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Schrottimmobilien Geisterhäuser auch in Bremens sogenannten guten Gegenden

Nicht nur frühere Gewerbeimmobilien vergammeln in Bremen oder warten jahrelang auf eine neue Nutzung: Auch verwahrloste Eigenheime findet man, sogar in sogenannten guten Gegenden.
02.04.2024, 05:00 Uhr
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Geisterhäuser auch in Bremens sogenannten guten Gegenden
Von Joerg Helge Wagner

Unheimlich wirken sie, wie Schauplätze von privaten Tragödien oder Tatorte finsterer Verbrechen: Häuser mit halb blinden oder eingeschlagenen Fenstern, manchmal auch notdürftig mit Brettern vernagelt, in verwilderten Gärten. Die Fassaden sind grünlich angelaufen, auf den Einfahrten gammeln abgemeldete Fahrzeuge vor sich hin. Doch das sind keine Filmsets, sondern verwaiste Eigenheime in Bremen. Und sie stehen sogar in Gegenden, wo die Häuser- und Grundstückspreise überdurchschnittlich sind: Oberneuland etwa oder Horn-Lehe.

Das Bremer Wohnraumschutzgesetz ermöglicht es, einen gewissen Druck auf die Eigentümer auszuüben. „Der nicht nur vorübergehende Leerstand von Wohnraum, der grundsätzlich bewohnbar ist, stellt eine Zweckentfremdung dar“, heißt es in einer Deputationsvorlage vom 22. Februar. Darin werden die Verdachtsfälle für ordnungswidrige Leerstände für den Zeitraum Oktober 2021 bis Dezember 2023 mit 240 angegeben. Ob es sich dabei um Häuser mit Mietwohnungen oder auch Einfamilienhäuser handelt, kann die Behörde nicht sagen. Das Wohnraumschutzgesetz unterscheidet hier nicht nach Typ und Art des Hauses.

An der Rockwinkeler Heerstraße/Ecke Rilkeweg ist vor einer Ruine quasi ein kleiner privater Schrottplatz zu besichtigen: Mindestens vier Autos und ein Motorroller rosten auf dem Grundstück vor sich hin. Ganz in der Nähe, am Modersohnweg 24, hat der Garten das marode Haus schon fast verschlungen, Reste von Vorhängen quillen aus zerbrochenen Fenstern. Selbst am Rhododendron-Park, am Ende der vornehmen Marcusallee, ein trauriger Anblick: Ein sicher einmal schmuckes Einfamilienhaus verrottet in einem ungepflegten Garten. Auch hier ein abgemeldeter älterer Mercedes auf der Einfahrt, offenbar lange nicht mehr bewegt.

Behörden können in vielen Fällen nur zusehen

„Es geht hier um sogenannten ordnungswidrigen Leerstand“, heißt es aus dem Bauressort. „Für das Jahr 2024 wird das Verwaltungsverfahren bis zum Grundbescheid und Erlass des Zwangsgeldes abgeschlossen werden“, versichert Behördensprecher René Möller.

Doch manchmal lässt sich das Eigentumsverhältnis schlicht nicht aufklären oder der für Haus und Grund Verantwortliche ist nicht auffindbar. Dann kann die Behörde eigentlich nur dem weiteren Verfall zusehen, solange keine Gefahr durch auf den Gehweg fallende Ziegel oder Ähnliches droht. Übernimmt die Stadt am Ende die Immobilie, kann sie nichts damit anfangen. Abreißen oder sanieren darf sie nicht, dafür muss sie aber für die Absicherung der Ruine sorgen.

Innenressort zuständig für die Wohnungsaufsicht

„Die zentrale Aufgabe der Landesbauordnung ist die Gefahrenabwehr“, betont Möller. „Solange von einem Gebäude, das unter die Regelungen des Bauordnungsrechts fällt, keine Gefahren ausgehen, sind unsere Eingriffsmöglichkeiten sehr begrenzt.“ Anders ist es bei der Wohnungsaufsicht, wenn es um die Gesundheit der Bewohner geht, in der Regel Mieter. Dafür ist das Innenressort zuständig. Das gilt auch, wenn sich etwa Obdachlose in einem leer stehenden Gebäude niederlassen.

Und was ist mit den abgemeldeten Kfz auf den Anwesen? Ein Schrottplatz, also eine gewerbliche Nutzung, wäre in jedem Fall eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung. Doch „in begrenztem Maße“ dürfe man auch ohne Baugenehmigung Stellplätze einrichten, so die amtliche Auskunft. Dann sei der Bauherr selbst dafür verantwortlich, dass die baurechtlichen Vorschriften eingehalten werden. Wenn von Fahrzeugen Gefahr durch auslaufende Betriebsstoffe ausgeht, muss das Umweltressort eingreifen.

Wer die Behörden auf solche und andere Missstände bei Geisterhäusern in seiner Nachbarschaft aufmerksam macht, findet in der Regel Gehör – mehr aber auch nicht. Über den weiteren Verlauf kann man nicht informiert werden, wenn man selbst kein Beteiligter des Verfahrens ist.

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Auf ein zunehmendes Ärgernis weist der Eigentümerverband Haus & Grund hin: Immer wieder werden Schrottimmobilien zu überhöhten Werten ersteigert. Demnach hinterlegen die Ersteigerer die Sicherheitsleistung, zu einer Zahlung des Kaufpreises kommt es nicht. Dennoch werden die Ersteigerer mit Zuschlag Eigentümer und können direkt Nutzen aus der Immobilie ziehen. Die Immobilie wird weiter heruntergewirtschaftet. Bis die Immobilie erneut versteigert werden kann, vergehen häufig mehrere Monate.

Gegen diesen Missbrauch will die Bundesregierung mit neuen gesetzlichen Regelungen vorgehen. Haus & Grund appelliert an die Behörden, diese konsequent umzusetzen. Vor allem die erweiterte gerichtliche Verwaltung und die verbesserte Kontrolle der Zwangsversteigerungsverfahren seien entscheidend.

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