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Servicewandel bei der Post Packstation kommt, Postbank geht

Ein Paket loszuwerden wird immer einfacher, eine Postbankfiliale zu finden jedoch immer schwieriger: Deutsche Post und Postbank bauen ihr Servicenetz um. Dabei werden manche Kunden abgehängt.
25.05.2021, 05:00 Uhr
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Packstation kommt, Postbank geht
Von Katia Backhaus

Zuletzt ist es in Horn-Lehe passiert. Eine Postbankfiliale schließt, zurück bleibt eine Packstation. Zwar gibt es in der Nähe eine Partnerfiliale der Deutschen Post, doch die ist nicht barrierefrei. Eine Stufe versperrt Menschen, die auf einen Rollstuhl angewiesen oder mit einem Kinderwagen unterwegs sind, den Zugang. Und damit sind sie auch vom Postbankservice vor Ort abgeschnitten. „Abgehängt“, sagt Michael Breidbach, Sprecher der Seniorenvertretung im Land Bremen. Rund 180.000 Menschen über 60 Jahre leben dort, die Umstellung auf einen digitalen Service fällt nicht allen leicht.

Dafür muss noch nicht einmal ein Computer im Spiel sein. Bei der Nutzung von Automaten, an denen Überweisungen erledigt werden können, gebe es eine hohe Hürde, berichtet Breidbach aus eigener Erfahrung: die Angst vor dem Tippfehler, dem Zahlendreher, der fehlgeleiteten Überweisung. Sicherheit sei für Ältere im Bereich der Bankgeschäfte wichtig. Deshalb stünden sie dem Onlinebanking teilweise skeptisch gegenüber. Und an ein elektronisches Gerät, einen PC oder ein Tablet, traue sich nicht jeder einfach so heran. „Das sind dann schon zwei Hürden“, sagt Breidbach. Er findet deshalb: „Es ist existenziell wichtig, dass man in seinem Stadtteil eine Bankfiliale erreichen kann.“

Deutlich mehr Paketservicestellen in Bremen

Es ist nicht nur die Postbank, deren Filialangebot sich verändert. Auch die Deutsche Post, die ehemals gemeinsam mit Postbank und Telekom das privatwirtschaftliche Aktiengesellschaftstrio bildete, das 1995 aus der Deutschen Bundespost hervorging, betreibt einen Umbau ihrer Standorte. Dabei versucht sie, den Spagat zwischen gesetzlichem Versorgungsauftrag und unternehmerischem Wettbewerb zu schaffen. Bestenfalls entstehen so Innovationen, im schlechtesten Fall Barrieren.

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Die Zahl der Stellen, an denen Pakete versendet und empfangen werden können, ist laut Deutscher Post in den vergangenen 20 Jahren in Bremen und Niedersachsen stark gestiegen. Aber Pakete sind nicht alles. Die Zahlen zeigen auch, dass es heute in Niedersachsen rund 200 Postfilialen weniger gibt als 1999, es sind noch 1307. In Bremen hingegen sind 23 hinzugekommen. Die entscheidende Frage ist also: Für welchen Service gibt es wo ein Angebot? Während die Packstationen bis 2023 von aktuell 7000 auf 12.500 ausgebaut werden sollen und in Nordrhein-Westfalen seit Februar Poststationen getestet werden, die einen 24-Stunden-Service inklusive Videochat bieten, müssen Bremer Briefmarkenfans seit Kurzem nach Burgdamm fahren, weil der Philatelieschalter an der Domsheide geschlossen worden ist. 

Für die Post gilt: „Grundsätzlich werden keine Filialen ersatzlos geschlossen. Nach Möglichkeit eröffnet ein neuer Partner an gleicher Stelle oder in der Nähe eine neue Filiale“, erklärt Laetsch. Das liegt auch daran, dass die Post einen Versorgungsauftrag hat und gesetzlich verpflichtet ist, eine bestimmte Anzahl von Einrichtungen, in denen die Briefbeförderung beauftragt werden kann, vorzuhalten: mindestens eine in Gemeinden ab 2000 Einwohnern sowie in allen Landkreisen je Fläche von 80 Quadratkilometern. In „zusammenhängend bebauten Gebieten“ in Kommunen ab 4000 Einwohnern darf eine stationäre Einrichtung der Post maximal zwei Kilometer entfernt sein. „Diese Vorgaben halten wir bundesweit und flächendeckend seit vielen Jahren ein und übererfüllen sie in vielen Regionen sogar“, versichert Laetsch.

Regeln gibt es auch für Briefkästen. Sie müssen „so ausreichend vorhanden sein, dass die Kunden in zusammenhängend bebauten Wohngebieten in der Regel nicht mehr als 1.000 Meter zurückzulegen haben, um zu einem Briefkasten zu gelangen“, heißt es in der Post-Universaldienstleistungsverordnung. Die Zahl der Standorte schwankt laut Laetsch zwischen 109.000 und 110.000 bundesweit. Je nach Bedarf würden Kästen entfernt oder neu installiert, etwa in Neubaugebieten.

