Die Herausforderungen sind enorm, und nun soll es offenbar eine neue Antwort darauf geben: Bremen plant die Gründung einer Stadtentwicklungsgesellschaft. Ziel ist unter anderem, den Umbau der Innenstadt und die neue Nutzung des Rennbahngeländes als Wohnquartier schneller und effizienter in Gang zu bringen. „Wir brauchen so ein Instrument für die anstehenden komplexen Bauvorhaben in der Stadt, denen große Planungsleistungen vorausgehen“, sagte Bausenator Joachim Lohse (Grüne) am Freitag dem WESER-KURIER. Die Zustimmung für diesen Ansatz ist ihm gewiss, parteiübergreifend. SPD und CDU treten ebenfalls für eine Stadtentwicklungsgesellschaft ein. Unterstützung kommt auch von der Handelskammer.
Bremen versteht sich als wachsende Stadt, verliert seit einiger Zeit aber wieder Einwohner an das niedersächsische Umland. Ein weiterer Aspekt ist, dass die City nicht attraktiv genug ist, um gegen die riesigen Einkaufscenter wie Dodenhof in Posthausen zu bestehen. Kunden, auch aus den Nachbarkommunen, sollen zurückgewonnen werden. Aufgaben, denen sich eine Stadtentwicklungsgesellschaft stellen müsste.
CDU fordert externe Fachleute
Erstmals öffentlich gemacht hatte das Thema in dieser Woche der Präsident der Bremer Architektenkammer. Oliver Platz kritisierte im Interview mit unserer Zeitung, dass der Stadt bei der Bauplanung eine Gesamtstrategie fehle. „Wir brauchen eine übergeordnete Instanz, die alles in sich vereint“, sagte Platz, „das ist ja nicht nur die klassische Stadtplanung, dazu gehören genauso die Belange von Soziales, Bildung, Wirtschaft oder Sport.“ Erst so eine Draufsicht, erklärte der Präsident, würde eine abgestimmte Planung ermöglichen. Bremen müsse sich dafür präparieren, den Entwicklungen nicht länger hinterher zu laufen, sondern sie zu antizipieren und zu steuern.
„So eine Gesellschaft könnte dann Sinn machen, wenn in ihr Kompetenzen gebündelt und Entwicklungen aus einem Guss vorangetrieben werden“, kommentiert Olaf Orb, der bei der Handelskammer für Standortpolitik zuständig ist. „Bei allen Themen der Stadtentwicklung, sei es Wohnen, Gewerbeflächen oder Innenstadt, haben wir ja kein Erkenntnis-, sondern ein Umsetzungsproblem“, so Orb weiter. Die Planungsprozesse dauerten mitunter quälend lange, unter anderem deshalb, weil zu viele Ressorts und Verwaltungseinheiten beteiligt würden. Eine Entwicklungsgesellschaft könnte anders agieren und Treiber für das Thema wachsende Stadt sein.
Die CDU kommt zu einer ähnlichen Einschätzung. Auch sie beklagt, dass die Planung nicht schnell genug vorangehe und spricht von zähem Verwaltungshandeln und ressortpolitischen Rangeleien. „Wir brauchen dringend eine übergeordnete und handlungsfähige Instanz, die auch mit externen Fachleuten ausgestattet ist“, fordert CDU-Landesgeschäftsführer Heiko Strohmann.
Erster Streit zeichnet sich bereits ab
Bremen stehe an einem Scheidepunkt, so der Abgeordnete. Als Beispiel nannte er die Innenstadtentwicklung. Das Zeitfenster dafür könne schnell zu sein, sollten die Zinsen auf dem Kapitalmarkt wieder steigen. Kurt Zech, einer der Unternehmer, die in der Bremer City mächtig investieren wollen, hatte es in dieser Woche beim Forum Innenstadt fast genauso gesagt: „Die Zeit war noch nie so günstig wie jetzt.“ Und er macht Druck: „Mir dauert das schon wieder ein bisschen zu lange.“
Bei aller Einigkeit darüber, dass Bremen eiligst eine Stadtentwicklungsgesellschaft braucht, zeichnet sich trotzdem schon wieder der erste Streit ab. Es geht dabei um die Frage, wo so eine Organisation angesiedelt sein soll. „Klar muss sein, dass die Gesellschaft vom zuständigen Ressort für Stadtentwicklung geführt wird“, betont Bausenator Lohse.
Von seinem Koalitionspartner kommen dagegen andere Töne. „Ja, es wäre gut, wenn wir eine gesellschaftsrechtliche Konstruktion hätten, die freier agieren kann als einzelne Ressorts, insofern ist die Stadtentwicklungsgesellschaft eine gute Idee“, sagt Dieter Reinken, wirtschaftspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion in der Bremischen Bürgerschaft. Die andere Frage sei, ob man dafür zwingend eine zusätzliche Struktur aufbauen müsse. Die Wirtschaftsförderung Bremen (WFB) habe mit Erfolg die Überseestadt entwickelt und werde das künftig auch mit der Rennbahn tun. Reinkens Vorschlag: Die WFB personell und fachlich so ertüchtigen, dass sie diese Aufgabe für die ganze Stadt übernimmt. „Man muss in Bremen nicht immer alles neu erfinden“, erklärt der SPD-Politiker.