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Gewerbeentwicklung Koalition streitet um weitere Gewerbegebiete in Bremen

Bremen hat zu wenig Gewerbefläche, beklagen die Wirtschaftsbehörde und Immobilienentwickler. Deshalb sollten neue Gebiete ausgewiesen werden. Das Bündnis lebenswerte Stadt und die Grünen sind dagegen.
30.08.2021, 05:00 Uhr
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Koalition streitet um weitere Gewerbegebiete in Bremen
Von Jürgen Hinrichs

Bremen droht ein Wettbewerbsnachteil, weil es in der Stadt nicht mehr genügend Gewerbeflächen gibt. Nach der Sommerpause sollte deshalb der Entwurf für ein neues Entwicklungsprogramm vorgelegt werden. Das verzögert sich aber, wie die Wirtschaftsbehörde mitteilt. In der Regierungskoalition schwelt der Streit, in welchem Umfang weitere Gewerbegebiete ausgewiesen werden sollen. Die Grünen sind dafür, eher in den Bestand zu investieren und den Flächenverbrauch zu minimieren. SPD und Linke fordern auch neue Standorte.

Die Zeit drängt, wenn Bremen die Nachfrage der Unternehmen weiterhin bedienen will. Ein Beispiel ist das 30 Jahre alte Güterverkehrszentrum (GVZ) in Bremer-Strom. Es steht mit einer Größe von 475 Hektar an der Spitze in Europa, kann demnächst aber keine Firmen mehr aufnehmen, weil alles belegt ist. „Wir sind im Grunde ausverkauft“, sagt Ralph Sandstedt, Geschäftsführer der GVZ Entwicklungsgesellschaft. Die wenigen noch freien Flächen seien bereits von Kunden angefragt. „Nachverdichten können wir kaum, dafür müsste abgerissen und neugebaut werden“, erklärt Sandstedt. Die einzige Möglichkeit, wirksam zu erweitern, sieht der Geschäftsführer im angrenzenden Neustädter Hafen, in Niedervieland und auf der anderen Weserseite in den Industriehäfen, wenn die geplante Flussquerung vollendet ist.

„Die Situation ist grenzwertig“, sagt Björn Sundermann, der beim Bremer Immobilienberater Robert C. Spies für Industrieansiedlungen zuständig ist. Er habe Kunden bereits absagen müssen. „Wenn es um Flächen von 20.000 Quadratmetern oder mehr geht, gibt es weder aktuell ein Angebot noch perspektivisch“, beklagt der Geschäftsführer.

Neben dem GVZ seien auch die anderen großen Gewerbegebiete in Bremen mehr oder weniger voll. Sundermann hält es deshalb für elementar, dass der Gewerbepark Hansalinie „schnellstmöglich“ ausgebaut wird. Fast noch wichtiger sei das geplante Gewerbegebiet Achim-West: „Das ist eine der größten infrastrukturellen Chancen, die wir haben.“ Bremen müsse mit der Stadt Achim, dem Landkreis Verden und dem Land Niedersachsen an einem Strang ziehen, damit die für die Region zwingend erforderlichen Flächenreserven gehoben werden können.

Große Hoffnung, dass das tatsächlich passiert und die 90 Hektar zügig zur Verfügung stehen, hat Sundermann nach eigenem Bekunden nicht. Wie berichtet, schwindet die politische Mehrheit. Nach Einschätzung von Achims Bürgermeister Rainer Ditzfeld (parteilos) steht das 150-Millionen-Projekt mittlerweile auf „ganz, ganz wackeligen Füßen“.

Robert C. Spies kann beim Vertrieb von Bremer Logistik- und Industrieflächen für die ersten sechs Monate dieses Jahres ein Rekordergebnis vermelden, das mit 290.000 Quadratmetern knapp so hoch liegt wie im gesamten vergangenen Jahr. Da aber das meiste davon auf die Größenklasse ab 10.000 Quadratmetern entfällt und solche Grundstücke nach Sundermanns Aussage in Zukunft kaum noch zur Verfügung stehen, wird es voraussichtlich so schnell keinen Rekord mehr geben.

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Die Bremer Wirtschaftsbehörde lässt konkrete Fragen des WESER-KURIER zum Beispiel nach Achim-West und dem Potenzial weiterer Gewerbestandorte in Bremen unbeantwortet. Das Ressort von Senatorin Kristina Vogt (Linke) nimmt lediglich zum Zeitplan für das Gewerbeentwicklungsprogramm Stellung: „Das ist ein komplexer Prozess, der von großem öffentlichen Interesse ist und einen angemessenen politischen Abstimmungsprozess erforderlich macht.“ Durch die Pandemie habe sich die Erarbeitung verzögert. Eines war in einer vorangehenden Pressemitteilung der Behörde klar gemacht worden: „Die Stadt braucht weitere Gewerbegebiete.“

Widerspruch kommt vom Bündnis lebenswerte Stadt, dem unter anderem der BUND, die Architektenkammer und der Landesverband der Gartenfreunde angehören. „Das Ausufern von Gewerbeflächen in die freie unbebaute Landschaft lehnen wir mit allem Nachdruck ab“, betont Bündnissprecher Ulf Jacob. Konkret nennt er die Gebiete im Blockland (Nord-West-Zentrum), in der Ochtumniederung südlich des Flughafens (Airport-Stadt-Süd), im Bereich der Horner Spange und Kleingartengebiete, die durch die Erweiterung des Gewerbegebietes Bayernstraße betroffen wären. „Wir müssen angesichts der fortschreitenden Klimakrise den expansiven Flächenverbrauch beenden und bis 2030 auf ,netto null' senken“, fordert Jacob. Ähnlich hatte sich vorher bereits die Landesarbeitsgemeinschaft Umwelt der Grünen geäußert.

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