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Zwei Sehnen durchtrennt Wolf soll Pferd im Bremer Umland angefallen haben

Drei Monate nach dem Vorfall in Oberneuland ist der Wolf wieder auf Streifzug. Diesmal hat er im Bremer Umland ein Pferd schwer verletzt.
13.09.2018, 06:00 Uhr
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Von Christine Leitner

Die Wölfe sind zurück. Vor drei Monaten hatte ein Wolf zwei Schafe in Oberneuland getötet und eines verletzt. Einen Monat später soll er wieder auf Streifzug gewesen sein, diesmal durch das Bremer Umland. Das berichtet Karin Burfeind aus Grasberg. Zusammen mit ihrem Mann betreibt sie dort einen Reiterhof. Im Sommer stehen ihre Pferde jedoch auf einer Weide im Blockland, direkt an der Grenze zu Oberneuland. Bei ihrem abendlichen Kontrollgang stand das Tier auf der Weide. „Wir sind wild schreiend auf den Wolf losgelaufen“, erzählt Burfeind. Doch das hat nichts genützt, denn eines der Pferde ist schwer verletzt. „Zwei Sehnen sind durchgetrennt“, sagt Burfeind. Ob das Pferd jemals wieder beim Reitunterricht eingesetzt werden kann, ist fraglich. „Die Wundversorgung ist gemacht, aber die Wunde ist so groß, dass wildes Fleisch nachkommt“, erklärt sie. Dafür muss jedes Mal der Tierarzt gerufen werden, um die Wunde auszuschälen. Das sind alles Kosten, die nicht eingeplant waren.

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Hilfe können sich Betroffene bei den örtlichen Wolfsberatern holen. Henrich Klugkist, Sprecher des Senats für Bau und Umwelt in Bremen rät, nach dem Vorfall einen Wolfsbeauftragten zu informieren. „Der nimmt sich dem Fall an und macht die Erstdokumentation“, so der Sprecher. „Beim Verdacht, dass der Nutztierschaden durch Wölfe verursacht wurde, werden Proben genommen“, erklärt Achim Stolz vom Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN). „Durch den NLWKN erhält der Nutztierhalter im Nachgang die sogenannte ‚amtliche Feststellung‘ der Verursacherschaft des gemeldeten Nutztierschadens“, so Stolz. Im Anschluss erfolge dann die Abwicklung der Billigkeitsleistung.

„Wir dürfen jetzt selbst sehen, wie wir das alles regeln“

Diese richten sich nach der Rasse, dem Alter und Geschlecht des Tieres. Von den Leistungen ist bisher jedoch nichts bei Karin Burfeind angekommen. „Bei uns stellen die sich quer und wir dürfen jetzt selbst sehen, wie wir das alles regeln“, ärgert sie sich. Für die Leistungen, sind DNA-Proben zum Beweis nötig. Auch ein tierärztlicher Bericht sei gefordert gewesen, so Burfeind. Die DNA-Probe konnten sie nicht mehr vorweisen. „Das Wohl des Pferdes war uns am wichtigsten, deshalb haben wir die Wunde so schnell es geht gesäubert. Da hat keiner an DNA gedacht.“ Bei Schafen, Ziegen und Gatterwild könnten Nutztierhalter mit Billigkeitsleistungen des Landes rechnen, wenn ein sogenannter „wolfsabweisender Grundschutz“ vorhanden ist, so Stolz.

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Der Wolf gehört in die Natur, dass die Kinder abends nun nicht mehr alleine auf die Weide gehen können, weil es zu gefährlich ist, das interessiert die zuständigen Behörden nicht. "Damit müssten wir uns abfinden, hat man uns gesagt“, erzählt Karin Burfeind. Auf Kinder und Nutztiere würde keine Rücksicht genommen. „Ich bin der Meinung, der Wolf gehört hier einfach nicht her, weil die Bevölkerungsdichte viel zu groß ist“, so Burfeind. Die Tiere zum Schutz nur noch im Stall einzusperren, ist keine Dauerlösung. Bernhard Kaemena kommentiert: „Wenn es doch nur die Wildtiere wären.“ Doch leider vergreift sich der Wolf an den Nutztieren. Auch für den Hof Kaemena im Blockland ist das eine ungünstige Situation. „Wir hatten zum Glück noch keinen Kontakt mit dem Wolf“, sagt Kaemena. Dafür sei das Blockland zu dicht besiedelt und zu nah an der Stadt gelegen und auch die Wümme biete einen gewissen Schutz.

