Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Bürgerschafts-Fraktionschef im Gespräsch Röwekamp: CDU muss sich moderner aufstellen

Bürgerschafts-Fraktionschef Thomas Röwekamp soll Spitzenkandidat der Bremer CDU für die Bundestagswahl 2021 werden. Im Interview mit dem WESER-KURIER äußert er sich zu seinen Zielen.
15.12.2020, 05:00 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Röwekamp: CDU muss sich moderner aufstellen
Von Jürgen Theiner

Herr Röwekamp, der CDU-Landesvorstand hat Sie am Montagabend als Spitzenkandidat für die Bundestagswahl 2021 nominiert. Noch vor einem halben Jahr hatten Sie geflunkert, Sie würden an eine solche Bewerbung keinen Gedanken vergeuden. Weshalb zieht es Sie nach Berlin?

Ich habe mit der Entscheidung zu kandidieren sehr lange gerungen. Das hängt damit zusammen, dass ich schon sehr lange in der bremischen Landespolitik unterwegs bin und eigentlich schon vor der letzten Bürgerschaftswahl überlegt hatte, ob ich mein politisches Engagement zurücknehme. Als dann aber Carsten Meyer-Heder mich fragte, ob ich für die Bundestagskandidatur zur Verfügung stehe, habe ich nach reiflicher Überlegung entschieden zu kandidieren. Ich sehe das als spannende Herausforderung in schwierigen politischen Zeiten.

Der Impuls kam also von außen, vom CDU-Landesvorsitzenden?

Genau. Es ist ja bei uns Tradition, dass im Vorfeld einer Wahl der Landesvorsitzende in Abstimmung mit den Kreisverbänden eine Empfehlung ausspricht. Das ist diesmal auch so gewesen, und über diese Empfehlung habe ich mich sehr gefreut.

Lesen Sie auch

Nun gibt es aber mit Elisabeth Motschmann eine amtierende Bremer CDU-Bundestagsabgeordnete, die gern weitergemacht hätte. Warum glauben Sie, die Bremer Interessen in Berlin besser vertreten zu können?

Ich glaube gar nicht, dass ich das besser kann als Elisabeth Motschmann. Allerdings sprechen die Umstände dafür, dass wir uns als Bremer CDU mit einem Team neu aufstellen.

Welche Umstände?

Wir stehen sowohl bei der CDU auf Bundesebene als auch wegen des nahenden Endes der Kanzlerschaft Angela Merkels vor einem großen Umbruch. Da geht es auch darum, die Bremer Interessen sachgerecht zu positionieren und perspektivisch sicherzustellen. Deshalb ist es gut, wenn wir bei diesem Generations- und Führungswechsel von Anfang an dabei sind. Dafür will ich mich gern engagieren, und deshalb halte ich es auch für richtig, dass wir mit einem neuen personellen Tableau antreten.

Frau Motschmann war bei der Bremer CDU die einzige Frau in einer Spitzenposition. Landesvorsitz, Fraktionsvorsitz, Bürgerschaftspräsidentschaft – alles in der Hand von Männern, demnächst auch das Bundestagsmandat. Kann es sein, dass sich die Frauenförderung in der Bremer CDU auf Sonntagsreden beschränkt?

Ich bin sehr dafür, dass wir auch in der CDU die gleichberechtigte Mitwirkung von Frauen verstärken. Das kann aber nicht bedeuten, dass Männer nicht mehr kandidieren dürfen. Am Ende geht es immer darum, für bestimmte Positionen geeignete Bewerberinnen und Bewerber zu finden. Wir haben in der CDU Deutschlands bei der Frauenförderung nicht so sehr das Problem in der Spitze, sondern in der Breite. Wir haben uns als Bremer CDU in den letzten Jahren im Bundestag von Frauen vertreten lassen, zeitweilig sogar doppelt, als neben Elisabeth Motschmann auch Bettina Hornhues Abgeordnete war. Da haben wir auch keine Geschlechterdebatte geführt.

Lesen Sie auch

Würden Sie denn dafür eintreten, dass eine Frau Fraktionsvorsitzende in der Bürgerschaft wird, wenn Sie sich im Frühsommer nächsten Jahres von dieser Funktion zurückziehen?

