Jetzt ist es offiziell: Das Verkehrsschild mit der Nummer 244.3 ist ganz formal das Zeichen für den Beginn einer Fahrradzone. Das steht nun in der novellierten Straßenverkehrsordnung. Der erste so gekennzeichnete Bereich in Deutschland ist ein Teil des Fahrradmodellquartiers in der Alten Neustadt. Am Dienstag richtete Verkehrssenatorin Maike Schaefer (Grüne) mit zahlreichen Mitstreitern vor dem Fahrrad-Repair-Café an der Langemarckstraße, Ecke Neustadtswall, diese Zone ein. „Damit sind wir bundesweit Vorreiter. Bremen war Impulsgeber für diese Möglichkeit, eine Fahrradzone auszuweisen“, sagte Senatorin Schaefer.
Zum Fahrradmodellquartier gehören insgesamt zwölf Straßen und rund 2,5 Kilometer Straßenraum in der Bremer Neustadt. Die neue Beschilderung reduziert laut der Verkehrsbehörde die notwendigen Schilder von 86 bei herkömmlichen Fahrradstraßen auf insgesamt 22 Stück in der Fahrradzone. Das bundesweit erstmals angewandte Verkehrsschild Fahrradzone setzt die Regeln der Fahrradstraße somit in einem kompletten Bereich zwischen der Friedrich-Ebert-Straße und der Langemarckstraße um. In dieser ist unter anderem eine Höchstgeschwindigkeit von maximal 30 Stundenkilometern vorgeschrieben und Radfahrer dürfen nebeneinander fahren. Mehrere Piktogramme auf dem Boden sollen zudem an die Verkehrsregeln erinnern. „Hier hat das Fahrrad Vorrang, das Auto ist nur Gast“, sagte Schaefer.
2016 gaben der gewählte Stadtteilbeirat, der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) Bremen und die Hochschule Bremen den Anstoß, ein Fahrradmodellquartier in der Alten Neustadt in Bremen einzurichten. Insgesamt vier Jahre hat es gedauert, die Idee zu realisieren. Das Verkehrsressort bewarb sich damit erfolgreich, Mittel aus dem Nationalen Klimaschutzinitiative (NKI) zu erhalten, erklärte Michael Glotz-Richter, Referent für Nachhaltige Mobilität in der Behörde. Insgesamt belaufen sich die Kosten auf rund 3,5 Millionen Euro. Der Bund hat das alles mit 2,4 Millionen Euro gefördert. Rund eine Millionen Euro steuerte Bremen selbst bei, fast 100 000 Euro kamen von der beteiligten Hochschule dazu.
Damit konnten Kopfsteinpflasterstraßen mit einer glatten Fahrbahn ausgestattet, das Parken geordnet, Fahrradständer aufgestellt und Querungsmöglichkeiten geschaffen werden. Zudem sind Bikesharing und Lastenradverleih, Luftpump- und Ladestationen für E-Bikes entstanden und die Hochschule richtete das Fahrrad-Repair-Café vor ihrer Tür ein.
Bremen als Vorreiter
Die Fahrradzone reiht sich laut Schaefer in weitere Bremer Vorhaben ein. So sei es die Hansestadt gewesen, die als erste Fahrradstraßen einführte und auch die Regel umsetzte, dass Fahrräder in einer Einbahnstraße in beide Richtungen fahren dürfen. Das Vorhaben sei eine „Hand-in-Hand-Aktion“ mit Ortsamt, Hochschule und ADFC gewesen.
Als einen „besonderen Ort“ und „Baustein für die Zukunft“ bezeichnete Karin Luckey, Rektorin Hochschule Bremen, das Fahrradmodellquartier. Dafür hätten Wissenschaft, Politik, Gesellschaft und Verwaltung bestens zusammengearbeitet. „Die Neustadt ist der Campus, das Reallabor, das wir mitgestalten“, so Luckey. Durch solche Projekte werde die Lebens- und Aufenthaltsqualität sowie der Klimaschutz gesteigert, sagte Sven Eckert, Geschäftsführer des ADFC Bremen. „Ich wünsche mir noch viele Fahrradzonen mehr in Bremen und in Deutschland“, so Eckert.
Das Fahrradmodellquartier gilt als Vorzeigeprojekt: Im Februar 2018 gab es dafür den Deutschen Fahrradpreis in der Kategorie „Infrastruktur“. Auch bundesweit findet das Projekt Beachtung, wie Michael Glotz-Richter aus Gesprächen beim Bundesverkehrsminister berichtet. „Bremen als Fahrradstadt hat nicht nur den höchsten Fahrradanteil, sondern auch die niedrigsten Stickoxidwerte aller deutschen Großstädte mit mehr als 500.000 Einwohner“, sagte Senatorin Schaefer. In Bremen werde rund ein Viertel aller Wege mit dem Fahrrad zurückgelegt.
Die bundespolitische Bedeutung unterstreicht Burkhard Stork, Bundesgeschäftsführer des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs ADFC. In einer Pressemitteilung wird er wie folgt zitiert: „Bremen zeigt anderen Städten und auch dem Bund anschaulich, welchen Stellenwert das Fahrrad hat, wenn man Dieselfahrverbote vermeiden und Staus reduzieren will.“