Die beliebte Gruppe „Aktuelle Einsätze in Bremen. Was ist hier los?“ im sozialen Netzwerk Facebook wird aufgelöst. Grund dafür sind gesundheitliche Probleme des Admins Erhard Monsig - und ein anonymer Anruf.
Am vergangenen Sonntag hatte sich Erhard Monsig, der mit einigen weiteren Bremern die Gruppe hauptverantwortlich betreute, an die rund 20 000 Mitglieder gewandt: Er trete von seiner Funktion als Admin, als Moderator, aus gesundheitlichen Gründen zurück – aber auch wegen eines anonymen Anrufs.
Monsig fühlt sich bedroht. Ein Mann, der seinen Namen am Telefon nicht nannte, hatte vor einigen Tagen bei Monsigs Ex-Frau und seiner Nichte angerufen. Er habe es auch bei Monsig selbst versucht, doch dessen Festnetzanschluss funktioniere gerade nicht. Also suchte der Unbekannte offenbar im Telefonbuch nach dem Familiennamen und sprach Frau Monsig auf den Anrufbeantworter.
Er redete laut, undeutlich, aber in stark forderndem Tonfall. Monsig solle aufhören, ihn in seiner Admin-Funktion zu „verfolgen“. Ob Monsig in der SPD sei oder nicht, sagte der Anrufer, er wisse genau, Monsig habe „ein Problem mit Muslimen“. „Es ist für uns beide offenbar ein gewisser Debattenbedarf vorhanden“, sagte der Mann. Diesen wolle er unter vier Augen klären, „wie sich das unter Männern gehört“.
Anzeige laut Polizei nicht möglich
Erhard Monsig war, bevor er Rentner wurde, politisch für die SPD im Beirat Huchting aktiv. Für ihn ist der Anruf eine Drohung, auch wenn sie nicht offen ausgesprochen wird. Er deutet die Aussagen des Mannes als Ankündigung für Prügel. „Es ist ein sehr schlimmes Gefühl“, sagt der 60-Jährige.
„Meine Frau traut sich schon nicht mehr, mit dem Hund rauszugehen.“ Er hat sich bereits an das Polizeirevier in Huchting gewandt – doch dort habe man ihm gesagt, der Inhalt des Anrufs sei keine Morddrohung, daher sei keine Anzeige möglich. Zudem sei er gescholten worden, weil er einen Tonmitschnitt von der Nachricht auf dem Anrufbeantworter gemacht hatte, so Monsig.
Polizeisprecher Nils Matthiesen kündigte am Dienstag an, die Details des Falls prüfen zu lassen. „Wir nehmen das ernst und werden uns umgehend mit Herrn Monsig in Verbindung setzen.“ Auch werde die Beschwerdestelle hinzugezogen. Grundsätzlich müsse die Polizei entscheiden, ob eine Straftat wie Beleidigung, Nötigung oder Bedrohung vorliegt. Außerdem, ob durch eine Tonaufzeichnung eine Verletzung des vertraulichen Wortes vorliege.
Hetzerische Kommentare nahmen immer mehr zu
Die übrigen Verantwortlichen für die Facebook-Gruppe fürchten nach Erhard Monsigs Austritt offenbar, der Aufgabe nicht mehr gewachsen zu sein. Sie hätten Angst, dass jemand die Gruppe „an sich reißt“ und daraus ein Forum für rechte Hetze macht, erklärt Monsig. Als Rentner hat er die meiste Zeit in die Moderation der Diskussionen gesteckt. „So eine Gruppe darf man nicht einfach so laufen lassen“, sagt er.
In den vergangenen Wochen sei die Hetze gegen Ausländer immer schlimmer geworden. Sehr oft habe er Beiträge gelöscht und Nutzer der Gruppe verwiesen. Wahrscheinlich habe er so auch den anonymen Anrufer gegen sich aufgebracht.
Die Aussagen des Anrufers zeugen zwar nicht von fremdenfeindlichen Motiven. Monsig könnte mit seinen Aktivitäten aber auch andere Gruppen gegen sich aufgebracht haben. So löschte er beispielsweise einen Beitrag eines religiösen Muslims, der schrieb, dass niemand Angst vor dem Islam haben müsse, denn die Muslime würden die Christen beschützen. „Du hast nichts Schlimmes gepostet. Nur so etwas gehört nicht hierher“, schrieb Monsig als Begründung.
Alternativgruppen für Mitglieder
Die Gruppe „Aktuelle Einsätze in Bremen“ beschäftigt sich vor allem mit Polizeimeldungen und soll Bremer vor Gefahren warnen. Doch immer öfter driften Diskussionen ins Grundsätzliche ab, es geht um die Asylpolitik. Wut, Angst und Ausländerfeindlichkeit kommen zum Vorschein. In seinem Bemühen um Neutralität eckte Monsig an. Oft sah er sich zu längeren Erklärungen gezwungen, beispielsweise bei einer Diskussion über sexuelle Belästigung von Frauen durch junge Afrikaner:
„Ich habe in den letzten Monaten viele Asylbewerber kennenlernen dürfen und genau die schämen sich für so was“, schrieb er. Er habe Verständnis für die Sorgen der Menschen, die sich oft um das eigene Sicherheitsgefühl drehen. Aber: „Geschichten durch Hörensagen sind manchmal sehr gefährlich, und viele Leute machen es sich zur Aufgabe, so viele Menschen wie möglich auf ihre Seite zu ziehen.“
Die Mitglieder von „Aktuelle Einsätze in Bremen. Was ist hier los?“ können nun auf Alternativgruppen umsteigen – zum Beispiel „Aktuelle Einsätze Bremen“, „Aktuelle Einsätze in Bremen und umzu“ und „Einsatz in Bremen! Was ist da los?“.