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Bremer Parzellisten Karoline Linnert hilft bei Kleingärtner-Krise

Tiefe Krise beim Bremer Landesverband der Gartenfreunde: Die ehemalige Finanzsenatorin Karoline Linnert hilft und führt eine Zukunftskommission an. Was sind die Ergebnisse?
18.10.2022, 05:00 Uhr
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Karoline Linnert hilft bei Kleingärtner-Krise
Von Jürgen Hinrichs

Die Gartensaison ist fast vorüber, noch ein paar Wochen, und die Parzellen in den Bremer Kleingartengebieten werden winterfest gemacht. Dick einpacken muss sich auch der Landesverband, in dem die Gartenfreunde organisiert sind. Er steckt in einer der tiefsten Krisen seiner mehr als hundertjährigen Geschichte. Seit einem Jahr gibt es keine Geschäftsführung mehr. Der Vorstand ist kaum noch arbeitsfähig und verliert nach Informationen des WESER-KURIER demnächst seinen Vorsitzenden, ohne dass bisher eine Nachfolge geregelt werden konnte. Die Folge ist Stillstand, wichtige Fragen bleiben ungelöst. Und das bei einer Organisation mit mehr als 100 Vereinen und rund 17.000 Mitgliedern.

Ein Spiegelbild für die desolate Verfassung der Dachorganisation ist die Führung der Geschäftsstelle. Von 2013 an hat es dort drei Wechsel gegeben. Seit einem Jahr ist die Stelle vakant, es finden sich offenbar keine Bewerber. Auch im Vorstand sind einige Posten bereits längere Zeit nicht besetzt.

Die Erkenntnis, dass es so nicht weitergehen kann, hat im vergangenen Jahr während einer Delegiertenversammlung zu der Entscheidung geführt, eine Zukunftskommission einzusetzen. Das Gremium sollte bis zum Sommer Reformvorschläge machen. Vorsitzende ist die ehemalige Finanzsenatorin Karoline Linnert (Grüne). Im November wird es einen Zwischenbericht geben, kündigt Linnert auf Nachfrage an. Was wird darin enthalten sein?

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"Der Hauptpunkt ist, dass der Vorstand des Landesverbands ständig mit Problemen aus dem Kleingarten-Alltag konfrontiert wird, die von den einzelnen Vereinen selbst angepackt werden müssten", erklärt Linnert. Diese Konstruktion sei einmalig in Deutschland und so nicht mehr haltbar: "Unter solchen Umständen finden sie keine neuen Vorstandsmitglieder." Der Landesverband müsse stattdessen zusammen mit seiner Geschäftsstelle andere Aufgaben wahrnehmen: Konzepte entwickeln, Pressearbeit machen und vor allem engen Kontakt zu Politik und Verwaltung pflegen. Das Wort dafür: Lobbyarbeit.

Wie dringend notwendig diese Arbeit sei, zeigt aus Sicht von Linnert zum Beispiel der seit Jahren schwelende Konflikt um die sogenannten Kaisenhäuser. Die Provisorien aus der Nachkriegszeit, benannt nach dem legendären Bremer Bürgermeister Wilhelm Kaisen, waren zunächst nur ein Dach über dem Kopf – dringend notwendig, weil im Bremer Westen nach der verheerenden Bombennacht im August 1944 kein Stein mehr auf dem anderen war. Von den ursprünglich 1200 "Behelfsheimen" existieren nach Auskunft der Baubehörde noch etwa 1000, rund 150 seien legal bewohnt.

Viele Kaisenhäuser sind völlig marode, und was tun damit? Das ist eine der Fragen, findet Linnert, die der Landesverband stärker als bisher mit Bürgerschaft und Senat besprechen müsste. Bremen hat eine Zeit lang die Abrisskosten übernommen, jetzt aber nicht mehr: Bleiben die Vereine oder einzelne Pächter darauf sitzen? "Die Parzellen werden deshalb oft nicht mehr vergeben", sagt Linnert. Mit der Folge, dass die Häuser immer mehr verfallen.

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Ein Thema für den Kleingartenentwicklungsplan 2025, der gerade von den Behörden erarbeitet wird. Das zweite ist nach Auffassung von Linnert der Umgang mit dem Begleitgrün in den Parzellengebieten – Hecken, Bäume, Grünstreifen, die Flächen der Allgemeinheit sind, also nicht zu den privaten Schrebergärten gehören. Eigentlich müssen sie von den Vereinen gepflegt werden, "die sind damit aber überfordert".

Wolle der Landesverband der Gartenfreunde auf die Entwicklungen maßgeblich Einfluss nehmen, komme er nicht umhin, sich vollkommen neu aufzustellen – "raus aus der politischen Bedeutungslosigkeit und aus der Führungskrise", so die Ex-Senatorin. Doch wie soll das gehen, wenn sich keine Leute finden? "Ich hatte schon Mühe, Mitglieder für die Zukunftskommission zu finden", erzählt Linnert. Im März stehen die Wahlen für den Vorstand an, bis dahin müssen auch Kandidaten für den Vorsitz gefunden werden. Strebt sie selbst an die Spitze? "Nein, auf keinen Fall."

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