Es gibt an der Grundschule Mahndorf schon länger großen Lehrermangel, der nun "nicht mehr vertretbar" sei. Das sagt die Bremerin Kathrin Rickens. Ihre zwei Söhne besuchen die Grundschule, der ältere wechselt nun an eine weiterführende Schule. Der Ganztag der Grundschule laufe seit über einem Jahr im Notbetrieb, Kinder würden bei Personalausfällen oft nur noch auf andere Klassen verteilt. "Grundsätzlich ist der Krankenstand an der Grundschule seit geraumer Zeit sehr hoch, sodass es vermehrt zu Unterrichtsausfall kommt", sagt die Mutter.
Durch die vielen Ausfälle erlebten die Schüler ständige Personalwechsel. Das sei insbesondere für ihren jüngeren Sohn schwer gewesen. Er wurde im vergangenen Jahr eingeschult. Seine Klassenlehrerin sei im Herbst oft krank gewesen und dann ab Januar ganz ausgefallen, weil sie schwanger war. Doch die Klasse bekam keinen festen Ersatz: "Der Unterricht wurde dann von ständig wechselnden Lehrkräften oder auch nur Betreuungspersonal mehr oder weniger übernommen", schildert Rickens. "Mein Sohn konnte teilweise gar nicht sagen, bei wem er Unterricht hatte, da es ständig wechselte." Dabei seien feste Bezugspersonen gerade für Erstklässler besonders wichtig. Es sei bisher nicht absehbar, dass eine neue Lehrkraft an die Schule komme und die Klassenleitung nach den Ferien übernehme.
Auch Stefanie Frohböse, Mutter einer Drittklässlerin, kritisiert die Lage. "Seit der Einschulung war Personalmangel immer ein großes Thema", sagt die 45-Jährige. Auch die Klassenleitung ihrer Tochter sei drei Monate nach Schulstart erkrankt: "Es gab das ganze erste Schuljahr über keine feste Klassenleitung", sagt Frohböse. "Es war immer jemand anderes in der Klasse, es war oft unruhig in der Klasse. Das war überhaupt kein schöner Start." Zudem sei der Ganztag stark eingeschränkt: "Die Schule versucht, so viele Kinder wie möglich früher nach Hause zu schicken, weil einfach kein Personal da ist." Ihre Tochter sei bis 15 Uhr zum Ganztag angemeldet, könne aber nur bis 14 Uhr bleiben. "Ich bin alleinerziehend und beruflich auf die Nachmittagsbetreuung angewiesen", sagt Frohböse. An manchen Tagen falle die Schule auch komplett aus: "Es kam öfter vor, dass abends eine Mail kam, in der stand, morgen muss die Klasse zu Hause bleiben, es ist kein Personal da."
Schulelternsprecher Thorsten Groß beschreibt, dass zuletzt etwa jede vierte Stelle der Grundschule nicht besetzt war: Der Schule stünden 368 Lehrerwochenstunden zu, es seien aber nur 317 Stunden abgedeckt, davon 44 durch Studierende. Dass zwei Lehrkräfte für die Inklusion gemeinsam eine Klasse unterrichten, gebe es nicht mehr. "Und seit fast zwei Jahren findet der Ganztag nicht mehr statt, es gibt stattdessen eine Notbetreuung, aber auch die nur mit Nachweisen, wenn beide Eltern berufstätig sind." Ende des Schuljahres 2022/23 seien noch mehrere Klassen ohne Klassenleitung. Vom Schulleitungsteam der Grundschule wollte sich auf Anfrage des WESER-KURIER niemand zu der Personalsituation an der Schule äußern.
Was die Eltern beschreiben, ist kein Einzelfall. In den vergangenen Monaten gab es immer wieder Hilferufe von Eltern und Lehrern, um auf Personalmangel an verschiedenen Schulen aufmerksam zu machen. Zum Beispiel von der Tami-Oelfken-Schule in Lüssum, von der Oberschule an der Hermannsburg in Huchting und von der Grundschule am Wasser in der Nähe der Grohner Düne in Vegesack. Die Hilferufe kommen meistens aus Schulen in Randgebieten, oft aus Quartieren, in denen sich soziale Probleme häufen.
Auch Eltern von Kindern der Grundschule am Wasser schlagen erneut Alarm: Nach dem ersten Hilferuf sei noch kein Zusatzpersonal angekommen, schildern Jennifer Puggé und Dorothea Zimmermann. Zuletzt sei für ihren Sohn wochenlang der Deutschunterricht ausgefallen, sagt Jennifer Puggé. Unterrichtkürzungen gehörten zum Alltag: "Die ersten Klassen hatten zum Beispiel montags nur noch bis 11.30 Uhr Unterricht." Für das neue Schuljahr werde ein Notfallplan gebraucht: „Das Kollegium ist einfach am Ende, am Limit.“
"Die Situation in den Grundschulen ist insgesamt angespannt und in einigen – vor allem an der Grundschule am Wasser – besonders angespannt", sagt Aygün Kilincsoy, Büroleiter von Bildungssenatorin Sascha Aulepp (SPD). Den Prozess an der Schule am Wasser begleite die Senatorin persönlich. "Zwei ukrainische Lehrkräfte aus dem Ohlenhof werden der Schule zugewiesen", so Kilincsoy. Eine weitere Lehrkraft vom Baumschulenweg werde an diese Schule versetzt. "Seit Anfang April sind darüber hinaus zwei Back-to-School-Lehrkräfte an der Schule." Zudem soll noch eine Lehrkraft aus Niedersachsen und eine Erzieherin an die Schule kommen. Es sei aber in der jetzigen Phase "noch viel Fluktuation möglich".
Für die Grundschule Mahndorf sei es gelungen, durch eine Abordnung eine Lehrkraft an die Schule zu holen. Aktuell seien alle Klassenleitungen besetzt. Die Behörde arbeite auch während der Ferien an der Personalakquise, um zum neuen Schuljahr einen möglichst hohen Versorgungsgrad zu gewährleisten.