Bremen sieht Bedarf, den aktuellen Entwurf zu Änderung des Bundestierschutzgesetzes zu verschärfen. Claudia Bernhard (Linke), Senatorin für Gesundheit, Frauen und Verbraucherschutz, in deren Zuständigkeit auch der Schutz von Nutztieren liegt, will am kommenden Montag 13 Änderungsanträge in Ausschuss für Agrarpolitik und Verbraucherschutz des Bundesrates einbringen. Den Nachbesserungsbedarf hat Bernhard in Abstimmung mit Bremens Landestierschutzbeauftragter Sibylle Wenzel festgestellt. Ob es die Haltungsbedingungen von Tieren betreffe, das Verbot von Tierversuchen oder den Online-Handel von Tieren: „Unsere Anträge machen deutlich, an welchen Stellen das Gesetz noch nicht weit genug geht.“
Der Reihenfolge nach haben die Senatorin und die Landestierschutzbeauftragte die Punkte im 94-seitigen Gesetzesentwurf, dessen erklärtes Ziel es ist, "den Tierschutz bei der Haltung und Nutzung von Tieren umfassend zu stärken", aufgegriffen, bei denen sie Änderungsbedarf sehen. Finden die Anträge im Ausschuss eine Mehrheit, werden die Anträge an den Bundesrat überstellt.
"Anbindehaltung verbieten"
Der Katalog beginnt mit der Forderung nach verbesserten Regeln zum Verbot der Anbindehaltung von Rindern, bei der es sich um „eine rechtswidrige Haltungsform“ handle, die „einen nicht aufschiebbaren und vollständigen Ausstieg“ auch aus der saisonalen Anbindehaltung erfordere. Die vorgesehene Übergangsfrist von zehn Jahren sei deutlich zu lang. Auch für Versuchstiere dürfe es keine Ausnahme von dem Verbot geben. Anbindehaltung könne nach dem Tierversuchsrecht als unerlässlich erachtet werden, dürfe aber "nicht einfach legitimiert" werden.
Gefordert wird auch ein Verbot des Auffliegenlassens von Hochzeitstauben und von Taubenwettflügen. Beides führe "zu länger anhaltenden erheblichen Schmerzen oder Leiden bei den Tauben oder sogar zu deren Tod".
Pflicht zur Videoaufzeichnung
Die Verpflichtung zur Videoüberwachung in Schlachthöfen müsse ausnahmslos auch für kleinere Schlachthöfe gelten, lautet ein weiterer Änderungsantrag: Auch in kleineren Betrieben sei es in der Vergangenheit zu gravierenden tierschutzrechtlichen Verstößen durch hohe "Fehlbetäubungsraten" bei Schweinen, Rindern und Schafen gekommen. Vorgesehen ist, dass Schlachthöfe Aufzeichnungen 30 Tage aufbewahren müssen. Bremen fordert zusätzlich: "Bußgeld bis 50.000 Euro, wenn verpflichtende Videoaufzeichnungen aus dem Schlachthof nicht bereitgestellt werden."
Zugelassen werden solle hingegen "die Ohrspitzenmarkierung freilebender kastrierter Katzen zum Zwecke der Kennzeichnung". So würden Tiere nicht im Zweifelsfall ein weiteres Mal eingefangen, und es lasse sich "erheblicher Stress" für die Katzen vermeiden.
Weitere Verbotsforderungen beziehen sich auf Tierversuche mit dem "Schweregrad schwer" laut EU-Richtlinie und das Halten oder Zurschaustellen "bestimmter Wildtierarten an wechselnden Orten", womit beispielsweise Zirkusse gemeint sind. "Es muss sicher gewährleistet werden, dass bestimmte Tierarten nicht mehr unter solch atypischen Bedingungen leben müssen."
Gleiches Recht für alle Tiere
Bestehende Regelungen für den Online-Handel, wie sie für Wirbeltiere gelten, müssten auf alle Tiere ausgeweitet werden, heißt es unter Berufung auf den Grundgesetzartikel 20a: "Der Staat schützt... die Tiere... nach Maßgabe von Gesetz und Recht..."
Konkretisiert und verschärft wollen Claudia Bernhard und Sibylle Wenzel zudem das Verbot von „Fang- und Vergrämungsmitteln“ für Wirbeltiere sehen, die den Tieren „Schmerzen, Leid und Schäden“ zufügen. Auch die Forderung nach einem Verbot „von Lebendtierexporten in Tierschutz-Hochrisikodrittstaaten“ soll dem Bundesratsausschuss übermittelt werden.
Mit ihrer Kritik an der Novelle liegen Claudia Bernhard und Sibylle Wenzel auf einer Linie mit dem Deutschen Tierschutzbund, der den Entwurf von Ende Mai kritisiert: „Mit dem Gesetzentwurf wird der Anspruch eines Staatsziels Tierschutz unterlaufen und ein Versprechen aus dem Koalitionsvertrag gebrochen. Das ist inakzeptabel.“