Bei den Postbankfilialen hingegen wird kräftig gestrichen, was daran liegt, dass sie inzwischen nicht mehr zum Team Gelb gehört. 2008 stieg die Deutsche Bank bei dem Finanzinstitut ein, 2020 verschmolzen die beiden Häuser endgültig. Binnen zwei Jahren sollen nun die bestehenden 800 Postbankstandorte auf 700 reduziert werden.

Geht die Postbank, muss die Post auch schließen

In diesen werden häufig auch Postdienstleistungen angeboten. Wie der Supermarkt- oder Kioskinhaber sei in diesen Fällen dann die Postbank der Partner, erläutert die Post-Pressestelle. Insgesamt bieten rund 2600 Partnerfilialen Post- und Finanzdienstleistungen an. Ob das so bleibe, hänge von den Zahlen ab, konstatiert Postbank-Sprecher Oliver Rittmaier: „Wenn diese Leistungen in einer bestimmten Filiale nicht mehr wirtschaftlich nachhaltig angeboten werden können, verständigen sich die Postbank und die Deutsche Post, diese Services aus der Partnerfiliale herauszunehmen.“

War die Postbank auch der Betreiber des Standorts, muss die Zweigstelle geschlossen und die Post anderswo untergebracht werden. Ob das dann ein Handyladen (Bremen-Steintor), ein Supermarkt (Bremen-Findorff) oder ein Buchladen (Kirchweyhe) ist – die Kunden müssen sich damit arrangieren. Und zum Beispiel auch hinnehmen, dass sie Geld künftig an der Tankstelle abheben müssen (Stuhr-Brinkum). Das sei Teil der Rationalisierungsstrategie von Unternehmen, kein Problem der öffentlichen Infrastruktur, urteilt der niedersächsische Verbraucherschützer Philipp Rehberg. Beschwerden über die Postagenturen erhalte er nicht.

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„Dass örtliche Infrastruktur gestärkt werden muss, ist ganz klar“, sagt Thorsten Bullerdiek, Sprecher des Niedersächsischen Städte- und Gemeindebunds. Er spricht mehrere Aspekte an: dass gebündelt werden muss, etwa mit einer Postfiliale im Dorfladen, dass die Nachfrage bestimmter Vor-Ort-Angebote auch eine Generationenfrage ist und dass Themen wie klimaneutrale Verteilwege inzwischen eine Rolle spielen. Aber er findet grundsätzlich, dass das Land benachteiligt ist, wenn es um Post- und Postbankstandorte geht. Bullerdiek wünscht sich ein ausgewogeneres Verhältnis zwischen Stadt und Land. Vielleicht bringe die Corona-Krise, die Homeoffice auf dem Land statt Pendeln in die Stadt ermöglicht, eine Veränderung, hofft er: Die Bedeutung der Dienstleistungen vor Ort könnte wieder steigen.

Zur Sache

Deutsche Bank schließt ein Fünftel ihrer Filialen

Ende April hat die Deutsche Bank ihren Quartalsbericht für die ersten drei Monate des Jahres vorgelegt. Daraus ging auch hervor, dass das Institut seine Kosten mit der Schließung von Filialen und dem Abbau von Personal weiter senken will. Bis zum Jahresende macht das Institut demnach 97 von 497 Standorten im Heimatmarkt dicht – die Schließungen bei der zum Konzern gehörenden Postbank kommen noch dazu.

Der Abbau der Deutsche-Bank-Filialen kostet unterm Strich knapp 1200 Vollzeitstellen. Der Deutsche-Bank-Vorstand hatte im Juli 2019 das Ziel ausgegeben, die Zahl der Vollzeitstellen im Konzern bis Ende 2022 um etwa 18.000 auf weltweit 74.000 zu drücken. Ende März des laufenden Jahres beschäftigte der Konzern 84.389 Vollzeitkräfte und damit knapp 2300 weniger als ein Jahr zuvor.

Den Aktionären machte der Vorstand nach zwei Nullrunden bei der Dividende Hoffnung auf bessere Zeiten. Insgesamt habe die Bank „eine sehr gute Basis, um ab dem kommenden Jahr wie geplant wieder Kapital an unsere Aktionäre ausschütten zu können“, bekräftigte das Unternehmen im Quartalsbericht. Für eine künftige Gewinnausschüttung legte die Bank im ersten Quartal 300 Millionen Euro zur Seite.

2008 hatte die Deutsche Bank laut eigener Darstellung eine Beteiligung an der Postbank erworben, im Februar 2009 besaß sie bereits 25 Prozent des Aktienkapitals. Im Dezember 2010 war die Deutsche Bank zu 52 Prozent an der Postbank beteiligt. 2020 verschmolzen die beiden Finanzhäuser endgültig.

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