Das Coronavirus hat auch die Justiz erreicht: Um das Risiko eines Ausbruchs der Pandemie in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Bremen und in der Teilanstalt Bremerhaven zu senken und das dortige Personal zu entlasten, hat Justizsenatorin Claudia Schilling (SPD) eine Reihe von Maßnahmen beschlossen. Einigen Gefangenen beschert dies unerwartet die vorübergehende Haftentlassung. Zugleich haben Land- und Amtsgericht ihren Betrieb eingeschränkt – mindestens bis Mitte April werden nur noch unaufschiebbare Verfahren verhandelt.
Die getroffenen Regelungen für die JVA betreffen vor allem die sogenannten Ersatzfreiheitsstrafen (ESF) und die Besuchszeiten. Ersatzfreiheitsstrafen kommen immer dann zum Tragen, wenn jemand eine Geldstrafe nicht zahlen kann. Als Ersatz dafür muss der oder die Verurteilte dann ins Gefängnis. Nicht selten geht es dabei um eher geringfügige Delikte wie zum Beispiel wiederholtes Schwarzfahren.
Personen, die in Bremen wegen nicht gezahlter Geldstrafen in nächster Zeit zur Ableistung einer Ersatzfreiheitsstrafe geladen werden würden, erhalten – soweit keine Vollstreckungsverjährung droht oder zwingende präventive Gründe dagegensprechen – nun einen Aufschub für ihren Haftantritt bis zunächst 15. Mai 2020, erklärt Justizstaatsrat Björn Tschöpe (SPD). Für Gefangene, die gegenwärtige eine solche Strafe absitzen, wird diese bis zunächst 15. Mai unterbrochen. Sie dürfen die JVA sofort verlassen.
Ebenfalls bis zum 15. Mai wird zudem ab sofort die bisher praktizierte Besuchsregelung in der JVA ausgesetzt. Lediglich Verteidigerbesuche werden weiterhin ermöglicht. „In begründeten Einzelfällen kann die JVA auch darüber hinaus Besuche genehmigen“, so Tschöpe. „Allerdings nur zeitlich begrenzt und – um einer Verbreitung des Virus entgegenzutreten – durch Trennscheiben getrennt.“
Bislang gibt es laut Staatsrat keinen Corona-Fall in der JVA Bremen. Durch die nun getroffenen Maßnahmen wolle man einerseits das Risiko minimieren, das durch neue ESF-Häftlinge oder Besucher das Virus in die Anstalt getragen wird. „Darüber hinaus schaffen wir zudem durch die Unterbrechung der Ersatzfreiheitsstrafe von Gefangenen, die gegenwärtig in der JVA einsitzen, eine Entlastung für die JVA-Beschäftigten sowie Raum, um möglicherweise in Zukunft unter den Gefangenen auftretende Corona-Verdachtsfälle zu isolieren.“
Man wisse, dass gerade die Aussetzung der Besuchsregelungen für die Gefangenen und ihre Angehörigen alles andere als leicht sei, betont Tschöpe. "Angesichts der momentanen Situation ist diese Maßnahme allerdings unumgänglich, um sowohl die Gefangenen als auch die JVA-Beschäftigten zu schützen.“
Land- und Amtsgericht Bremen verhandeln nur dringende Fälle
Ebenfalls betroffen vom Coronavirus ist der Verhandlungsbetrieb am Landgericht und am Amtsgericht Bremen. Nach entsprechender Empfehlung der Präsidenten der bremischen Obergerichte und der Generalstaatsanwältin werden an beiden Gerichten ab sofort Verhandlungen nur noch in unaufschiebbaren Fällen durchgeführt, teilten die Behörden am Dienstag mit. Diese Einschränkung gilt zunächst bis einschließlich 14. April.
Dies bedeutet, dass sowohl das Land- als auch das Amtsgericht unverändert geöffnet bleiben. Eil- und Haftsachen werden weiterhin mit der gebotenen Beschleunigung und – sofern gesetzlich vorgesehen – mit öffentlicher Verhandlung durchgeführt. Die Entscheidung darüber, welche Verfahren als unaufschiebbar gelten, trifft am Landgericht jeweils der/die zuständige Vorsitzende, am Amtsgericht der/die zuständige Richter/in beziehungsweise Rechtspfleger/in.
Alle sonstigen Verhandlungstermine werden aufgehoben. Die Verfahrensbeteiligten werden hierüber im Einzelfall in Kenntnis gesetzt. Gerichtlichen Ladungen ist weiterhin Folge zu leisten, sofern die Betroffenen keine ausdrückliche Abladung vom Gericht erhalten.
Das Landgericht Bremen weist zudem darauf hin, dass Kontakt zur Rechtsantragsstelle für eilige Anträge zunächst telefonisch unter 0421 / 361 4042 aufzunehmen ist. Sofern es hiernach erforderlich sei, das Gericht persönlich aufzusuchen, würden bei dieser Gelegenheit konkrete Termine vereinbart. In sonstigen Fällen bittet das Gericht darum, Anträge und andere Anliegen möglichst schriftlich einzureichen. Dieselbe Regelung gilt für das Amtsgericht. Hier lautet die Kontaktnummer für eilige Anträge 0421 / 3615 9212.
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