Belange der Nutztierhalter sollen stärker berücksichtigt werden

Da es sich beim Wolf um eine streng geschützte Art handelt, sind Abschüsse oder gezielte Vergrämungen jedoch nur unter strengen Voraussetzungen des Bundesnaturschutzgesetzes zulässig. „Das heißt, dass eine Ausnahme nur zugelassen werden darf, wenn es keine zumutbaren Alternativen gibt und sich der Erhaltungszustand nicht verschlechtert“, so Stolz. Den Wolfsbestand zu begrenzen ist folglich rechtlich nicht erlaubt. „Weitere Ausnahmen sind aber derzeit in Verhandlung“, sagt Klugkist. Hierfür stehen die Bremer Behörden mit Niedersachsen in Kontakt. Ziel der Landesregierungen sei es, „im Rahmen der Möglichkeiten des europäischen und des bundesdeutschen Rechtsregimes ein effektives Wolfsmanagement zu entwickeln“, erklärt Stolz. Dabei sollen die Belange der Nutztierhalter sowie der Bevölkerung insgesamt stärker berücksichtigt werden.

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Bis die Beschlüsse jedoch in Kraft treten, müssen sich Nutztierhalter selbst um den Schutz ihrer Tiere kümmern. Die Behörden raten zu wolfsabweisenden Herdenschutzmaßnahmen durch Elektrozäune. Durch den Schmerzreiz, ausgelöst durch die Berührung mit dem Zaun, lernten die Wölfe, Nutztiere zu meiden. Zusätzlich eigneten sich Herdenschutzhunde. „Ein Untergrabezaun sollte auf jeden Fall auch angebracht werden“, rät Klugkist. Denn die Wölfe versuchten immer unter dem Zaun einen Tunnel zu graben. „Der Zaun selbst sollte ungefähr 90 Zentimeter hoch sein und bei 20 Zentimetern den Strom laufen lassen“, so Klugkist. Angaben der Behörden zufolge, sei eine wolfsabweisende Einzäunung jedoch nur bei Schafen, Ziegen und Gatterwild notwendig. Rinder und Pferde gelten als wehrhafter und sind deshalb seltener betroffen.

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Für Burfeind stellen diese Schutzmaßnahmen schon aus finanziellen Gründen keine Lösung dar. Auch die Nachbarschaft sei betroffen gewesen, erzählt sie. Auf einem Hof habe der Wolfe drei Schafe gerissen, direkt nebenan sei sogar ein Kalb getötet worden. In Bremen ist der Vorfall in Oberneuland Anfang Juni jedoch ein Einzelfall geblieben, sagt Klugkist. Dass die Wölfe nachts durch die Gegend streifen und dabei auch auf die Weiden im Blockland stoßen, sei normal. Problematisch ist jedoch der Kontakt zum Menschen. „Die Wölfe haben keine Angst vor den Menschen. Ihnen begegnen sie meistens mit Interesse, aber auch Vorsicht“, so Klugkist. Füttern dürfe man die Tiere auf keinen Fall, eine Annäherung der Tiere auf weniger als 30 Meter sei bereits gefährlich, so der Sprecher. Daher müsse die Abwanderung der Wölfe in Bremer Gebiete eingedämmt werden, meint Kaemena. „Das müssen auch die Politik und die Umweltverbände einsehen“, sagt er.

++ Dieser Artikel wurde am 13. September um 12.51 Uhr aktualisiert. ++

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