Wer etwas wissen will, fragt Google. Die Suchmaschine hat den Alltag vieler Menschen so sehr geprägt, dass daraus ein Verb entstanden ist: googeln. Ein eigenes Verb gibt es für den Umgang mit Chat-GPT noch nicht, aber immer mehr Menschen nutzen diese Anwendung als erste Anlaufstelle für Fragen in allen Lebenslagen. Die künstliche Intelligenz (KI) durchdringt zunehmend den privaten und beruflichen Alltag. Das verändert einiges, bietet Chancen, aber birgt auch Gefahren, wie ein renommierter Bremer Forscher erklärt.
Wie funktionieren Chat-GPT und ähnliche Anwendungen?
Die Anwendungen nutzen KI, um sich mit Menschen in natürlicher Sprache zu unterhalten. Auf Fragen liefern sie sekundenschnelle Antworten. Ein Teilbereich der KI ist das sogenannte Deep Learning (Tiefes Lernen). Dabei werden mittels künstlicher neuronaler Netze, die das menschliche Gehirn nachahmen, Daten verarbeitet. Damit die Ergebnisse von Chatbots umfassend sind, braucht es enorme Mengen von Trainingsdaten – im Fall von Chat-GPT Milliarden Texte aus dem Internet. Über dauerndes Training lernt das Programm die richtigen Muster, um auf Fragen entsprechend zu antworten. "Darin steckt das Wissen der Menschheit, und über den Fragemechanismus ist es greifbar. Das ist noch mal ein riesiger Schritt gegenüber Google", sagt Professor Michael Beetz, der an der Universität Bremen das Institut für Künstliche Intelligenz leitet.
Wie verbreitet ist die Nutzung?
Seit rund drei Jahren ist Chat-GPT verfügbar. In dieser Zeit hat die Nutzung kontinuierlich zugenommen. 43 Prozent der Deutschen haben einer Umfrage zufolge schon einmal Chat-GPT verwendet. Das Meinungsforschungsinstitut You-Gov hatte zuletzt im April Menschen dazu befragt. Bezieht man andere Anwendungen mit ein, liegt die Quote noch höher: In einer repräsentativen Forsa-Umfrage aus dem vergangenen November gaben sich 53 Prozenten der Befragten als KI-Nutzerinnen und -nutzer zu erkennen.
Wofür werden die Chatbots genutzt?
Für Fragen und Hilfe in allen Lebensbereichen. Beetz nennt die Funktion des Reiseführers als Beispiel. Der Chatbot werde mit Informationen zum Ort und den Reisenden – beispielsweise "schlecht zu Fuß" – gefüttert und unterbreite daraufhin einen Plan für das Wochenende. "Das können Sie für alle Aufgaben machen", sagt Beetz. Verschiedene Studien zeigen, dass Chatbots altersübergreifend oft für Informationssuchen und Faktenabfragen genutzt werden. Auch das Erstellen oder Überarbeiten von Textentwürfen wie E-Mails gehört demnach zu den Hauptanwendungszwecken. Mehr als 90 Prozent der Studierenden nutzen laut einer deutschlandweiten Befragung der Hochschule Darmstadt KI-basierte Anwendungen, auch Schüler greifen für Hausaufgaben darauf zurück.
Wie ist die berufliche Nutzung?
Beruflich nutzen in Deutschland bislang etwas weniger Menschen KI-Anwendungen als privat – die Zahlen näheren sich laut verschiedenen Befragungen aber an. Für den KI-Experten Beetz ist klar, dass die Technologie die gesamte Berufswelt verändert beziehungsweise (vor allem in den USA) bereits umfassend verändert hat. Eine wesentliche Entwicklung sei, dass eine neue Generation von Arbeitnehmern gesucht werde. Es gehe um die Fähigkeit, KI zu nutzen, um Aufgaben sehr schnell zu lösen. Beetz zufolge verwenden zum Beispiel Ärzte KI-Anwendungen, um sich über ihnen unbekannte Krankheiten zu informieren.
Was funktioniert gut, was schlecht?
Gut funktionieren Chatbots laut Beetz, wenn es sehr viele Daten und wenig Lücken gibt. Schwierigkeiten hätten die Programme immer dann, wenn das Problem wirklich verstanden werden muss, um eine Lösung zu finden. Beetz vergleicht das mit der Robotik: Ein Roboter könne eine vorgespielte Handlung nachmachen – ihn im Labor so zu programmieren, dass er eine bestimmte Substanz nie zu nahe an eine andere Substanz bringt, sei ungleich schwieriger.
Welche Gefahren drohen?
Experten warnen davor, Informationen von Chatbots ungeprüft zu übernehmen. Auch die Bremer Verbraucherzentrale betont in einem Ratgeber, dass Chatbots bei der Eingabe von Trainingsdaten – die später die Grundlage für die Antworten bilden – nicht immer eindeutig einschätzen könnten, ob es sich um verlässliche Informationen handelt. Beetz weist zudem darauf hin, dass zunehmend mehr Inhalte, die Chat-GPT bei Anfragen durchsucht, selbst durch Chat-GPT generiert seien. "Das Programm lernt also zum Teil die eigenen Fehler", sagt der KI-Experte. Dennoch vertrauen viele Menschen den Angaben fast uneingeschränkt: Nur gut ein Viertel der Nutzer in Deutschland überprüft laut einer Umfrage der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY die Ergebnisse, die KI-Chatbots erstellen.