Mein Verständnis dieses Amtes ist: Man regelt die Nachfolge nicht selbst. Sonst befänden wir uns ja nicht in einer Demokratie, sondern in einer Monarchie. Deshalb halte ich mich aus Nachfolgedebatten raus.

Bis zur Bundestagswahl sind es nur noch neun Monate, Sie müssen jetzt rasch Ihre Kampagne planen. Gibt es schon ein Team, gibt es organisierte Unterstützung aus Wirtschaft und Gesellschaft?

Es gibt jedenfalls viel Unterstützung und Wohlwollen. Das hat mich auch motiviert, mich für die Aufgabe zur Verfügung zu stellen. Ich werde in den nächsten Wochen in den Parteigliederungen unterwegs sein, um für unsere personelle Formation mit Liste und Direktkandidaten für die Bundestagswahl zu werben. Die endgültige Aufstellung erfolgt ja sowieso erst Mitte März auf einer Delegiertenversammlung.

Wie wollen Sie Ihren Wahlkampf inhaltlich angehen?

Wir sind in Bremen bei der Bürgerschaftswahl 2019 stärkste Partei geworden, weil wir auf die richtigen Themen gesetzt haben. Wir wollen die Wirtschafts- und Finanzpolitik in den Vordergrund stellen. Das ist auch in der Vergangenheit ein Schwerpunkt meiner Arbeit gewesen. Es ist darüber hinaus kein Geheimnis, dass die Bildungspolitik in Deutschland meiner Ansicht nach nicht mehr föderal, sondern national gestaltet werden sollte. Da habe ich eine klare Position, für die ich in meiner neuen Funktion werben werde. Es darf nicht vom Geburtsort abhängen, ob ein Kind gute oder schlechte Bildungschancen hat.

Lesen Sie auch

Stichwort Klimapolitik?

Da können wir aus Bremen heraus richtige Impulse setzen. Die Klimapolitik war im zu Ende gehenden Jahr ein Schwerpunkt unserer Fraktionsarbeit. Nicht nur in der Enquetekommission, sondern auch mit einem Positionspapier zur Klimaschutzstrategie und unserem Bemühen, den Bund dazu zu bringen, den Deckel beim Ausbau der erneuerbaren Energien anzuheben. Es muss auch schneller zum Umstieg auf alternative Antriebsformen bei Fahrzeugen kommen. Da ist noch sehr viel Beharrungsvermögen auf dem Berliner Parkett. Kurz gesagt: Bildung, Wirtschaft, Finanzen und Klima sind mir persönliche Anliegen. Ich möchte einen Beitrag dazu leisten, dass sich die CDU auf diesen Feldern moderner aufstellt.

Wenn Sie sich ein Bundestagswahlergebnis malen dürften: Welche Regierungskonstellation gäbe es dann anschließend? Schwarz-grün? Oder hätten Sie gern die FDP als klassischen Koalitionspartner der CDU mit an Bord?

Es würde nach aktuellen Umfragen den Wählerwillen am besten abbilden, wenn es zu einer schwarz-grünen Bundesregierung käme. Beide Parteien haben zurzeit den größten Zuspruch, ihre Themen bewegen die Menschen am meisten. Die Große Koalition ist nach so vielen Jahren ein Auslaufmodell. Sie käme wohl nur infrage, wenn sich die Grünen nicht für eine pragmatische Lösung entscheiden könnten. Aber das Beste wäre, wenn CDU/CSU und Grüne eine Verantwortungskoalition eingehen.

Lesen Sie auch

Die FDP kommt in Ihren Überlegungen nicht mehr vor.

Die FDP ist derzeit inhaltlich und strategisch schwer einzuschätzen. Denken Sie an die Corona-Politik oder ihr Verhalten in Thüringen. Ich glaube zurzeit nicht, dass die FDP für die wichtigen Fragen, die wir bewegen müssen, der richtige Partner ist.

Das Gespräch führte Jürgen Theiner

Zur Person

Zur Person

Thomas Röwekamp (54) ist Fraktionsvorsitzender der CDU in der Bürgerschaft. Der Rechtsanwalt und Notar war in seiner politischen Laufbahn bereits Innensenator und Landesvorsitzender seiner Partei.

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)