„Ob wir schon immer ein Restaurant machen wollten? Nein. Wir wussten immer nur, dass wir zusammen sein wollen. Das konnte ein Restaurant sein, bei Tesla oder im Schuhgeschäft. Hauptsache zusammen.“ Elvis Behljuljevic macht eine kurze Pause, sein jüngerer Bruder Denis sitzt neben ihm und hört schweigend zu. Es ist ein selten, die beiden Jungs so zu sehen. Erstens, weil Denis als Küchenchef oft nur im hinteren Teil des Restaurants operiert, während der Ältere in seiner Rolle des Gastgebers naturgemäß im Front-Bereich zu Hause ist. Zweitens, weil dieses Gespann heute ungewöhnlich ernst und brav ist.
Also sind sie doch aufgeregt, denke ich und lache insgeheim. Und freue mich, dass die Jungs, die mich sonst eher an Max und Moritz von Wilhelm Busch erinnern, von einer Seite zeigen, wie ich sie in den Jahren unserer Bekanntschaft bisher noch nie erlebt habe. So höre ich die Story, wie die beiden Brüder zu „Due Fratelli“ wurden, jetzt zum ersten Mal. „Denis hatte mit 16 seine Ausbildung als Koch in Hannover angefangen“, sagt Elvis. „Nach sechs Monaten hat dann unser Onkel Gianni gesehen, dass der Junge es richtig drauf hat und ihn nach Bremen ins Papagallo geholt. Damit er nicht alleine ist, bin ich drei Jahre lang jedes Wochenende hergefahren und irgendwann ganz nach Bremen gezogen."
Dann bekam Denis ein Angebot aus Zürich, arbeitete danach in Sternerestaurants in der Schweiz, Italien und Deutschland. "Ich habe ihn diesen Jahren immer einen Grund gesucht, um ihn zurückzuholen", sagt Elvis. "Als ich mitbekam, dass ein guter Laden frei wird, habe ich Denis direkt davon erzählt. Innerhalb von zwei Wochen hat er in der Schweiz gekündigt und wir haben losgelegt.“
Fünf Jahre später haben sie sich lobende Erwähnungen in diversen Restaurantführern erkocht und stadtweit einen Ruf als Edel-Italiener aufgebaut. Ihre Küche ist für Treue zur klassischen Zubereitung sowie besondere Kreativität bekannt.
Probiert und empfohlen: Wir beginnen mit einer winterlich inspirierten Vorspeise: Pochiertes Ei auf Kürbiscreme, gebratene Waldpilzen und schwarzer Trüffel (16,50 Euro). Das Ei ist außen gestockt und im Kern noch flüssig, insgesamt ein schönes Konsistenzspiel. Das Allerlei an Waldpilzen, darunter Kräuterseitling, Trompetenpfifferling sowie Austernpilz schmeckt saftig und herzhaft, in Kombination mit der gut gepfefferten und cremigen Kürbiscreme und dem Trüffelkick ein Genuss, der auch Denis erfreut: „Das harmoniert komplett.“ Einen Makel gibt es aber: Ei und Creme sind leider um einiges übersalzen. „Das hat Nole in der Küche eben auch gesagt“, sagt der 34-Jährige und lacht.
Es folgt von der Tageskarte ein Lammkarree in Salzkruste (28 Euro). „Der Hauptgrund für die Kruste ist, dass ein Vakuum entsteht und die Feuchtigkeit der ätherischen Öle von den Kräutern besser in das Fleisch eindringt“, erklärt der Fachmann, derweil er das Fleisch vom Salzmantel befreit und portioniert. „Hätte zwei Minuten vorher aus dem Ofen kommen können“, ärgert er sich der gebürtige Hannoveraner einerseits zu Recht, andererseits stellt er ebenso wie ich fest, dass das um Spuren übergarte Lamm immer noch butterzart und obendrein bestechend aromatisch ist. Das geschmackliche Bild ist nahezu vollkommen, sodass die delikate Kalbsjus fast nicht mehr notwendig erscheint. Zusammen mit dem cremig-dezenten Selleriepüree ist die Kreation ein Hochgenuss, der Koch selbst verleiht ihr „eine glatte Zehn“. Ich hingegen nicht – weil das simple Gemüseallerlei wie ein abfälliges Beiwerk wirkt, das den Teller zwar voller, die Kreation aber nicht runder macht.
Wer Lasagne als rechteckigen Ausschnitt einer Auflaufform liebt, wird hier im positiven Sinne enttäuscht werden. Diese Hauskreation (17,50 Euro) hat nämlich mit den bekannten Darbietungen des italienischen Klassikers nichts gemein. Das fängt bei der Präsentation in der Glasglocke an. Denn die mit allerlei Gemüse wie Kohlrabi, Karotten und Zucchini, Kartoffelcreme sowie Büffelmozzarella gefüllte, in Rosenform verschlossene und im Ofen gebackene Lasagne wurde zum Schluss mit Buche geräuchert, der Rauchnebel anschließend unter der Haube konserviert.
Zweifellos, der Entertainmentfaktor ist gegeben, wenn Elvis die Glocke mit galanter Handbewegung hebt und das Raucharoma in die Freiheit entschwinden lässt. „Alter, diese geräucherte Parmesancreme“, zeigt Denis sich vom zusätzlichen Kick in der Soße begeistert und von der Lasagne selbst völlig berauscht: „Du hast die schlonzige Creme, das bissfeste Gemüse, die herzhafte Burrata, die Hülle gibt Crunch und die Creme ist einfach nur geil.“ Perfekte Zusammenfassung eines perfekten Gerichts.