bis 2023 steigt Bremen aus der Kohle aus

Keine Kohlekraftwerke mehr, dafür Energie aus Wind und Sonne - darauf haben sich die Unterhändler bei den Koalitionsverhandlungen in Bremen geeinigt. Sie wollen eine sogenannte Klimanotlage ausrufen.
21.06.2019, 14:33 Uhr
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Bis 2023 steigt Bremen aus der Kohle aus
Von Norbert Holst

Rot-Grün-Rot hat erste größere Ziele vereinbart: In der dritten Runde der Koa-

litionsverhand­lungen haben sich de Vertreter der Parteien am Freitag auf ein Bündel von Entscheidungen verständigt. So wollen SPD, Grüne und Linke einen Kohleausstieg bis spätestens 2023 erreichen. Dieses Ziel wird vor allem mit Blick auf den Klimaschutz auf die Agenda gesetzt, erklärten die Verhandlungsführer der drei Parteien. Die wirkten, wie viele der Unterhändler, nach einem rund siebenstündigen Verhandlungsmarathon ohne längere Pausen doch ein wenig erschöpft. Kein Wunder: Mit den Themenfeldern Klimaschutz, Bauen und Gesundheit und Verkehr standen gleich vier Schwerpunkte der möglichen Koalition auf der Tagesordnung.

Der Klimaschutz soll künftig in Bremen und Bremerhaven eine größere Rolle spielen. Bürgermeister Carsten Sieling (SPD) kündigte an: „Dass wir dem Klimaschutz eine besondere Bedeutung beimessen, ist ein Paradigmenwechsel.“ Wie Grünen-Verhandlungsführerin Maike Schaefer erklärte, soll der Energieversorger SWB beim Aus für die Kohlekraftwerke unterstützt werden. Auch für die rund 170 Beschäftigten der beiden SWB-Kohlekraftwerke in Hastedt und im Hafen sollen sozial verträgliche Wege gefunden werden.

Auch Bremen will nun, wie schon einige Städte zuvor, eine sogenannte Klima-Notlage ausrufen. Das bedeutet: Bei fast allen politischen Entscheidungen soll der Aspekt von Klimaschutz und Klimawandel berücksichtigt werden. Kristina Vogt, Verhandlungsführerin der Linken, sieht darin für „Bremen und Bremerhaven ein enormes Potenzial“. So soll auch der Windenergie-Cluster Bremen/Bremerhaven wiederbelebt und ausgebaut werden. Er ist durch die Krise der Branche ins Taumeln geraten. Künftig soll auf mehr Forschung und Entwicklung in den Bereichen Speichertechnologien und Wasserstoff-Einsatz gesetzt werden, kündigte Vogt an.

Auf dem Wohnungsmarkt will das mögliche Dreier-Bündnis gegensteuern. In der kommenden Legislaturperiode sollen rund 10 000 neue Wohnungen genehmigt werden. Auch soll gegen die Spekulation mit Leerstand vorgegangen werden. Vogt erklärte dazu: „Den verfügbaren Instrumentenkasten wollen wir konsequenter einsetzen.“ Bremen will in Zukunft auch wieder mehr Grundstücke aufkaufen. Mit der Vergabe von Baugrundstücken in Erbpacht erhofft man sich zudem ein attraktives Instrument, damit der Wohnungsbau wieder günstiger wird.

In den Verhandlungen um den Wohnungsbau haben die Grünen in einem Fall einen klaren Punktsieg erreicht. „Die Osterholzer Feldmark wird in den nächsten vier Jahren nicht bebaut“, konnte Schaefer sichtbar erfreut verkünden. In der nun endenden Koalition von SPD und Grünen war über diese Frage ein heftiger Streit entbrannt.

Im Gesundheitswesen ging es vor allem um Strukturen. „Die Koalition bekennt sich ganz klar zu den städtischen Kliniken“, erklärte Sieling. Damit bezog er Stellung. Denn die privaten Kliniken fordern eine bessere Stellung in Bremen und Bremerhaven. Insgesamt, so Sieling, solle die Geno besser aufgestellt werden, personell soll es Verstärkung geben. Auch auf Gesundheitszentren in den Stadtteilen wollen SPD, Grüne und Linke verstärkt setzen. Damit soll vor allem für Ältere die gesundheitliche Betreuung besser werden.

Das Thema Verkehr wurde nur in Teilen verhandelt, über die Inhalte zunächst Stillschweigen vereinbart. Hier gibt es noch Verhandlungsbedarf mit einigen der Fachgruppen. Das Thema birgt Zündstoff, weil die drei Parteien teilweise sehr unterschiedliche Ansätze für den Verkehr der Zukunft haben. Wie es hieß, soll aber nach der nächsten Verhandlungsrunde am kommenden Dienstag die Öffentlichkeit informiert werden.

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Eines war am Freitagabend bei den Statements von Sieling, Schaefer und Vogt klar zu erkennen: Jeder macht Abstriche von seinen Positionen und gönnt dem anderen einen Erfolg. So wurde Einigung über eine Vielzahl an kleinen, aber auch großen Projekten und Maßnahmen erzielt. Allerdings: Das kostet richtig Geld. Hat die künftige Koalition von Anfang die Spendierhosen an? Eine Teilnehmerin der Runde: „Wir wissen, das ist ein umfassendes Paket, das finanziert werden muss.“ Nach Informationen des WESER-KURIER soll deshalb am Ende der Koalitionsverhandlungen eine Prioritätenliste über die Maßnahmen aufgestellt werden.

Noch vor Beginn der Verhandlungsrunde hatte sich der Druck auf die Koalitionäre in spe erhöht. Sie wurden von Dutzenden Vertretern von Umwelt- und Klimaschutzverbänden sowie mehreren Hundert Schülern von „Fridays for Future“ empfangen. Ein Bündnis von mehr als 20 Umweltorganisationen überreichte den Politikern einen Forderungskatalog mit sieben zentralen Punkten – einer von ihnen ist der Kohleausstieg gewesen.

+++Dieser Text wurde um 23.10 Uhr aktualisiert+++

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