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Bremer Freimarkt Schausteller kritisieren Behörde: "Ohrfeige für Traditionsbetriebe"

Der Bremer Schaustellerverband hat einen Senatsempfang genutzt, um die Marktverwaltung des Wirtschaftsressorts scharf zu kritisieren. Will die Behörde weniger Traditionsbetriebe auf dem Freimarkt haben?
26.10.2022, 05:00 Uhr
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Schausteller kritisieren Behörde:
Von Björn Struß

Wenige Tage vor dem Ende des Freimarkts hat der Bremer Schaustellerverband die Marktverwaltung des Wirtschaftsressorts scharf kritisiert. Einen Senatsempfang im Rathaus nutzte Rudolf Robrahn, Vorsitzender des Verbands, am Dienstag für klare Worte: "Die Ankündigung, bei der Platzvergabe künftig stärker auf Rotation zu setzen, ist eine Ohrfeige für alle Traditionsbetriebe." Diese Warnung hätten alle Schausteller des Freimarkts in diesem Jahr mit ihrem Zulassungsbescheid erhalten. Robrahns Befürchtung: Schaustellerfamilien aus Bremen und umzu, die den Freimarkt teilweise über Jahrzehnte geprägt haben, könnten künftig keinen Platz mehr auf der Bürgerweide erhalten.

Bereits in diesem Jahr war während der Planungen ein Streit um das Riesenrad eskaliert. Die Abteilung für Gewerbe- und Marktangelegenheiten des Wirtschaftsressorts hatte den Platz an ein neues Riesenrad vergeben. Das Fahrgeschäft, welches seit 1980 immer auf der Bürgerweide stand, sollte leer ausgehen. "Wir hatten auch die Bewerbung eines Riesenrads, das größer ist und über geschlossene Kabinen verfügt. Deshalb fiel die Wahl auf diesen Schausteller", schilderte Marita Wessel-Niepel, Abteilungsleiterin für Gewerbe- und Marktangelegenheiten.

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Das wollte Patrick Greier, der 2019 das in Bremen bekannte Riesenrad übernommen hatte, nicht hinnehmen. Er klagte vor dem Verwaltungsgericht gegen die Entscheidung der Marktverwaltung – und bekam recht. "Der Schausteller des anderen Riesenrads hatte die Größe bei der Bewerbung nicht korrekt angegeben. Statt 70 Meter ist es tatsächlich nur 63 Meter hoch", erläuterte Wessel-Niepel. Das Gericht habe nicht grundsätzlich über die Attraktivität der Fahrgeschäfte geurteilt. Vielmehr sei es ein Detailfehler der Bewerbung gewesen, den das Gericht beanstandete.

Robrahn erwähnte den Streit um das Riesenrad im Rathaus nicht. Er richtete den Blick vielmehr auf das kommende Jahr. Bei der Zulassung gebe es die Bewertungskriterien "bekannt und bewährt". Der Verbandsvorsitzende weiter: "Dabei geht es um Kundenorientiertheit, den Service und die Qualität der Produkte. Was nützt ein noch so moderner Betrieb, wenn das, was er anbietet, nichts taugt?" Die Stammbetriebe seien das Fundament für jedes Volksfest, die bei den Besuchern für einen Wiedererkennungswert sorgten.

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Der Schaustellerverband interpretiert die schriftlich verschickte Ankündigung, künftig auf mehr Rotation zu setzen, als Vorbote neuer Vergaberichtlinien. Laut Wessel-Niepel brauche es diese, um das Bewerbungsverfahren erstmals digital organisieren zu können. In Bezug auf den Umgang mit Traditionsbetrieben ändere sich aber nichts. "Wie bisher auch wird es die Vorgabe geben, dass zwei Prozent der Zusagen an neue Fahrgeschäfte und Buden gehen", versicherte sie.

Die Abteilungsleiterin verwies darauf, dass auch traditionsreiche Schausteller keine Stammplatzgarantie haben. "Für die 301 Plätze hatten wir in diesem Jahr über 900 Bewerbungen. Deshalb haben wir den Luxus, uns auch für Mitbewerber entscheiden zu können", betonte Wessel-Niepel. Insbesondere für die "Adrenalin-Junkies" sei es wichtig, immer wieder neue Fahrgeschäfte auf die Bürgerweide zu bringen. "Wir bemühen uns auch um Weltneuheiten. Der Jules Verne Tower feierte zum Beispiel bei uns seine Premiere", so Wessel-Niepel.

Andererseits machte Robrahn auch auf den Einsatz vieler Schaustellerfamilien aufmerksam. Sie übernähmen teils bereits über mehrere Generationen auch Aufgaben, für die sie niemand bezahle. "Das machen wir gerne, weil uns die Veranstaltung am Herzen liegt", beteuerte er. Nun aber nach dem Ende der Weihnachtsmärkte mit großer Unsicherheit auf den kommenden Freimarkt zu blicken, sei schwer zu vertragen. "Das nimmt uns den Schub, das ist sehr entmutigend."

Um versöhnliche Worte war am Dienstag Staatsrat Sven Wiebe bemüht, der in Vertretung von Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt (Linke) die Rolle des Gastgebers übernahm: "Ich denke, wir sind uns alle einig, dass die Attraktivität des Freimarkts von einem gewissen Wandel und neuen Attraktionen lebt. Aber auch Stammbetriebe üben natürlich eine große Anziehungskraft aus." Er bot den Schaustellern an, die Diskussion nach dem Ende des Freimarkts gemeinsam weiterzuführen.

Zur Sache

Bleibt Ailton der Botschafter?

Statt der Miss Freimarkt rührt in diesem Jahr Ex-Werder-Profi Ailton die Werbetrommel für das Volksfest. Beim Senatsempfang ließ er sich entschuldigen, die traditionelle Beerdigung des Volksfests wird er am Sonntag aber wieder begleiten. Staatsrat Sven Wiebe ließ durchblicken, dass Ailton dem Freimarkt vielleicht als Botschafter erhalten bleibt. "Ich glaube, er kommt insgesamt gut an. Vielleicht gibt es deshalb eine Fortsetzung, die Gespräche laufen", so Wiebe.

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