Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Bremer Bildungspolitik Bildungsverbände nehmen Bovenschulte in die Pflicht

Noch in diesem Jahr will Bildungssenatorin Sascha Aulepp (SPD) zu einem Runden Tisch einladen. Doch damit wollen sich die Bildungsverbände nicht zufrieden geben.
09.12.2024, 05:00 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Bildungsverbände nehmen Bovenschulte in die Pflicht
Von Frank Hethey

Die Schulleitungsvereinigung lässt nicht locker. Zwar begrüßt ihr Vorsitzender Achim Kaschub die erklärte Absicht von Bildungssenatorin Sascha Aulepp (SPD), mit allen gesellschaftlich relevanten Akteuren über eine Stärkung der Bildung zu sprechen. Ein Wandel zum Besseren könne aber nur gelingen, wenn sich Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) und die Spitzen der Ressorts Finanzen, Soziales, Gesundheit und Bildung an einen Tisch setzen. "Bildung geht uns alle an und ist nicht an ein einzelnes Ressort delegierbar, gerade dann, wenn es dringend mehr Geld und effektivere Strukturen für das Wohl aller Kinder und Jugendlichen in Bremen braucht", sagt Kaschub.

Aus Sicht von Kaschub ist keine Zeit zu verlieren. Unverzüglich müsse massiv Geld investiert werden, um den drohenden Kollaps des Bremer Bildungssystems abzuwenden. "Das Bundesland Bremen braucht jetzt mehr finanzielle Ressourcen für Kitas und Schulen, muss dies also selbst in die Hand nehmen", sagt er. Scharf kritisiert Kaschub die Aussage der Bildungssenatorin, Bremen könne ein Sondervermögen Bildung nicht allein stemmen, der Bund sei gefordert. Eine solche Argumentation sei "unverbindlich und überträgt die eigene Verantwortung in unzulässiger Weise", sagt er.

Bovenschulte räumt ein, dass die Herausforderungen angesichts stark steigender Schülerzahlen groß seien. "Ich kann daher das Bedürfnis nach einem intensiveren und regelmäßigeren Meinungsaustausch gut nachvollziehen", sagt der Bürgermeister. Fachlich zuständig sei die Bildungssenatorin, sie werde auf alle Beteiligten zugehen. Wie berichtet, will Aulepp noch in diesem Jahr zum Runden Tisch einladen. Den bezeichnet ihr Büroleiter Aygün Kilincsoy als "wertvolle Gelegenheit", verschiedene Interessengruppen zusammenzubringen. "Das wird auch nicht in einer Sitzung getan sein."

Bovenschulte betont, der Senat werde im nächsten Jahr mehr Geld für Kitas und Schulen ausgeben als jemals zuvor. In dieser Woche werde die Bürgerschaft eine Erhöhung des Eckwerts im Bildungsressort um knapp 100 Millionen Euro beschließen. Ferner führt Bovenschulte die neue, mit 300 Millionen Euro ausgestattete Schulbaugesellschaft ins Feld. Die Schulleitungsvereinigung hält dagegen, der höhere Geldzuschuss sei einzig und allein der Tatsache geschuldet, dass es mehr Kinder und Schüler gebe. "Mehr Geld pro Kind ist keineswegs eingeplant", kritisiert Kaschub. Der Schulleiter weist stattdessen auf anstehende Sparmaßnahmen hin, die behördenintern diskutiert würden und die Schulen beunruhigten. Dazu zähle die Erhöhung der Schülerzahl pro Klasse, eine Erhöhung der Unterrichtsverpflichtung der Lehrkräfte und die Reduzierung des Schulunterrichts.

Lesen Sie auch

Vom Bürgermeister fordert die Schulleitungsvereinigung mehr Transparenz bei öffentlichen Äußerungen zur finanziellen Ausstattung von Kitas und Schulen. "Die Regierungsverantwortlichen müssen sich öffentlich positionieren und verdeutlichen, warum derzeitig der finanzielle Spielraum in Bildung so gering ist." Der Eindruck der Schulleitungsvereinigung: Der Senat fahre einen Sparkurs, damit Bremen ab 2027 von Geldern aus dem Stabilitätspakt der Länder profitieren könne. "Dieses an sich vernünftige Denken muss im Bereich Bildung neu bewertet werden." Bremen gab nach den akuellen Angaben des Statistischen Bundesamts im Jahr 2022 pro Schüler 9900 Euro aus und liegt damit im Vergleich der Stadtstaaten deutlich hinter Hamburg (12.300 Euro) und Berlin (14.000 Euro).

Unterdessen bekommt die Schulleitungsvereinigung weitere Unterstützung, so von Handelskammer und Handwerkskammer. In einer gemeinsamen Stellungnahme fordern die beiden Interessenverbände, die Bildungsausgaben pro Schüler zu erhöhen. "Dazu bedarf es insbesondere einer veränderten Prioritätensetzung in den öffentlichen Haushalten des Landes Bremen sowie einer Umschichtung von Personalstellen der allgemeinen Verwaltung in den Bildungsbereich", heißt es in dem Papier. Mehr Geld will auch der Zentralelternbeirat (ZEB) der Bildung zukommen lassen. Der ZEB schließt sich dem Ansinnen der Schulleiter an, bei den Schülerausgaben mit Hamburg gleichzuziehen. "Was aktuell eine Etat-Aufstockung von jährlich 150 Millionen Euro bedeuten würde", sagt ZEB-Sprecher Marco Hünecke.

Lesen Sie auch

Ähnliche Stellungnahmen liegen vom Grundschulverband, dem Verband der Lehrer und Lehrerinnen an beruflichen Schulen (VLB) und dem Bundearbeitskreis Lehrerbildung (Bak) vor. Insgesamt acht Verbände beteiligen sich am Vorstoß der Schulleitungsvereinigung. Das gemeinsame Ziel: eine Art Task Force unter Leitung des Bürgermeisters. Die Ergebnisse des Runden Tisches sollen spätestens Ende März 2025 der Bürgerschaft zur Abstimmung vorgelegt werden. "In dieser akuten Bildungs-Notsituation müssen alle an einem Strang ziehen", sagt Hans Brügelmann vom Vorstand des Grundschulverbands. "Jetzt kommt es auf die Bereitschaft der politisch Verantwortlichen an, die Verbände sind dabei."

Im Grundsatz teilt die FDP die Forderung nach einer besseren Finanzierung des Bildungsbereichs. Geld allein könne das Problem aber nicht lösen, sagt der bildungspolitische Sprecher Fynn Voigt. "Das Geld muss aus dem Haushalt finanziert werden können – nicht aus immer neuen Schuldentöpfen." Bremen habe kein Einnahmeproblem. Die rot-grün-rote Koalition sei einfach unfähig, die richtigen Prioritäten zu setzen.

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)