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Bearbeitungsrückstand 15.622 unerledigte Fälle bei der Polizei Bremen

Seit Jahresbeginn arbeitet die Bremer Polizei intensiv daran, die Halde unerledigter Fälle abzubauen. Durchaus mit Erfolg, doch eine andere Entwicklung torpediert das bisher erzielte Ergebnis.
31.08.2022, 05:00 Uhr
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15.622 unerledigte Fälle bei der Polizei Bremen
Von Ralf Michel

Als Anfang des Jahres die Halde unerledigter Ermittlungsfälle bei der Polizei mit 17.575 eine neue Rekordmarke erreicht hatte, riefen Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) und Polizeipräsident Dirk Fasse zum Abbau dieser Bearbeitungsrückstände eine Projektgruppe ins Leben. Deren Abschlussbericht liegt nun vor. Demnach kann die Polizei durchaus Erfolge vorweisen. Von der damaligen Forderung des Innensenators – "In einem halben Jahr will ich diese Halde nicht mehr sehen!“ – ist sie allerdings nach wie vor weit entfernt. 15.622 Fälle weit, genau genommen. Hinzu kommen 3275 Fälle, die in der Kriminaltechnik auf Bearbeitung warten.

Durch mehrere Sofortmaßnahmen konnten bis Ende Juli rund 6.100 Vorgänge aus den Bearbeitungsrückständen abgearbeitet werden, heißt es in dem Abschlussbericht, der am Mittwoch in der Innendeputation vorgelegt wird. Die Polizei wertet dies als "deutliche Reduktion" und bezeichnet die durchgeführten Maßnahmen als erfolgreich. Leider jedoch spiegele sich dies in der Monatsübersicht der Bearbeitungsrückstände nicht "in vollem Umfang" wieder. Was ein Blick in die angesprochene Tabellenübersicht bestätigt. Dort nämlich stieg die Zahl der unerledigten Fälle bis März sogar auf über 18.500 an und sank dann bis Ende Juli auf 15.622, also "nur" auf knapp 2000 weniger als Anfang des Jahres.

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Dafür gibt es laut Polizei vor allem zwei Ursachen: Zum einen habe sich die Abbaugeschwindigkeit aufgrund der Urlaubszeit sowie coronabedingter Personalausfälle reduziert. Zum anderen verzeichnete die Bremer Polizei seit Jahresbeginn den höchsten Fallzahleneingang der vergangenen fünf Jahre. Die Eingangszahlen 2022 lägen damit auch deutlich über den Eingangszahlen vor der Pandemiezeit. Die derzeitige Halde gehe deshalb mitnichten auf den fehlenden Arbeitseifer der Mitarbeiter zurück. Im Gegenteil: Die sogenannte Pro-Kopf-Vorgangsbelastung der Polizei Bremen beziehungsweise der Kriminalpolizei sei als "überproportional hoch" zu bewerten.

"Nicht der Idealzustand"

Fazit des Abschlussberichts: Angesichts dieser angespannten Gesamtlage sei der bislang erzielte Rückgang zwar als Erfolg zu werten, entspreche aber noch bei Weitem nicht dem angestrebten Idealzustand. Aus diesem Grunde wurden die personellen Sofortmaßnahmen zum Abbau der Bearbeitungshalde um ein halbes Jahr bis Anfang April 2023 verlängert.

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Ein eigenes Kapitel widmet der Abschlussbericht den Bearbeitungsrückständen der Kriminaltechnik. Hier werden Vorgänge bearbeitet, bei denen Sachbearbeiter eines Ermittlungsverfahrens ein kriminaltechnisches Gutachten in Auftrag geben. Insgesamt steht für 2022 ein leichter Rückgang der unerledigten Fälle zu Buche. Zunächst sank deren Zahl von 3400 (Januar) um fast zehn Prozent auf 3106 (Ende Mai), seither ist sie bis Ende Juli wieder auf 3275 angestiegen. 

Erreicht worden sei der Rückgang durch mehr Personal unter anderem bei den  Sachverständigen im Bereich Chemie, die für die Untersuchung von Drogenfunden zuständig sind. Neben dem eigentlichen Abbau der Fallzahlen habe aber auch die Bearbeitungszeit für bestimmte Priorisierungsstufen spürbar verkürzt werden können. "Besonders priorisierte Vorgänge, wie Haftsachen, werden verlässlich innerhalb von acht Wochen bearbeitet." Der erneute Anstieg der Bearbeitungsrückstände seit Juni liegt  laut Innenressort in der starken Steigerung der Vorgangszahlen im Bereich der Videoforensik begründet. Dabei gehe es vor allem um Diebstahlsanzeigen von Geschäften, denen eine Videoaufzeichnung als Beweismittel anhängt. Diese Vorgänge würden derzeit von der zuständigen Fachabteilung innerhalb der Polizei schneller bearbeitet und führten dadurch zu einem höheren Bedarf an Auswertungen von Videoaufzeichnungen durch die Kriminaltechnik.

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"Unvorhersehbare Vakanzen"

Die Abbaugeschwindigkeit der Rückstände in der Kriminaltechnik entspreche aber  insgesamt nicht der gewünschten Intensität, zieht der Abschlussbericht auch für diesen Bereich ein negatives Resümee. Grund dafür seien unter anderem unvorhersehbare personelle Vakanzen, etwa durch Kündigungen, Elternzeitanträge oder Elternzeitverlängerung. Die zuständige Direktion habe aber bereits  Gegensteuerungsmaßnahmen in die Wege geleitet wie die kurzfristige Nachbesetzung der freien Stellen, die Prüfung der Optimierung und Ausweitung von Fremdvergabemöglichkeiten oder auch erweiterte Absprachen mit der Staatsanwaltschaft über "Alt-Fall-Regelungen". "Ziel ist weiterhin, dass im Laufe des Jahres 2023 die über Jahre angewachsenen Bearbeitungsrückstände der Kriminaltechnik nahezu vollständig abgebaut sind."

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