Viele Schülerinnen und Schüler müssen sich derzeit noch in Geduld üben: Bisher wurden der Bildungsbehörde zufolge 1800 Geräte an Schüler ausgeliefert, 6700 weitere sind in Zustellung. Die große Mehrheit der Kinder hat ihr Tablet also noch nicht. Insgesamt sollen alle der gut 90.000 Schülerinnen und Schüler in Bremen bis Weihnachten ein I-Pad bekommen – als Leihgerät. Die Auslieferung begann Ende September an vier Pilotschulen in ärmeren Stadtteilen.
Dabei wird die technische Ausstattung fürs Lernen zu Hause immer wichtiger: Die Infektionszahlen sind zuletzt gestiegen und es besteht die Möglichkeit, dass erste Schulen bald auf ein Halbgruppen-Modell wechseln. Am Dienstag vermeldete die Bildungsbehörde neue Zahlen zum Coronavirus an den Bremer Schulen. Demnach wurden zuletzt 162 Schüler und zwölf Lehrkräfte positiv getestet. Zum Vergleich: Vom Gesundheitsamt werden in der Stadt 181 Schulen mit etwa 73.800 Schülern erfasst. Darin enthalten sind Grundschulen, Oberschulen, Gymnasien und Berufsschulen.
Wie viele Lehrer und Schüler derzeit in Quarantäne sind, erfasst das Gesundheitsamt derzeit nicht. Martin Stoevesandt vom Zentralelternbeirat geht davon aus, dass es sich dabei um Tausende Bremer Schüler handeln könnte: „Ich schätze, es geht um eine Zahl im hohe vierstelligen Bereich.“
Einen kleinen Einblick gibt Anke Braunschweiger, Schulleiterin der Wilhelm-Olbers-Oberschule in Hemelingen und Sprecherin der Oberschulleitungen: „Bei uns sind derzeit fünf von 45 Klassen und zehn von 100 Lehrern in Quarantäne“, sagt sie. Braunschweiger hat noch keine Tablets für ihre Schüler bekommen und rechnet täglich mit der Lieferung: „Eigentlich sollten sie bereits am Freitag kommen, die Lastwagen fahren wohl schon durch Bremen.“
Viele Hilfen zur Einrichtung der Tablets
Braunschweiger lobt die Beschäftigten von Bildungsbehörde, Zentrum für Medien und Landesinstitut für Schulen: „Ich bin oft behördenkritisch, aber die Verteilung der Tablets und die Informationen dazu bereitzustellen, das ist ein Monsterprojekt, und das ist super gelaufen“, sagt sie. Es habe viele Erklärvideos und Hilfen zur Einrichtung der Tablets gegeben.
Die Tablets werden den Schülern für ein Schuljahr geliehen und bleiben Eigentum der Schule, ähnlich wie ein Schulbuch. So steht es im Bremer IT-Konzept, das an diesem Mittwoch Thema in der Bildungsdeputation sein soll. Allerdings ist ein I-Pad deutlich teurer als ein Buch. Viele Eltern fragen sich: Was passiert, wenn das Tablet kaputt geht, wer muss dafür aufkommen? „Wenn aus Versehen, auf normalem Weg etwas kaputt geht, dann wird das Tablet durch die Schule ersetzt – bei mutwilliger Zerstörung nicht“, sagt Behördensprecherin Annette Kemp. Eltern müssten haften, wenn ihr Kind grob fahrlässig oder vorsätzlich das Gerät beschädige. Kemp stellt zudem klar: „Die I-Pads zu klauen, lohnt nicht, sie sind generell gesichert.“ Werde ein Gerät gestohlen, könne es durch die Behörde gesperrt werden und fahre dann nicht mehr hoch.
Rund um die Schüler-Tablets gebe es viele Probleme, sagt Elternsprecher Stoevesandt: Eltern müssten eine Überlassungserklärung unterzeichnen, die so kompliziert sei, dass viele nicht unterschreiben wollten. Zudem habe die Behörde für die Geräte keine Versicherung abgeschlossen – doch Schäden, die durch grobe Fahrlässigkeit entstehen, könne man durchaus versichern. Stoevesandt setzt sich dafür ein, dass Eltern für grobe Fahrlässigkeit nicht haften. Er verweist auf weitere Probleme: „Die Wlan-Kapazitäten vieler Schüler zu Hause werden nicht ausreichen“, prophezeit er. „Wir glauben doch nicht ernsthaft, dass die Kupferkabel in Bremens Boden ausreichen, um Zehntausende Schüler parallel im Livestream zu unterrichten.“
Es fehle ein Rahmen der Behörde, wie Distanzunterricht erteilt werden soll, sagt Angelika Hanauer, Vorsitzende des Personalrats Schulen, wie viele Stunden und mit welchem Fokus. Klar ist für sie, dass der normale Unterricht nicht eins zu eins ins Digitale übertragen werden könne, also nicht sechs Schulstunden digital statt sechs Stunden im Klassenraum. „Das ist völlig utopisch“, sagt sie. Dies sei von Lehrern trotz vieler Fortbildungen nicht leistbar, denn digitaler Unterricht müsse anders vorbereitet werden als Lernen vor Ort in der Schule.