Lebensmittel aus ökologischem Landbau in Kooperation mit regionalen Bauern zum Einkaufspreis – das bietet der genossenschaftlich organisierte Bauernladen im Viertel seit 35 Jahren. Nun kommt ein Hilferuf aus dem Milchquartier im Ostertor: Sollten sich bis zum Sommer nicht weitere 20 Mitglieder anmelden, drohe dem Bio-Krämer-Laden zum Jahresende wahrscheinlich das Aus.
"Im Januar haben wir einen regelrechten Weckruf erlebt", sagt Regine Beyer (71), die seit 2014 Genossin im Bauernladen am Paulskloster ist. "Wir müssen zum Ende des Jahres schwarze Zahlen schreiben, sonst müssen wir schließen." Petra Schröder (68) ist eine der Gründerinnen, die 1989 den Bauernladen ins Leben riefen. "Die Idee damals war, in Kooperation mit Bauern aus der Region zusammenzuarbeiten, um uns gegenseitig zu unterstützen", sagt sie. "Das heißt, dass wir direkt beim Bauern einkaufen, um die Lebensmittel hier zum Einkaufspreis weiter zu verkaufen und die Landwirtschaftsbetriebe gleichzeitig aktiv unterstützen." Diese Gründungsidee, so Schröder weiter, werde bis heute umgesetzt. Auch wenn sich die Situation in den letzten Jahrzehnten verändert habe. "Früher haben ökologische Landwirtschaftsbetriebe noch nicht so viele Absatzmöglichkeiten für ihre Produkte gehabt", sagt Petra Schröder. "Das sieht heute anders aus."
Die Genossenschaft – alle auf Augenhöhe
Doch nicht nur das Verhältnis zwischen Landwirten und dem Bauernladen laufe von Beginn an auf Augenhöhe und Gegenseitigkeit. "Auch das Miteinander der Mitglieder war uns von Beginn an wichtig", sagt Schröder." Deswegen sei bei der Entstehung bewusst die rechtliche Gesellschaftsform einer Genossenschaft gewählt worden.
"Jedes Mitglied zahlt eine Einstiegseinlage von 50 Euro", erklärt Karen Knöppler (50), die seit 2001 Genossin im Bauernladen und erste Vorständin ist. "Monatlich kommen für eine Einzelperson 15 Euro als laufender Beitrag hinzu." Dafür, so erzählt sie, können hochwertige Bioprodukte zum Einkaufspreis eingekauft werden. Sollte man über ein geringes Einkommen verfügen, wäre es auch möglich, ohne einen monatlichen Beitrag, etwa für ein paar Arbeitsstunden im Laden, Genosse oder Genossin zu werden, sagt sie. "Wichtig ist uns auch, dass hier niemand das alleinige Sagen hat", so Knöppler. "Wir entscheiden alles zusammen. Es gibt keine Hierarchie." Die Genossenschaft bedeute, dass allen Mitgliedern der Bauernladen gemeinsam gehöre.
Das Miteinander ist kein Muss
Der Verkauf und die Arbeit im Laden wird, neben ein paar vergebenen Minijobs, ehrenamtlich von den Mitgliedern übernommen. "Ich habe viele Jahrzehnte hier im Laden verkauft", sagt Petra Schröder. "Und jeder, der Lust dazu hat, kann mithelfen. Aber – ganz wichtig – das ist kein Muss."
Ein paar Mal im Jahr fahren sie zu Landwirten, mit denen sie kooperieren und unterstützen mit ihrer Arbeitskraft direkt auf dem Hof. "Anfang März fahren wir zum Beispiel nach Cuxhaven und sammeln auf den Salzwiesen Strandgut, damit die Kühe ohne Müll auf die Wiesen können", sagt Renate Richter (75). Sie ist auch ein Gründungsmitglied und seit 1989 Genossin im Bauernladen. "Aber auch das ist keine Verpflichtung." Nur wenn man wirklich möchte, könne man ein aktiver Teil in der Genossenschaft werden. Viele Freundschaften seien in den letzten Jahrzehnten unter ihnen entstanden. "Das ist etwas sehr Schönes", sagt Petra Schröder. "Aber es ist genau so in Ordnung, die Mitgliedschaft ausschließlich zum günstigen Einkaufen zu nutzen."
Fair, ökologisch, nachhaltig
"In unserem kleinen Laden findet man ein kleines, feines Sortiment", sagt Petra Schröder. "Die Produkte sind fair gehandelt und ökologisch erzeugt", fügt Karen Knöppler hinzu. "Außerdem ist es uns wichtig, nachhaltig zu agieren." Deswegen, so berichten die Frauen, würden sie nachhaltig erzeugten Strom nutzen und die Möglichkeit des unverpackten Einkaufs im Bauernladen anbieten.
"Im Schnitt spart man bei uns circa ein Drittel des Preises im Vergleich zu anderen Bio-Geschäften", sagt Mitbegründerin Schröder. "Der Großteil der Lebensmittel wird zum Einkaufspreis an Mitglieder weitergegeben." Einige Produkte wie zum Beispiel Öko-Weine, Nudeln oder andere Trockenerzeugnisse hätten einen geringen Aufschlag.
Jetzt droht das Aus
"Eigentlich bieten wir seit 35 Jahren genau das an, was jetzt in aller Munde ist", sagt Regine Beyer. "Nachhaltig, ökologisch bewusst und verantwortungsvoll konsumieren und handeln." Petra Schröder fügt hinzu: "Wir finden es schön, dass es heute im Vergleich zu früher in immer mehr Geschäften Bioprodukte gibt. Die Herausforderung für uns ist dabei allerdings, mit unserem kleinen, genossenschaftlichen Bio-Krämer-Laden im Milchquartier zu überleben."
"Es braucht gar nicht viel", sagt Schröder. "15 bis 20 neue Mitgliedschaften, also bei uns einkaufende Haushalte, würden bereits genügen, damit wir in diesem Jahr schwarze Zahlen schreiben". Damit, so sagen Beyer, Knöppler, Richter und Schröder gleichermaßen, könnte die traditionsreiche Genossenschaft bestehen bleiben, die bereits bestand, als es kaum ein anderes Geschäft in Bremen gab, das ökologisch erzeugte Bio-Lebensmittel verkaufte.
"Es ist eine tolle Gemeinschaft, bei der jeder neue Genosse, jede neue Genossin herzlich willkommen ist", lädt Petra Schröder Interessierte ein. "Wer möchte, kann sich unser Angebot einfach mal anschauen kommen und dann entscheiden, ob man mitmachen möchte."