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Chaotische Zustände Kleingartengebiet in Gröpelingen: "Es wurde zu lange weggesehen"

Im Kleingartengebiet der "Guten Gemeinschaft" herrschen chaotische Zustände. Der Landesverband der Gartenfreunde Bremen wünscht sich mehr rechtliche Möglichkeiten, um gegen die illegale Nutzung vorzugehen.
13.12.2021, 13:46 Uhr
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Kleingartengebiet in Gröpelingen:
Von Mario Nagel

„Das ist der totale Wahnsinn, was da abgeht“, sagt Klaus Bode, erster Vorsitzender des Landesverbandes der Gartenfreunde Bremen. Anfang November war die "Gute Gemeinschaft", ein Kleingartengebiet in Gröpelingen, wegen etlicher Missstände in die Schlagzeilen geraten. Leer stehende, aber von illegalen Nutzern besetzte Parzellen, Müllberge und offensichtlich als Werkstatt genutzte Kleingärten prägten das Bild des Gebietes, das zwischen der Autobahn 27 und den Schienen der Deutschen Bahn liegt. „In dem Kleingartengebiet ist in den letzten Jahren einiges schiefgelaufen. Es wurde zu lange weggesehen“, sagt Bode.

Bereits vor einiger Zeit musste der Landesverband der Gartenfreunde die Verwaltung vieler Parzellen übernehmen, nur noch einige privat verpachtete Parzellen gehören tatsächlich auch dem Verein "Gute Gemeinschaft". Man habe sich der Verantwortung entzogen, nachdem der Landesverband mehrfach darauf aufmerksam gemacht hatte, dass leer stehende Parzellen wieder neu verpachtet werden müssen, sagt Klaus Bode und fügt an: „Der Vorstand hat uns allen Ernstes gesagt, dass er die leer stehenden Parzellen lieber gar nicht verpachtet, als sie für ein Jahr an den Mann zu bringen, nur um dann wieder nach neuen Pächtern suchen zu müssen.“

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Bundeskleingartengesetz gilt

Der Hintergrund sei klar: Steht eine Parzelle länger als zwei Jahre frei, erlässt die Stadt Bremen dem Verein die Pachtkosten, die der Verein sonst selbst zahlen müsste, wenn die Parzelle nicht verpachtet ist. Tritt ein Pächter von seiner Pacht zurück, müssen erst 24 Monate vergehen, in denen die Parzelle leer steht, ehe die Stadt Bremen die Pachtkosten wieder erlässt. „Dabei steht im Bundeskleingartengesetz, dass Verpächter dazu verpflichtet sind, neue Pächter zu suchen und letztlich auch anzunehmen“, sagt Bode.

Von der Politik wünscht sich der Landesverband mehr rechtliche Möglichkeiten, um gegen illegale Nutzung, Besetzung von leer stehenden Parzellen oder Verwahrlosung vorgehen zu können. Häufig sei ein Problem, dass die im Pachtvertrag eingetragenen Personen gar nicht mehr die Nutzer der Parzellen sind. „Zudem ist es auch schon vorgekommen, dass um die zehn Autos in einem Kleingarten geparkt haben. Wenn dann das Ordnungsamt gerufen wurde, haben die Personen die Autos schnell umgeparkt und das Ordnungsamt konnte gegen den Pächter der Parzelle nichts mehr unternehmen“, sagt Klaus Bode. Es gibt zwar ein Sonderkündigungsrecht für die Verwalter, doch bei dessen Gebrauch würden die Fälle häufig vor Gericht landen – das koste Zeit. Denn die Nachbarn und Pächter der anderen Kleingärten müssten weiter mit den unzufriedenen Umständen zurechtkommen.

Doch selbst für die Parzellen im Kleingartengebiet "Gute Gemeinschaft", dass auch durch laute Feiern oder unerlaubte Tierhaltung und -schlachtung auf sich aufmerksam machte, gebe es inzwischen viele Interessenten. Nach Angaben von Klaus Bode sind einige zuvor leer stehende Parzellen bereits verpachtet, bei anderen Grundstücken würden Gespräche geführt.

