In Bayern sind sie eine Macht, in Brandenburg sitzen sie im Landtag und bundesweit in zahlreichen Stadt- und Gemeinderäten – jetzt wollen die Freien Wähler (FW) auch in Bremen mitmischen. Voraussichtlich Mitte Oktober wird sich eine Landesvereinigung der FW gründen und Vorbereitungen für die Teilnahme an der Bürgerschaftswahl in die Wege leiten. Entsprechende Informationen des WESER-KURIER hat der Leiter der Bundesgeschäftsstelle, Arnold Hansen, am Donnerstag bestätigt.
Die Freien Wähler sind als Partei aus kommunalen Wählergemeinschaften hervorgegangen. Ihren Inhalten nach sind sie im bürgerlich-konservativen Spektrum zu verorten. Die kommunale Eigenständigkeit gilt den Freien Wählern als hohes Gut, Bürgerbeteiligung und Volksentscheide sollen mehr Gewicht erhalten. Eine gewisse EU-Skepsis ist in der Programmatik nicht zu verkennen. So warnten die Freien Wähler in zurückliegenden Wahlkämpfen auf Länderebene vor „Schuldenunion“ und „Inflationsunion“. Zu den wenigen greifbaren bundespolitischen Aussagen gehört die Forderung nach Rahmenkompetenzen im Bildungsbereich für den Bund.
Bremen ist bisher das einzige Bundesland, in dem die Freien Wähler noch nicht mit einer Landesgliederung vertreten sind. Das soll sich also nun ändern. Nach Hansens Darstellung fand vor wenigen Tagen eine Zusammenkunft mit knapp 20 Interessierten statt, die einen Verband für Bremen und Bremerhaven aus der Taufe heben wollen. Mit von der Partie ist demnach ein alter Bekannter: Olaf Dinné, 82-jähriges politisches Urgestein und 1979 einer der ersten grünen Abgeordneten in einem westdeutschen Länderparlament. Zuletzt hatte sich Dinné bemüht, für die Bürgerschaftswahl im Mai 2019 eine Liste führender Akteure Bremer Bürgerinitiativen zusammenzubringen und damit in erster Linie den Grünen Konkurrenz zu machen, die er als abgehoben und bürgerfern empfindet. Unter den Initiatoren kam es allerdings zu Meinungsverschiedenheiten, Mitte Juni stieg Dinné aus.
Zusammensetzung noch unklar
Zu seinen neuen Ambitionen hält sich Dinné derzeit noch bedeckt. Ja, er habe Kontakt zum FW-Bundesvorsitzenden Hubert Aiwanger gehabt, bestätigt der langjährige Grüne und vormalige Sozialdemokrat. Auch sei es denkbar, dass einige Personen aus dem fehlgeschlagenen Projekt Bürgerinitiativ-Liste dabei sein werden, wenn in Bremen die Freien Wähler aus der Taufe gehoben werden. Voraussetzung des gesamten Projekts sei allerdings eine weitgehende inhaltliche Autonomie für einen solchen Landesverband.
Für die Bürgerinitiativ-Liste hatte Dinné bereits Teile eines Wahlprogramms beigesteuert. Darin nimmt das Thema Stadtentwicklung breiten Raum ein, die Rede ist von „Bauen ohne Flächenfraß“, ermöglicht unter anderem durch Umnutzung nicht mehr benötigter Gewerbebauten. Innenpolitisch wird für eine Aufstockung der Polizei plädiert, in puncto Finanzen für einen sparsamen Umgang mit Steuergeldern und einen Schuldenabbau zugunsten kommender Generationen.
Für den Start der Freien Wähler im kleinsten Bundesland erhoffen sich Arnold Hansen und Olaf Dinné Rückenwind durch die bayerische Landtagswahl am 14. Oktober, der auch große bundespolitische Bedeutung beigemessen wird. Aktuelle Umfragen sehen die Freien Wähler bei zehn Prozent und damit als potenziellen Regierungspartner einer wahrscheinlich arg gerupften CSU.
Ein solches Abschneiden würde die Freien Wählern bundesweit ins Rampenlicht rücken. Hansen formuliert es so: „Ein gutes Resultat würde uns natürlich auch in Bremen Strahlkraft verleihen.“ Die bräuchten die Freien Wähler auch, denn bisher landeten sie bei Wahlen im Land Bremen unter „ferner liefen“. Ohne vor Ort existent zu sein, erzielte die Partei bei der Europawahl 2014 0,3 Prozent und bei der Bundestagswahl im Herbst vergangenen Jahres 0,4 Prozent der Zweitstimmen.