Schüler und Schülerinnen haben in den vergangenen eineinhalb Jahren einiges verpasst: regulären Unterricht, aber auch gemeinsame Aktivitäten. An Klassenfahrten war angesichts der Corona-Beschränkungen kaum zu denken. Jetzt kehrt ein bisschen Normalität in den schulischen Alltag zurück, und auch Reisepläne werden wieder geschmiedet: Die Nachfrage nach Klassenfahrten steigt. Betreiber von Schullandheimen und Jugendherbergen zeigen sich vorsichtig optimistisch.
In diesem Jahr habe man die ersten Schulklassen im Juli begrüßen können, sagt Gesa Hauschild vom Deutschen Jugendherbergswerk (DJH). Das DJH betreibt im Nordwesten 27 Jugendherbergen, unter anderem in Bremen, Worpswede, Rotenburg und Verden. In den vergangenen beiden Jahren waren die Unterkünfte immer wieder für mehrere Monate am Stück geschlossen. Seit Beginn der Corona-Pandemie verzeichne der DJH-Landesverband Unterweser-Ems etwa 75 Prozent weniger Übernachtungen durch Schulklassen, sagt Hauschild. Mittlerweile steige die Nachfrage wieder spürbar, die Auslastung der früheren Jahre sei allerdings noch nicht erreicht. Im September habe es etwa halb so viele Übernachtungen gegeben wie in der Vor-Corona-Zeit, so Hauschild.
Ein weiterer Anstieg ist zumindest vorerst nicht zu erwarten, da Jugendherbergen im Winter grundsätzlich eher schwach besucht sind. "In den Monaten November bis Februar begrüßen wir auch regulär nur vereinzelt Schulkassen", sagt Hauschild. Optimistischer blickt sie auf das kommende Jahr – die Nachfrage reiche an die Zahlen von 2019 heran. "Trotzdem bleiben wir in unserer Einschätzung eher zurückhaltend, da uns die Pandemie gezeigt hat, dass sich solche Entwicklungen auch schnell wieder umdrehen können", betont Hauschild. Der DJH reagiert auf anhaltende Bedenken einiger Schulen unter anderem mit der Option einer kostenlosen Stornierung bis zum Tag der Anreise. Außerdem habe man die Hygienekonzepte speziell für Schulklassen angepasst, heißt es weiter.
Großen Andrang gibt es schon jetzt in einigen Schullandheimen, beispielsweise in Dötlingen. Das Haus ist eine von zehn Unterkünften in der Region, die sich zum Verein Bremer Schullandheime zusammengeschlossen haben. Nach monatelanger Flaute sei das Haus nun gut belegt, sagt der Betreiber Henry Brüggemann. Bis Mitte November gebe es Buchungen, anschließend stünden auch in Dötlingen eher ruhige Wintermonate an. Für das kommende Jahr sei der Buchungskalender bis in den Sommer hinein voll. "Das gibt Anlass zur Hoffnung", findet Brüggemann.
Es sei sehr schade, dass in den vergangenen Monaten viele Klassenfahrten ausfallen mussten, meint Michael Skibbe vom Zentralelternbeirat Bremen. "Kinder machen auf solchen Fahrten wertvolle Erfahrungen", sagt er. Der soziale Aspekt sei für das Klassengefüge sehr wichtig. Neue Klassen könnten sich kennenlernen, bestehende Gruppen enger zusammenrücken. "Das ist eine Bereicherung, die in unserem Schulsystem zum Glück verankert ist", sagt Skibbe. Nach dem coronabedingten Stillstand seien Klassenfahrten außerdem die Chance für einen Neuanfang. Viele Kinder kämen erstmals wieder aus ihrem gewohnten Umfeld raus – für andere sei eine solche Fahrt überhaupt der erste längere Aufenthalt außerhalb des eigenen Zuhauses. "Teilweise entwickeln sich da Leidenschaften, die ein Leben lang halten. Zum Beispiel bei der gemeinsamen Kanutour", sagt der Elternvertreter.
Dass alle ausgefallenen Klassenfahrten nachgeholt werden, bezweifelt Skibbe. Neben ausreichend Platz in den Schullandheimen und Jugendherbergen hapere es wohl auch an den finanziellen Möglichkeiten. Die in einem Jahr für Klassenfahrten bewilligten Gelder könnten nicht einfach auf das nächste Jahr übertragen werden, erklärt er. Einige Schulen müssten sich deshalb möglicherweise auf Tagesausflüge beschränken. "Das ist schade", sagt Skibbe. Dass viele Schulen dennoch wieder Klassenfahrten planen, sei die richtige Entscheidung – auch mit Blick auf die Corona-Lage: "Der Nutzen ist deutlich größer als das Risiko."