Nach fast sechs Jahren an der Spitze der Bremer Bildungsbehörde gibt Senatorin Claudia Bogedan (SPD) ihren Posten auf. Sie werde zum Ende des Schul- und Kitajahres 2020/2021 von ihrem Amt zurücktreten, kündigte die 46-Jährige am Freitag an. Sie übernimmt im Herbst die Geschäftsführung der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung. Dort hatte sie bereits als Leiterin der Forschungsförderung gearbeitet, bevor der damalige Bürgermeister Carsten Sieling (SPD) sie nach Bremen holte und in den Senat berief.
Die Personalie kommt auch für viele politische Akteure überraschend, mit einem Ausscheiden der Bildungssenatorin zur Mitte der Legislaturperiode hatte kaum jemand gerechnet. In den Vorgang war nur ein sehr kleiner Kreis vorab eingeweiht.
Claudia Bogedan war die eigentliche Überraschung, als Carsten Sieling 2015 seinen Senat formierte. Ohne administrative Erfahrung übernahm sie ein schwieriges Erbe – die rote Laterne, mit der Bremen seit vielen Jahren aus diversen Bildungs-Rankings hervorgeht. Seither hat sich einiges getan. Es entstanden viele neue Kita-Plätze, Schulneubauten wurden auf den Weg gebracht, Schulsozialarbeit und die Ausstattung von Kitas in schwierigem Umfeld gestärkt. Der Bildungsetat stieg in der Ära Bogedan so stark wie nie zuvor, im vergangenen Doppelhaushalt überschritt er erstmals die Milliardengrenze. Auch in der Digitalisierung des Unterrichts kam Bremen voran, gerade im Zeichen der Corona-Pandemie. So wurden 2020 kurzfristig 90.000 Tablet-PCs für die Schüler beschafft – ein Vorgang, der bundesweit Beachtung fand. Gleichwohl stand Bogedan auch häufig in der Kritik. So wurde sie zuletzt unter anderem von der Lehrergewerkschaft GEW massiv angegangen, als die Grundschulen wieder bei voller Klassenstärke in den Präsenzunterricht zurückkehrten, ohne Maskenpflicht für die Schüler.
„Nicht gedacht, dass ich hier so viel bewegen kann“
Im Gespräch mit dem WESER-KURIER trat Claudia Bogedan jedoch dem Eindruck entgegen, sie sei amtsmüde oder von der Kritik zermürbt. „Ich hatte viel Freude in meinem Amt und hätte anfangs nicht gedacht, dass ich hier so viel bewegen kann“, sagte die scheidende Senatorin. Nun habe sie sich jedoch für eine neue berufliche Herausforderung entschieden und könne „etwas Geordnetes übergeben“. Die Mitte der Legislaturperiode sei hierfür ein guter Zeitpunkt. Ihren Rücktritt begründete Bogedan auch mit den Folgen der Corona-Pandemie, die viel Kraft gekostet und in manchen Fällen zu Dissens geführt habe. „Akteure, die vormals zum Beispiel im Bündnis für Bildung gemeinsame Ziele entwickelt haben, stehen sich nun mit unterschiedlichen Interessen gegenüber“, schreibt die Bildungssenatorin in einer persönlichen Erklärung.
Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) bedauerte Bogedans Entscheidung. „Bremen verliert mit Claudia Bogedan eine Bildungssenatorin, die sich in den vergangenen sechs Jahren mit großartigem Engagement für Kinder und Bildung im Land Bremen eingesetzt hat“, so Bovenschulte. Ähnlich klang es aus anderen Teilen des Regierungslagers. Bogedan habe „der Bildungspolitik in Bremen in den letzten sechs Jahren den Stellenwert verschafft, die sie verdient“, urteilte etwa SPD-Fraktionschef Mustafa Güngör. Die Grünen lobten unter anderem „die gewissenhafte Umsetzung der schulischen Inklusion“. Zu einer positiven Bewertung der vergangenen sechs Jahre kommt auch die Handwerkskammer, denn: „Frau Bogedan steht dafür, dass die zum Teil marode Berufsschullandschaft in Bremen erneuert und die Ausbildungsinhalte an die Herausforderungen der Zukunft angepasst werden“, sagte Vorstandsmitglied Basem Khan.
CDU fordert schnellen Abgang
Die CDU ist nicht damit einverstanden, dass Claudia Bogedan nach ihrer Rücktrittsankündigung noch bis zum Sommer im Amt bleiben will. Sie fordert einen schnellen Schnitt, seien doch „die Unterschriften einer Senatorin auf Abruf ab dem heutigen Tag nicht mehr viel wert“, so Yvonne Averwerser, bildungspolitische Sprecherin der Christdemokraten in der Bürgerschaft. Aus Sicht der FDP kommt der Rückzug der Senatorin zur Unzeit. Die Entscheidung für eine berufliche Veränderung verdiene zwar Respekt, sagte Fraktionsvize Hauke Hilz. Es bleibe allerdings die Frage, „ob es mitten in einer Krise, in der sich die Bildungsnachteile für die junge Generation täglich verschärfen, der richtige Zeitpunkt ist, die Verantwortung für die senatorische Behörde abzugeben“.