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Junge Leute haben Lust auf Garten

Überhaupt sind Parzellen wieder im Trend, das hat auch Peter Dörge beobachtet. Der erste Vorsitzende des Kleingartenvereins am Werdersee sagt: „Zurzeit haben wir keine einzige freie Parzelle. Vor Corona hatten wir immer um die zehn Kündigungen pro Jahr, in diesem Jahr waren es drei.“ Vor allem junge Familien würden die Vorzüge der Kleingartengebiete entdecken. Das bestätigt auch Klaus Bode, der erster Vorsitzender des Kleingärtnervereins Blockdiek ist: „Auch bei uns ist keine Parzelle mehr frei, es gibt nur die Möglichkeit, sich auf der Warteliste einzutragen.“

Der Landesverband der Gartenfreunde Bremen ist für etwa 17.000 Parzellen im Land Bremen verantwortlich, 14.785 von ihnen sind derzeit verpachtet. „Der Rest steht deshalb aber nicht automatisch leer“, sagt Dörge und fügt an: „Wir wissen nur, dass momentan 374 Parzellen länger als zwei Jahre leer stehen.“ Von den übriggebliebenen etwa 1.800 Parzellen seien einige auch privat verpachtet. Parzellen, die weniger als zwei Jahre leer stehen, werden nicht vom Landesverband erfasst.

Dennoch sehen Dörge und Bode die Entwicklung der Kleingärten im Land Bremen auf einem guten Weg. Die vor zwei Jahren größtenteils von den Mitgliedern aufgestellte Gartenordnung werde überall gut angenommen, abgesehen von dem betroffenen Kleingartengebiet in Gröpelingen (Bode: „Das ist leider eine traurige Ausnahme“) gebe es keine gravierenden Probleme. „Und wenn, dann sind das eher Herausforderungen“, sagt Peter Dörge. Er beschreibt die Lage jedenfalls so: 99 Prozent der Parzellen im Land Bremen würden reibungslos genutzt, doch das eine Prozent sorge für 85 Prozent der Mehrarbeit.

Da sehen es beide Männer positiv, dass es derzeit vor allem viele junge Menschen in die Kleingärten zieht. Zumal Dörge und Bode nicht von einer kurzfristigen Beflügelung ausgehen. „Wir dachten erst, dass einige neue Pächter vielleicht schnell wieder abspringen, wenn es keinen Lockdown mehr gibt und der Alltag zurückkehrt. Aber nach kurzer Zeit zeigt sich, dass gerade auch viele junge Leute richtig Lust haben, sich mit dem Kleingarten zu beschäftigen. Da wird einiges an Geld in die Hand genommen“, beobachtet Klaus Bode. Und Peter Dörge merkt an: „Noch ist die Nachfrage nach frei stehenden Parzellen auf jeden Fall deutlich höher als die Nachfrage.“

Zur Sache

Keine höhere Anzahl an Beschwerden

Bedingt durch die Corona-Pandemie hat es in den vergangenen anderthalb Jahren mehr Menschen in die Kleingartengebiete Bremens gezogen. Eine höhere Zahl an Beschwerden habe man deshalb aber nicht festgestellt. Das sagt Jens Tittmann, Sprecher der Senatorin für Klimaschutz, Umwelt, Mobilität, Stadtentwicklung und Wohnungsbau. Demnach würden die Parzellen auch ohne Corona rege genutzt. „Für die Kleingärten ist derzeit wohl eher das Problem, dass sie die hohe Nachfrage nur bedingt bedienen können“, sagt Tittmann. In der Vergangenheit sei es zwar immer mal wieder zu Einsätzen in Kleingartengebieten gekommen, dem Ordnungsamt und auch der Polizei böten sich dabei aber nur bedingte rechtliche Rahmenbedingungen. „Der größte Punkt ist sicher, dass die Ordnungskräfte erst dann tätig werden können, wenn sich jemand an die Polizei wendet“, sagt  Tittmann. Werden Strafen ausgesprochen, handele es sich dann häufig um Ordnungswidrigkeiten. Zu einer Zwangsräumung käme es nur ganz selten. Das hänge mit den rechtlichen Rahmenbedingungen zusammen, die nicht viel mehr hergäben, so Tittmann.

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