Damit hätte wohl niemand gerechnet – nicht so und nicht jetzt. Schließlich hat es in den vergangenen sechs Jahren schon mehr als genug Anlässe gegeben, um das Amt der Bildungssenatorin aufzugeben. Bildungspolitik ist in Bremen ein Minenfeld. Diverse Bildungssenatoren und -senatorinnen kamen, scheiterten grandios und gingen.
Was in Kaiserslautern die fußballerischen Leistungen des einstigen Bundesligisten 1. FCK sind, sind in Bremen die Ergebnisse der Pisa-Studien: Nach 20 (!) Jahren miserablen Abschneidens tritt unweigerlich ein gewisser Gewöhnungseffekt ein, die nicht-bremische Verwandtschaft frotzelt gerne. Und wenn es nicht die Pisa-Studie ist, ist es der Bildungsmonitor oder sind es die Bildungstrends. Der „Spiegel“ berichtete vor zwei Jahren über „abgehängte Hanseaten“.
Es war allerdings nicht Claudia Bogedan, die bessere Ergebnisse verschlechtert hat – Ausnahmen (Bildungsmonitor 2018) bestätigen die Regel. Spätestens nachdem in allen Ausmaßen klar geworden ist, welches schwere Erbe in Bremen anzutreten und wie verloren der Posten im Bildungsressort ist, hätten andere das Handtuch geworfen.
Die Sozialdemokratin hielt länger durch als eine Wahlperiode und überlebte damit Bürgermeister Carsten Sieling, der sie nach Bremen geholt hatte. Das mag ihr den Abschied zusätzlich erleichtern. Das Verhältnis zu Andreas Bovenschulte ist ein anderes. Politisch mögen die beiden auf einer Linie sein. Aber ihren Staatsrat Jan Stöß soll ihr der Bürgermeister verordn ... ans Herz gelegt haben.
Claudia Bogedan lässt massive Probleme zurück
Claudia Bogedan hat massive Probleme geerbt, sie lässt massive Probleme zurück: Es fehlt an Lehrerinnen und Lehrern, weiterhin auch an Geld, obwohl der Finanzetat erheblich aufgestockt worden ist, vor allem fehlt es an durchschlagenden Erfolgen. Sicher: Es gibt hervorragende Schulen, außergewöhnliche Projekte, Absolventen, die auch in Bayern ein Einser-Abi gemacht hätten. Aber es gibt auch das ganze Gegenteil. Dass Rot-Grün 2019 die Linken beteiligen musste, um regieren zu können, ist auch eine Folge massiver Kritik an rot-grüner Kinder- und Bildungspolitik. Das Anschwellen des Bildungsetats von 2019 an war nicht allein Claudia Bogedans Verdienst, sondern ein letzter Kraftakt der SPD, um Wähler zu gewinnen.
Dann das Virus: Zwar hat Bremen mit der Anschaffung von etwa 90.000 Tablets für Schüler und Lehrer überregional von sich reden gemacht. Doch noch fehlt der Nachweis, inwiefern das den Schülerinnen und Schülern tatsächlich nützt, gerade jenen, in deren Haushalt ein solches Gerät vorher nicht verfügbar war. Die Schulen blieben in Bremen geöffnet, gegen die Empfehlung der Bund-Länder-Konferenz. Wie in anderen Bundesländern polarisieren bildungspolitische Entscheidungen unter Pandemie-Vorzeichen besonders. Was man macht, ist falsch, der Ton ist rau.
Ein Teil der Schüler, Eltern und Lehrer fordert Schulschließungen oder Halbgruppen, Test- und Maskenpflicht, andere Schüler, Eltern und Lehrer protestieren oder klagen dagegen. Die Koalitionsparteien waren sich teilweise uneins. Der finanzielle Rahmen hat sich durch die Corona-Krise verengt – die Aussichten sind trübe im Quadrat.
Claudia Bogedan hat nichts falsch gemacht, konnte aber auch nicht glänzen
Die Fassung hat Claudia Bogedan immer bewahrt. In der Öffentlichkeit hat sie stets eine gute Figur gemacht, das muss man ihr lassen. Aber sie hat keinen Hebel gefunden, um eine Behörde zu reformieren, die als dringend umkremplungsbedürftig gilt. Die Lage hat sich nicht verbessert, seitdem 2015 das Politikfeld Kinder angegliedert wurde. Die Senatorin bekam damit eine weitere Großbaustelle aufgebürdet: den Kita-Ausbau. Für viele war das eine Fehlentscheidung, die sich bis heute rächt.
Claudia Bogedan war die Elfte in einer Reihe von Bildungssenatorinnen und -senatoren, sämtlich SPD. Was bleibt von der Elften? Sie hat sich eifrig bemüht, könnte in ihrem Zeugnis stehen. Die Kopfnoten – Fleiß, Betragen und Mitarbeit – durchweg tadellos. Sie hat sich nichts vorzuwerfen, sie hat nichts falsch gemacht, aber glänzen konnte sie nicht. Da fehlte der Mumm, da fehlte vermutlich auch die Unterstützung aus der Partei. Der „Spiegel“ zitiert im eingangs erwähnten Artikel den Schulminister eines Flächenlands, der anonym bleiben wollte: „Ich möchte in Bremen nicht Bildungssenator sein, da kann man nur verlieren.“