Sie sind mit ihrer Geduld am Ende, deshalb haben sie Schulsenatorin Sascha Aulepp (SPD) quasi ein Ultimatum gestellt: "Bitte teilen Sie uns bis zum 15. März mit, wie und wann die Personaldecke an den Bremer Schulen die Personaldecke von 105 Prozent aufweisen wird, die uns bei der Wahl versprochen wurde." Unterzeichnet ist der Brandbrief von den vier Elternsprecherinnen der Huchtinger Oberschule an der Hermannsburg. Aber auch an der Grundschule am Wasser in Vegesack gärt es wegen der unbefriedigenden Personalsituation.
Schon vor neun Monaten hätten sie sich in gleicher Angelegenheit an die Senatorin gewandt, heißt es im Schreiben des Schulelternbeirates aus Huchting. Nun sei "die Katastrophe" eingetreten: An manchen Tagen falle die Hälfte der Lehrerschaft durch Krankheit aus, jede Klasse sei davon betroffen – und einige "haben so gut wie keinen Unterricht mehr".
Weil dies so ist, habe der Elternbeirat "zähneknirschend" zugestimmt, dass eine Ganztagesbetreuung vom kommenden Halbjahr an nur noch an drei Tagen pro Woche stattfindet. Keinesfalls sei man jedoch bereit, dies als Dauerlösung auch noch nach den Sommerferien hinzunehmen. Denn durch die Verkürzung würden Unterrichtsinhalte ersatzlos wegfallen – und natürlich zwei Betreuungstage, "auf die viele von uns Eltern angewiesen sind".
Seitens der Bildungsbehörde weist man darauf hin, dass eine 105-prozentige Personaldecke zwar als "idealtypisch" angestrebt werde, derzeit aber nicht zu erreichen sei. Keinesfalls sei eine solche Quote als Wahlversprechen abgegeben worden. "Wir bilden nicht schnell genug aus, um die steigenden Schülerzahlen zu bewältigen", räumt Aulepps Sprecher Aygün Kilincsoy ein. Gleichwohl habe man in letzter Zeit schon große Fortschritte gemacht: Bei der Oberschule an der Hermannsburg seien die Lehrerplanstellen zu 99 Prozent besetzt und bei der Grundschule am Wasser immerhin zu 97 Prozent.
Der Sprecher des Schulressorts weist freilich auch darauf hin, dass diese Zahlen "sehr volatil" sind. Sprich: Bei kurzfristigen Kündigungen, Unfällen oder plötzlich auftretenden schweren Erkrankungen können aus 99 Prozent auch ganz schnell 80 oder 70 Prozent werden. Dennoch ist Kilincsoy zuversichtlich, dass man an der Hermannsburg rasch wieder zu einer Ganztagesbetreuung über die volle Woche zurückkehren könne.
Weiterer Brandbrief aus Vegesack
Die Huchtinger Eltern empfinden ihren Stadtteil offenbar als sogenanntes Problemviertel. Deshalb wollen sie vom Bildungsressort auch wissen, wie die Schüler hier "zumindest auf das gleiche Level kommen wie in bildungsnahen Quartieren". Eine Sorge, die auch die Schulelternsprecher in Vegesack umtreibt. Dort klagt man schon seit dem vorigen Mai über gravierenden Lehrermangel – und dies an einer "Schule mit besonderen Herausforderungen".
Auch jetzt scheint die Lage dort noch unübersichtlich zu sein. "Das Kollegium wächst stetig, doch so schnell wie die Schülerzahlen an unserer Schule mit besonderen Herausforderungen wachsen, kommt kein neues Personal nach", beklagen die Elternvertreterinnen Dorothea Zimmermann und Jennifer Puggé nun in einem weiteren Brandbrief. Verwirrung herrschte unter anderem über die Wiederbesetzung der jahrelang vakanten Konrektorenstelle. Offenbar zieht sich das Bewerbungsverfahren seit etlichen Monaten hin. Zwischendurch hieß es irrtümlich gar, die letzte verbliebene Kandidatin hätte ihre Bewerbung zurückgezogen. "Von 80 Konrektorenstellen sind derzeit elf vakant", berichtet Kilincsoy. Bis auf drei Schulen, die schulinterne Regelungen haben, seien alle offenen Stellen im Ausschreibungs- und Besetzungsverfahren.
Die Eltern beruhigt das nicht: "Es ändert immer noch nichts an der Gesamtsituation. Fakt ist, dass die Grundschule am Wasser alleingelassen wird, und das schon seit Monaten", klagen deren Vertreter. Dabei gestanden die Elternvertreter noch vor den vergangenen Sommerferien zu, dass es eine gewisse Unterstützung gebe. Doch die bestehe vor allem aus pädagogischen Mitarbeitern, Studenten, Übungsleitern oder ausländischen Lehrkräften ohne vollständige Lehrbefähigung. "Das ist großartig für eine gute Teamarbeit, kurzzeitige Vertretungen oder auch als Unterstützung in kleineren Arbeitsgruppen im Unterricht und um das Lernen der Kinder zu begleiten", findet Zimmermann, "aber den Mangel auffangen" könne man so nicht.
Im Bildungsressort hält man dagegen: Durch "eine weiterentwickelte Personalsteuerung" sei es gelungen, zum 1. Februar insgesamt mehr Lehrkräfte einzustellen als vor einem Jahr. Statt 131 gebe es nun 150 voll ausgebildete neue Lehrkräfte. Die Senatorin habe es auch mit Hilfen von Programmen wie "Back to school" geschafft, zusätzliche Kräfte als Seiteneinsteiger ins System zu holen. "So konnten alleine seit März 2023 knapp 100 zusätzliche Kräfte gewonnen werden", betont Kilincsoy.