Bremen ist laut einer bundesweiten Umfrage die fahrradfreundlichste deutsche Großstadt mit mehr als 500 000 Einwohnern. Die Hansestadt liegt bei dem am Dienstag vorgestellten „Fahrradklima-Test“ des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) vor Hannover auf Platz zwei und Leipzig auf Rang drei von insgesamt 14. „Wir freuen uns sehr über dieses Ergebnis“, sagt Sven Eckert, Geschäftsführer des ADFC Bremen.
Aber leider habe sich die Note, die die Bremer der Fahrradfreundlichkeit der Stadt verliehen haben, trotzdem etwas verschlechtert. Insgesamt sind das Sicherheitsgefühl und die Freude am Radfahren bundesweit zurückgegangen. Die Verbesserung im Städteranking um drei Plätze gegenüber dem letzten Fahrradklima-Test 2016 hat die Stadt Bremen der neu eingeführten Kategorie der Größenordnung „über 500 000 Einwohner“ zu verdanken.
Betrachtet man allerdings die Noten, sind die drei ersten Plätze aus dem Jahr 2016 mit Münster, Karlsruhe und Freiburg weiterhin besser bewertet als die Hansestadt. Schlechter sieht es in Bremerhaven aus:
Die Hafenstadt schaffte es im Städteranking ihrer Größenklasse nur auf Platz 35 von 41. Gleich in 27 von 32 Kategorien gab es schlechtere Noten. „Das Ergebnis muss für die Politik ein Ansporn sein, weiter auf den Fahrradverkehr zu setzen“, sagt Eckert. Insgesamt 1154 Bürger aus dem Land Bremen haben an der bundesweiten Befragung teilgenommen.
2016 wurde das Fahrradklima in Bremen noch mit einer Note von 3,51 (nach Schulnotenprinzip) bewertet, 2018 verschlechterte sich der Wert leicht auf 3,55. Diese Gesamtnote bezeichnet ADFC-Geschäftsführer Eckert als „ernüchternd“ – sie lasse tief in die Fahrradunfreundlichkeit der anderen deutschen Großstädte blicken. Insgesamt holte Bremen in sechs von 32 Kategorien auf.
Die größte Verbesserung gab es laut ADFC bei den Nutzungsmöglichkeiten öffentlicher Räder. Mit der Einführung der neuen Fahrradverleihmöglichkeit – dem WK-Bike des WESER-KURIER – habe sich 2018 die Bewertung um eine ganze Note verbessert. Weiterhin positiv abgeschnitten habe Bremen bei der Erreichbarkeit des Zentrums sowie der Präsenz von Radfahrenden im Stadtbild.
Nicht so gut läuft es vor allem bei den Kontrollen von Falschparkern auf Radwegen: Der zu lasche Umgang damit ist von den Radfahrern das am meisten bemängelte Thema – Note „mangelhaft".
Auch die Fahrradmitnahme im öffentlichen Nahverkehr und die Qualität der Radwege lassen zu wünschen übrig. So bewerteten die Befragten im Land Bremen die fehlende Breite und Oberfläche bestehender Radwege als sehr schlecht.
Um diesem Missstand entgegenzuwirken, fordert der ADFC seit Jahren die dringend notwendige Ertüchtigung des bestehenden Radwegenetzes für die moderne Fahrradmobilität (Pedelecs, Fahrradanhänger, Lastenräder) und eine konsequente und zügige Umsetzung der im Verkehrsentwicklungsplan beschlossenen Fahrradpremiumrouten.
„Wir fordern radikal mehr Platz und Qualität für den Radverkehr“, sagt der Bremer ADFC-Chef Eckert. So könne es nicht sein, dass Bremens größtes Fahrradparkhaus am Hauptbahnhof für Radfahrende nicht konfliktfrei zu erreichen sei. Bremens Verkehrssenator Joachim Lohse erhielt die Ehrung am Dienstag im Bundesverkehrsministerium von ADFC-Bundesvorsitzenden Ulrich Syberg und Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer.
Lohse im Anschluss: „Wir benötigen die notwendige Akzeptanz in der Stadtgesellschaft und den Stadtteilen, dem Fahrradverkehr mehr Platz im insgesamt begrenzten Straßenraum zu gewähren.“ Es müsse eine faire Gleichbehandlung mit dem Autoverkehr geben, was auch im eigenen Interesse der Autofahrer sei, denn jeder Radfahrer entlaste den städtischen Verkehr und verringere die Stauprobleme.
Fahrradfreundlicher Umbau zu langsam
Für die Bremer Grünen-Fraktion ist das Ergebnis ein Ansporn. Für eine wirksame Verkehrswende ist der fahrradfreundliche Umbau der Stadt aber laut dem verkehrspolitischen Sprecher Ralph Saxe zu langsam: „Der Radverkehrsetat muss vervierfacht und das planende Personal aufgestockt werden, damit die Sanierung der Radwege, die Fuß- und Radbrücken über die Weser und die Radpremiumrouten viel schneller umgesetzt werden können.“
Die FDP-Fraktion fordert unterdessen eine spezialisierte Einsatzgruppe für Fahrradverkehrsverstöße. „Nur durch stärkere Fahrradkontrollen erscheint es bei weiter zunehmendem Radverkehr möglich, dass alle Verkehrsteilnehmer gleichberechtigt und sicher partizipieren können“, sagt die FDP-Spitzenkandidatin Lencke Steiner.
Niedersachsenweit verschlechterte sich die Durchschnittsnote im Vergleich zur vergangenen Umfrage 2016 von 3,7 auf 3,8. Auch Hannover erreichte auf der Notenskala von eins bis sechs einen leicht schlechteren Wert, 3,7 statt wie zuvor 3,6. Unter den Städten über 200 000 Einwohner belegte Braunschweig Platz vier, sackte in der Benotung aber von 3,7 auf 3,8 ab.