Wie geht es weiter mit dem Bordell "Eros 69" in der Neustadt? Über diese Frage ist ein schon länger schwelender Streit zwischen Innen- und Wirtschaftsbehörde neu aufgeflammt. Am Dienstag gerieten Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) und Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt (Linke) bei einem informellen Vorgespräch zur regulären Senatssitzung ungewöhnlich heftig aneinander, wie Teilnehmer berichteten. Mäurer will das "Eros 69" lieber heute als morgen dicht machen, Vogt sieht dafür keine rechtliche Handhabe.
Das "Eros 69" stellt aus Sicht der Innenbehörde schon länger ein Problem dar, weil die Prostitutionsstätte mit dem kriminellen Milieu in Verbindung stehe. Betrieben wird das Haus an der Duckwitzstraße von einer Firma namens Joy Company. Als Geschäftsführerinnen waren bis vor kurzem die Ex-Ehefrau und die Schwester des Delmenhorster "Hells Angels"-Chefs eingetragen. Nach Einschätzung der Behörde zieht Letzterer im Hintergrund die Fäden. Das Wirtschaftsressort sah dies zunächst anders, schwenkte jedoch im März auf die Linie des Innenressorts ein. Zur Begründung hieß es seinerzeit in einer offiziellen Mitteilung, es gebe „neu übermittelte Indizien und Hinweise“ der Polizei. „Die jetzt insgesamt vorliegenden Erkenntnisse reichen in der Gesamtschau aus, um im gewerberechtlichen Verfahren einen bestimmenden Einfluss eines unzuverlässigen Dritten festzustellen.“ Gemeint war der "Hells Angels"-Boss. Vor diesem Hintergrund leitete die Wirtschaftsbehörde den Widerruf der Betriebserlaubnis für das Bordell in die Wege.
Die "Joy Company" reagierte jedoch auf diesen Schritt. Die beiden als "Strohleute" verdächtigten Geschäftsführerinnen wurden abberufen und durch zwei männliche Personen ersetzt. Außerdem wurden die Geschäftsanteile der GmbH durch eine andere Firma erworben, die im ostfriesischen Wiesmoor ansässige "KS Consult". Dieser Vorgang hat aus Sicht der Wirtschaftsbehörde die Lage komplett geändert. "Da es jetzt neue Geschäftsführer gibt, braucht es Hinweise der Innenbehörde, dass diese unzuverlässig sind, um direkt ein erneutes Widerrufsverfahren einzuleiten", sagte Christoph Sonnenberg, Sprecher von Senatorin Vogt, am Donnerstag. Zur Vorlage solcher Hinweise habe man der Innenbehörde eine Frist bis zu diesem Freitag, 18 Uhr, gesetzt.
Eine solche Ansage, die einem Ultimatum gleichkommt, ist im Verkehr zwischen senatorischen Behörden recht ungewöhnlich. Die Reaktion des Innensenators fiel deshalb deutlich aus. Im Gespräch mit dem WESER-KURIER sagte Mäurer, er könne "keine Rationalität im Umgang des Wirtschaftsressorts mit diesem Vorgang erkennen". Sein Haus habe der Wirtschaftsbehörde genügend Hinweise dafür geliefert, dass die Joy Company und das "Eros 69" nach wie vor dem bestimmenden Einfluss des Delmenhorster "Hells-Angels"-Chefs unterliegen. Gegenstand der Zuverlässigkeitsprüfung sei die Betreibergesellschaft. Ein Wechsel der Geschäftsführer rechtfertige deshalb keineswegs die Annahme, dass es in der Joy Company plötzlich seriös zugehe.
Insgesamt ist Mäurer nach eigenen Worten vom Verhalten des Wirtschaftsressorts "maßlos enttäuscht". Er erinnert an eine gemeinsame Erklärung der Senatsressorts für Inneres, Wirtschaft und Bau vom 2. März. Darin sei der gemeinsame Wille bekräftigt worden, alle Möglichkeiten des Straf-, Gewerbe- und Bauordnungsrechts auszuschöpfen, um der organisierten Kriminalität in Bremen entgegenzutreten, die nicht zuletzt durch die 2013 verbotenen "Hells Angels" verkörpert werde. "Es wäre deshalb wichtig gewesen, dass das ,Eros 69' nach der Corona-Pandemie gar nicht erst wieder eröffnet", so Mäurer. Dieser Erwartung sei die Wirtschaftsbehörde jedoch nicht gerecht geworden, denn seit dem 21. Juni ist die Prostitutionsstätte wieder in Betrieb. Seine Erwartungen an das Haus von Kristina Vogt formuliert Mäurer in aller Deutlichkeit: "Das Widerrufsverfahren für die Betriebsgenehmigung des ,Eros 69' muss umgehend wieder aufgenommen werden."
Und nicht nur das: Der Innensenator fordert außerdem, dass die Eröffnung einer weiteren Prostitutionsstätte der Joy Company verhindert wird. Geplant ist sie in einem Gebäude an der Bürgermeister-Smidt-Straße. Die entsprechenden Räumlichkeiten wurden bereits angemietet – behördlichen Erkenntnissen zufolge nicht von dem Unternehmen, sondern vom Delmenhorster "Hells-Angels"-Boss persönlich. Auch in diesem Punkt zeigt sich nach Einschätzung des Innensenators, wer die bestimmende Kraft bei der Joy Company ist.
Aus der Wirtschaftsbehörde verlautete am Donnerstag, man werde "derzeit keine Genehmigung für die Bürgermeister-Smidt-Straße erteilen". Man erwarte von der Innenbehörde, dass sie die Zuverlässigkeit der neuen Geschäftsführer der Joy Company prüft. Bis es Ergebnisse gibt, liege das gewerberechtliche Verfahren auf Eis.