Beim Tierheim werden derzeit viele junge Wildtiere abgegeben, die gar keine Hilfe benötigen. Das bringt die Einrichtung an den Rand der Überlastung, berichtet Gaby Schwab vom Tierschutzverein Bremen. Am 15. März begann die gesetzliche Brut- und Setzzeit, und seitdem scheinen viele Menschen zu meinen, sich auf jeden Fall um den Nachwuchs in freier Wildbahn kümmern zu müssen.
Etwa um neugeborene Hasen, die von ihren Muttertieren oberhalb der Grasnarbe abgelegt werden. Aber nicht alle Jungtiere, die auf dem Gras liegen, sind auch hilflos, da die Mutter das Baby zwei Mal täglich mit Futter versorgt. Daher sollten Passanten Jungtiere, die nicht verletzt sind, am besten ignorieren.
„Es werden vermehrt Tiere abgegeben, die nicht unbedingt Hilfe brauchen“, sagt Schwab. Das sei in dieser Jahreszeit immer der Fall: Allein im Mai seien bislang fast 100 Wildtiere abgegeben worden, darunter mehr als 70 Vögel. „Wir sind ziemlich ausgelastet und am Rande unserer Kapazitäten“, konstatiert Schwab. Nur wenn verletzte oder kranke Tiere Hilfe benötigen, sollte man eine Wildtierstation kontaktieren oder die Tiere selbst beim Tierheim vorbei bringen, da die Angestellten nicht die Kapazitäten haben, jedes Tier selbst abzuholen. Zuerst sollte man aber aus sicherer Entfernung beobachten, „ob das Muttertier nicht schon auf der Suche ist“, betont Schwab.
Pflege auf eigene Kosten
Tierschutzverein und Tierheim stellt der Andrang vor eine doppelte Herausforderung: Zum einen werden die personellen Kapazitäten voll ausgelastet, zum anderen entstehen Mehrkosten. Die Stadt finanziere zwar Fundtiere, aber das bezieht sich auf Hunde, Katzen und abgegebene Haustiere. „Jede verletzte Taube nehmen wir auf eigene Kosten auf“, erklärt Schwab. Außerdem sei die Pflege von Wildtieren deutlich stressiger und aufwendiger, da das Tierheim keine offizielle Wildtierstation ist. Zudem bräuchten kleine Wildtiere eine eng getaktete Betreuung, häufig mit der Flasche. Zum Teil nähmen die Pflegerinnen und Pfleger die Tiere dann sogar mit nach Hause.
Sobald Tiere abgegeben werden, die eigentlich gesund sind, brauchen sie nämlich auch die Hilfe des Tierheims: „Wenn junge Wildtiere erst mal bei uns sind, haben sie keinen Kontakt mehr zu den Eltern und benötigen unsere Hilfe“, weiß Schwab. Die Tiere könnten erst dann ausgewildert werden, wenn sie fit und groß genug seien. Dafür werden sie dann zum Beispiel an die Wildtierstationen in Soltau oder Verden weitergegeben.
Bereits zum Start der Brut- und Setzzeit wies Stadtjägermeister Richard Onesseit darauf hin, dass Jungtiere in Ruhe gelassen werden sollten. Wildtiere brauchen in der Regel keine menschliche Pflege, das gilt besonders in dieser Phase. Sind Nestlinge alt genug, um ihre Brutstätte zu verlassen, so nennt man sie Ästlinge. Damit sind sie zwar noch nicht alleine überlebensfähig, brauchen aber trotzdem keine menschliche Unterstützung: „In dieser Phase sitzen sie in Büschen und Bäumen und werden von den Eltern versorgt“, sagt der Stadtjägermeister. Befinden sich junge Vögel zum Beispiel auf Gehwegen, so sollte man sie am besten behutsam zurück in den Busch setzen. Da Vögel über ein schlechtes Riechvermögen verfügen, störten sie sich nicht am menschlichen Geruch: „Die Eltern nehmen sie in der Regel wieder an, warten aber natürlich, bis der Störenfried Mensch sich wieder entfernt hat.“