Er ist gefunden, ein Mann, der neue Chef für die Bremer Innenstadt. Nach Informationen des WESER-KURIER handelt es sich um Carl Zillich, einen Architekten, der in Heidelberg als Kurator und Prokurist die Internationale Bauausstellung leitet. Zillich wird als hauptamtlicher Geschäftsführer im Februar die neue City-Projektgesellschaft übernehmen. Ihm zur Seite stehen Sven Wiebe und Gabriele Nießen – der eine Staatsrat im Wirtschaftsressort, die andere in gleicher Funktion bei der Baubehörde beschäftigt. Die beiden sollen das Bindeglied zwischen Zillich und der Verwaltung sein, denn was nützt ein Intendant, wie die Grünen den Posten beschreiben, wenn er für seine Stücke kein Orchester und keine Requisiten hat. Zur Aufführung kommen sollen nichts weniger als die Etappen zur Neuerfindung der darbenden Innenstadt.
Zillich, 1972 in Darmstadt geboren, ist in Oldenburg aufgewachsen. Fern ist ihm die Region und Bremen also nicht. Von 2015 bis 2021 war er Mitglied im Gestaltungsbeirat der Huntestadt. In dieser Zeit hatte er viel mit Gabriele Nießen zu tun, die in Oldenburg bis 2019 Bau- und Verkehrsdezernentin war. Ein Vorteil bei der Bewerbung – die beiden kennen sich, schätzen sich möglicherweise, und Nießen saß in der Auswahlkommission.
Der Senat hatte eine Agentur beauftragt, die potenzielle Kandidatinnen und Kandidaten von sich aus ansprach, aber auch eine Vorauswahl bei den Bewerbungen traf. Anfang September waren vier Vorschläge übrig geblieben, drei Wochen später noch zwei, über die schließlich auf höchster Ebene entschieden wurde. Daran beteiligt waren neben Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) die Ressortspitzen von Bau, Wirtschaft und Finanzen. Ein Beleg, wie wichtig die Personalie genommen wird.

Carl Zillich wird der neue Geschäftsführer der Projektgesellschaft für die Entwicklung der Innenstadt.
Zillich war sieben Jahre Architekt in Berlin
Der neue Innenstadt-Chef hat nach seinem Studium sieben Jahre als selbstständiger Architekt in Berlin gearbeitet. Das geht aus einer Aufstellung auf seiner Homepage hervor. Nächste Station war für sechs Jahre die Fakultät für Architektur und Landschaft an der Leibniz-Universität in Hannover. Ab 2008 wirkte Zillich als wissenschaftlicher Mitarbeiter der Bundesstiftung Baukultur in Potsdam und hatte dort nach eigenen Angaben unter anderem den Vorstand beraten. Es folgte eine einjährige Gastprofessur für Stadtmanagement und Stadtentwicklung an der Universität Kassel. Die Tätigkeit bei der Internationalen Bauausstellung Heidelberg begann im Jahr 2013.
Mit seiner neuen Aufgabe steht Zillich vor großen Problemen. Einige sind struktureller Art und betreffen so ziemlich alle Innenstädte: Der Rückgang des großflächigen Einzelhandels. Der Abfluss von Kaufkraft in den Online-Handel und zu den Einkaufsparks, in Bremen und der Region sind das vor allem Waterfront, Dodenhof und Weserpark. Die jahrzehntelange Monostruktur in der City mit zu wenig Wohnraum, Kultur und urbanem Leben.
Hinzu kommt aber auch Hausgemachtes: Übertrieben lange Planungsprozesse, schlechte Absprachen, die isolierte Sicht auf den einzelnen Sektor und nicht auf das Ganze, und die schon historische Konkurrenz zwischen den Ressorts Wirtschaft und Bau. Beide zanken sich bei einzelnen Projekten immer wieder darum, wer in der Innenstadt den Hut aufhat.
Künftig soll das Zillich sein. Doch wird man ihn lassen? Der Intendant hat zwei starke Regisseure in seinem Haus, die jedes Stück, das inszeniert werden soll, mit ihren Anweisungen schon bei den Proben kaputtmachen können. "Wir haben ein bisschen Sorge um die Unabhängigkeit des Ganzen", hatte früh die FDP geunkt. Wie könne verhindert werden, dass die Politik sich zu sehr einmische, fragten die Freidemokraten.
Das war im Mai dieses Jahres, damals versprach Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt (Linke) in ihrer Antwort, dass der Geschäftsführer eigenständige Handlungsmöglichkeiten bekommen solle: "Wir wollen da eine relative Autonomie." Dass die beiden Staatsräte mit im Boot seien, solle das Zusammenspiel mit der Verwaltung erleichtern und Verzögerungen verhindern. Sven Wiebe hatte vorher laut darüber nachgedacht, ein paar formale Verabredungen zu treffen, um den Geschäftsführer der Projektgesellschaft vor zu starker Einflussnahme durch die Ressorts und Staatsräte zu schützen. Wiebe würde sich und seiner Kollegin Nießen damit quasi selbst Fesseln anlegen.
Zillich soll die Aufgaben, vor denen die Innenstadt steht, operativ bündeln. Das betrifft den öffentlichen und den privaten Bereich. Neben dem Zugang zur Verwaltung und zur Politik muss er sich deshalb auch einen Weg zu den Investoren bahnen, ob sie nun Zech heißen, Linnemann oder Jacobs.