Seit 15 Jahren läuft eine Holzheizung bei Familie Krüder. Für zwei weitere Jahre reichen die gestapelten Holzscheite im Keller noch, doch was kommt dann? Die Technik wird älter, das Holz immer teurer. Gas ist für Michael Krüder und seine Frau keine Option, auch unabhängig von der aktuellen Krise wollen sie das nicht. "Deshalb stellen wir uns die Frage, ob wir noch einmal in die Holzheizung investieren sollten oder eine Wärmepumpe infrage kommt", sagt der Informatiker. Um zu prüfen, was in dem Haus machbar wäre, kommt an diesem Tag sein Schornsteinfeger Marco Gabrielli vorbei.
Die Männer und Frauen in Schwarz reinigen schon längst nicht mehr nur den Kamin, sondern nehmen in der Energiekrise zunehmend eine Beraterrolle ein. Viele von ihnen sind inzwischen qualifizierte Energieberater, die über große Investitionen wie die Umstellung von Öl- und Gasheizungen auf regenerative Energien informieren, aber auch kurzfristige Sparmaßnahmen aufzeigen, die oftmals schon durch kleine Justierungen an der Heizungsanlage erzielt werden können.
Laut Bundesverband des Schornsteinfegerhandwerks ist die Nachfrage nach solchen Beratungen deutschlandweit zuletzt stark gestiegen. Das merkt auch Schornsteinfegermeister Marco Gabrielli in Bremen: "Vor der Krise habe ich etwa drei bis fünf Anfragen für Energieberatungen in der Woche erhalten", sagt er. "Inzwischen sind es häufig mehr als 20." Die meisten seiner Kunden treibe die Sorge an, dass Erdgas zum Jahresende knapp oder kaum bezahlbar werden könnte. Deshalb beschäftigten sich viele mit der Frage nach alternativen Heizsystemen oder suchen nach Tipps, wie sie kurzfristig Energie einsparen können.
"Ich habe schon in den 90er-Jahren gedacht, dass wir über unseren Verhältnissen leben"
Von den rund 120 Schornsteinfegern im Land Bremen sind inzwischen etwa drei Viertel Energieberater. In den Gesprächen zeigen die Experten auf, was das Eigenheim derzeit kann und was möglich wäre - das können zum Beispiel auch Gas-Hybridanlagen sein, die in Kombination mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Für viele Verbraucher sei der Schornsteinfeger in Energiesparfragen der erste Ansprechpartner. "Wir kennen unsere Kunden und ihr Zuhause oftmals bereits seit Jahren und sind der Neutralität verpflichtet", sagt Gabrielli, der auch Sprecher der Schornsteinfegerinnung Bremen ist.
So ist es auch bei den Krüders. Seit zehn Jahren ist Gabrielli dort mindestens dreimal im Jahr und schaut nach dem Rechten. Viele Energiesparmaßnahmen, die aktuell Teil der politischen Debatte sind, werden dort schon umgesetzt. So lässt das Paar gerade weitere Wände dämmen, um Wärme besser im Haus zu speichern, und baut eine Flächenheizung ein, die mit einer niedrigeren Vorlauftemperatur betrieben werden kann. Zudem verfügt ihr Eigenheim über eine Solaranlage auf dem Dach, eine Brauchwasseranlage sorgt dafür, dass Toilettenspülung und Waschmaschine mit Regenwasser laufen. "Ich habe schon in den 90er-Jahren gedacht, dass wir über unseren Verhältnissen leben. Unser Zuhause wollten wir deshalb möglichst ökologisch gestalten", sagt Krüder.
Einbau von Wärmepumpen nicht immer leicht
Doch wer als Immobilienbesitzer energetisch auf dem neuesten Stand bleiben will, muss kontinuierlich Geld investieren. Deshalb denkt Krüder über eine Wärmepumpe nach. Sie bezieht einen Großteil der Energie zum Heizen aus der Umwelt, etwa aus der Luft und aus der Tiefe der Erde. Um die Wärme nutzbar zu machen, benötigen sie Strom für Antrieb und Pumpe. Wie berichtet, plant die Bundesregierung eine Offensive zum Einbau von Wärmepumpen als Alternative zur Öl- und Gasheizung – inklusive Förderprogramme.
Doch nicht überall sei das so einfach, erklärt Gabrielli. Das Haus der Krüders ist im dicht bebauten Bremer Viertel angesiedelt. "Eine Bohrung in 60 bis 75 Meter Tiefe ist hier nur unter großer Anstrengung möglich", sagt der Schornsteinfeger. Eine weitere Option stelle das Dach dar. "Da muss man allerdings darauf achten, dass das Geräusch der Wärmepumpe keine Nachbarn stört, denn Emissionsrechte betreffen auch Schall", gibt Gabrielli zu bedenken. Oftmals würden die Pumpen ein sonores Brummen erzeugen, das manche Menschen als störend empfinden.
Michael Krüder hofft deshalb auf die Weiterentwicklung der Wärmepumpen in den kommenden Monaten. Viel eher würde er voraussichtlich sowieso keine bekommen, denn wie berichtet, sind alternative Heizsysteme derzeit vielerorts vergriffen oder das Personal zum Einbau fehlt.
Zusammenarbeit mit Verbraucherzentrale
Manchmal erzielen jedoch auch schon kleine Veränderungen große Wirkung. So hat Michael Krüder etwa für seine Heizkörper bereits vor einigen Jahren elektronische Thermostate angeschafft. "Damit kann man bis zu zehn Prozent der Heizenergie sparen", sagt er. Gabrielli weist zudem darauf hin, dass viele neuere Heizungen, die sehr viel können, trotzdem nur mit den Werkseinstellungen laufen. "Moderne Heizungen können individuell an den eigenen Tagesablauf angepasst werden. Da lässt sich viel Energie sparen", sagt er. Manche Heizungsbesitzer wüssten zudem nicht, dass ihre Anlage während der warmen Jahreszeit auf Sommerbetrieb geschaltet werden könne.
Der Preis für die Energieberatungen richtet sich nach dem Umfang. Einfache Energieberatungen starten bei Gabrielli zwischen 50 und 90 Euro. Energieberatungen bietet auch die Bremer Verbraucherzentrale an. Dort ist die Nachfrage ebenfalls extrem angestiegen. "Wir haben bis Juli bereits so viele Beratungen durchgeführt wie im gesamten vergangenen Jahr", sagt Vorständin Annabel Oelmann. Wie in anderen Teilen der Republik testet deshalb auch die Verbraucherzentrale Bremen dieses Jahr erstmals eine Zusammenarbeit mit den Schornsteinfegern und beauftragt sie bei Bedarf.