Diese Menschenansammlung wird in den vergangenen Tagen so manchem Passanten aufgefallen sein, der mit der Straßenbahn von Hauptbahnhof stadteinwärts gefahren ist, oder zu Fuß dort vorbei lief. An der Sparkassenfiliale in der Bahnhofstraße knubbelten sich in einer Schlange die Kunden. Allein am Montagvormittag warteten vor dem Gebäude schätzungsweise zwischen 50 und 60 Menschen.
Bürger, die dort vorbei kamen, vermuteten schon ein neu eröffnetes Corona-Testzentrum in der Filiale. Andere erklärten sich den großen Kunden-Andrang mit den geschlossenen Sparkassen-Filialen am Brill und am Marktplatz. Aber was sind die wirklichen Gründe?
Das sagt die Sparkasse Bremen:
Dort werden vielfältige Gründe für diese Menschenansammlung genannt. Laut Sprecherin Nicola Oppermann sei es normal, dass viele Kunden die letzten beiden Tage oder auch die ersten Tage des Monats nutzen, um Schecks einzulösen oder Überweisungen zu tätigen. Und es hätten zudem ganz viele Menschen in der Schlange gestanden, die ihre Sozialschecks einlösen wollten. Oppermann sagt: "Ähnliche Situationen gab es am Monatsende auch in der ehemaligen Kundenhalle Am Brill." Aufgrund der Gebäudegröße seien die Warteschlangen aber nicht besonders ins Auge gefallen. Diese Menschen stehen nun draußen vor der Tür und warten geduldig – zum Teil mit Rollator – in einer Schlange, die fast bis zu einem Juwelier in Richtung Herdentorsteinweg reicht.
Außerdem macht Oppermann die aktuelle Corona-Lage für die Ansammlung verantwortlich: "Durch die Befolgung der AHA-Regeln kommt es auch zu längeren Wartezeiten in den Filialen." Zurzeit dürfe sich nur eine begrenzte Anzahl an Mitarbeitern in der Filiale aufhalten. Neben der Kundenbetreuung müssten sich die Angestellten beispielsweise auch um das Lüften der Räume kümmern. Hinzu komme, dass auch in Pandemie-Zeiten viele Privatkunden nicht auf ihre Routine – wie die Überweisung oder das Geldabheben am Schalter – verzichten möchten. Gerade langjährige Kunden würden bei ihren Bankgeschäften viel Wert auf einen persönlichen Kontakt legen.
So können Schlangen vermieden werden
Oppermann weist daraufhin, dass viele Fragen und Anliegen auch am Telefon erledigt werden können und keinen Besuch erfordern. In den meisten Fällen würden dann auch Sparkassen-Mitarbeiter die Anfragen bewältigen und kein Call-Center. In der Innenstadt sind persönliche Beratungen nur noch in der Stadtteilfiliale im Ostertorsteinweg möglich – die Standorte am Brill und am Marktplatz hat das Geldinstitut aufgegeben (wir berichteten). Für Bargeld, Kontoauszüge und Überweisungen gibt es in der Obernstraße und in der Kreyenstraße Selbstbedienungs-Standorte. Unter der Nummer 0421-1790 ist die Servicestelle der Sparkasse erreichbar.
Was sind Sozialschecks?
Der Dienstleistungsscheck ist für kurze, befristete Arbeitsverhältnisse vorgesehen. Das Arbeitsverhältnis kann wiederholt mit denselben Personen abgeschlossen werden. Wer über kein Konto verfügt, kann sich seine Sozialschecks direkt in bar auszahlen lassen. Die Gebühren dafür muss der Kunde übernehmen. Darauf weist das Bremer Jobcenter hin. So heißt es im Sozialgesetzbuch: "Verfügt der Antragsteller über kein Konto, sind die Leistungen per gebührenpflichtiger Zahlungsanweisung zur Verrechnung anzuweisen. Die hierdurch entstehenden Kosten hat der Antragsteller zu tragen. Die Kosten können nur dann vom Träger übernommen werden, wenn er nachweist, dass ihm die Errichtung eines Kontos ohne eigenes Verschulden nicht möglich ist." Es gibt nicht mehr viele Geldinstitute, die die Sozialschecks der Stadt auszahlen. Die Sparkasse Bremen gehört dazu. Zum Teil ist auf den Sozialschecks vermerkt, dass sie nur in einer bestimmten Filiale ausgezahlt werden können. War das also früher im Finanzzentrum am Brill möglich, ist diese Option nun weggefallen. Das erklärt das erhöhte Kunden-Aufkommen in der Filiale Bahnhofstraße.
Was sagt das Job-Center?
Dort heißt es: "Wenn Kunden oder Kundinnen über kein Basiskonto verfügen, bekommen sie den Scheck zur Einlösung gegen Gebühr. Generell sollte das aber nicht zu diesen Schlangen kommen. Denkbar ist auch, und die Vermutung geht eher dahin, dass sich die Kunden und Kundinnen anstellen, um sich die Geldleistung vom Konto auszahlen zu lassen, also abheben." Aber eben nicht jeder verfüge über eine EC-Karte und gehe deshalb zum Schalter. Außerdem geben neben dem Jobcenter auch andere Stellen Sozialschecks aus, für die man dann – beispielsweise in Geschäften – Waren in entsprechendem Wert erhalte. In der Vergangenheit zahlten zum Teil auch Drogerieketten das Geld aus.