Der Verkehr ist ein viel diskutiertes Aufregerthema in Bremen. Der Ausbau oder die Verlegung von Straßenbahnlinien, Einbahnstraßen, Verkehrsversuche oder ein Umbau der Domsheide – es wird viel geplant, erörtert und debattiert. Der Bremer Linksfraktion dauert das zu lange. "Der Prozess stockt, uns geht das nicht schnell genug. Die Themen werden auf die lange Bank geschoben", sagt Ralf Schumann, Sprecher für Verkehr bei den Linken. Mit Blick auf den "dringenden Handlungsbedarf, den etwa die Enquetekommission in diesem Sektor aufzeige", müssten die Gespräche zur Fortschreibung des Verkehrsentwicklungsplans (VEP) wiederaufgenommen werden. Diese ruhen seit Monaten. "Die Klimasituation ändert sich nicht, wenn sich in Sachen Verkehr nichts tut", sagt Schumann. In einem zehnseitigen Positionspapier drückt die Fraktion nun aufs Tempo. Ein Überblick.
Ticketfreier (kostenloser) Nahverkehr: Es ist die zentrale Forderung in dem Positionspapier: Das Fahren mit Bus und Bahn soll im Stadtgebiet für alle Nutzer ticketfrei werden. Das schließt laut Schumann auch Bremen-Nord mit ein. Durch eine Änderung der Finanzierung soll der Nahverkehr dann ohne Fahrscheine funktionieren. "Dadurch sichern wir die gesellschaftliche Teilhabe und die Möglichkeit für jeden, am öffentlichen Leben teilzunehmen", sagt Schumann. Um diese Ziele zu erreichen, werde ein neues, ticketunabhängiges Finanzierungsmodell der Nahverkehrsbetriebe benötigt.
Finanzierung: Ein wesentlicher Eckpfeiler, um den ticketlosen ÖPNV zu finanzieren, könnte die Grundsteuer sein, sagt Schumann. Berechnet werde die Grundsteuer nach dem Grundstückswert und einem Prozentsatz, der zwischen Ein- und Zweifamilienhäusern sowie allen restlichen Nutzungen unterscheidet. Für die Haushalte ergeben sich dadurch automatisch eine soziale Staffelung. Das Geld soll aber auch aus anderen Quellen kommen. Alternativ könnte eine Gebühr für Betriebe über die Gewerbesteuer erhoben werden, die von Touristen pro Übernachtung gezahlte City-Tax könnte durch einen Mobilitätsanteil erhöht werden und eine Abgabe bei Großveranstaltungen würde die anreisenden Auswärtigen berücksichtigen. Ein wesentlicher Teil der Finanzierung soll durch die Parkraumbewirtschaftung erbracht werden. Etwa ein Viertel des notwendigen Budgets (circa 50 Millionen Euro pro Jahr) könne darüber erbracht werden. Ähnliche Ideen gab es bereits von den Grünen. Die SPD hatte einen Mobilitätszuschlag, der über die Grundsteuer eingezogen wird, vorgeschlagen.
Ausbau des ÖPNV: Damit der Umstieg vom privaten Auto auf den öffentlichen Nahverkehr gelinge, müsse das Angebot der Bremer Straßenbahn AG (BSAG) massiv ausgebaut werden, sagt Verkehrspolitiker Schumann. Dafür werde ein 7,5-Minuten-Takt auf allen Hauptlinien in den Kernzeiten von 6.30 bis 20.30 Uhr benötigt. Bis 0.30 Uhr sollen Busse und Bahnen dann im 20-Minuten-Takt fahren, bis 3 Uhr dann im Halbstundentakt. Der Plan der Linken sieht zudem vor, dass zahlreiche Bahnstrecken verlängert und schlecht angebundene Quartiere wie Bremen-Nord, Oslebshausen, Woltmershausen, Osterholz oder Findorff angefahren werden. Dafür könnten alternative Angebote wie Quartiersbusse geschaffen werden.
Weiterentwicklung BSAG: Wenn es nach den Linken geht, soll die BSAG zu einer multimodalen Dienstleisterin entwickelt werden. Das bedeute, dass sie durch Kooperation mit anderen Mobilitätsdienstleistern neben Bus und Bahn auch auf Car-, E-Scooter- und Bike-Sharing anbieten soll.
Car und Bike-Sharing: Es brauche große Stationen, die für verschiedene Formen der Mobilität (Ausleihmöglichkeiten, Lade- und Reparaturmöglichkeiten, Abstellflächen) sowohl verstärkt in Quartieren mit hohem Parkdruck, aber auch in den abgelegeneren Gebieten eingerichtet werden. Um weitere Möglichkeiten zu schaffen, müsse das geplante Mobilitätsortsgesetz "schnellstmöglich" umgesetzt werden.
Fährverkehr: Über die Weser sollen mehr Transportschiffe fahren. Zudem sollen die vorhandenen Fähren besser in den Nahverkehr integriert werden. "Wir leben am Wasser, daraus kann man mehr machen", sagt Schumann.
Elektrobusse: Weil das Planen und Umsetzen von neuen Straßenbahnstrecken lange dauert, schlagen die Linken eine sofortige Investition in Elektrobusse vor. Diese seien direkt einsatzfähig.