Nicht nur zwei, sondern drei Rahen wurden bei der Kollision der "Alexander von Humboldt II" mit einem Schwimmkran so stark beschädigt, dass sie nun komplett ersetzt werden müssen. Das bestätigte Jürgen Hinrichs, Sprecher des Betreibers Deutsche Stiftung Sail Training (DSST), jetzt dem WESER-KURIER. Zur Höhe der Reparaturkosten will die in Bremerhaven ansässige Stiftung "grundsätzlich" keine Angabe machen.
Seit 2015 als Jugend- und Ausbildungsschiff im Einsatz
Offenbar hatte man bislang gehofft, die demolierten Stahlträger, an denen Segel befestigt sind, reparieren zu können. Angesichts der aktuell hohen Stahlpreise hätte dies die Kosten erheblich gedämpft. Hinrichs zeigte sich allerdings schon kurz nach der Havarie vor einem Monat sicher, dass die Versicherung des DSST "greifen" wird.
Repariert wird die "Alex II" auf der BVT-Werft in Vegesack am ehemaligen Standort des Bremer Vulkans. Das ist quasi die Wiege der Drei-Mast-Bark, die hier 2010 als Nachbau der weltbekannten "Alexander von Humboldt" auf Kiel gelegt wurde. "Der 65 Meter lange und 10 Meter breite Schiffskasko wurde in unserer Bremer Betriebsstätte Zur Westpier 40 gefertigt", heißt es auf der Homepage des Unternehmens. "In Bremerhaven erhielt der Großsegler Masten, Rahen, Takelage, Segel sowie die komplette sonstige Ausrüstung." Seit 2015 ist die "Alex II" als Jugend- und Ausbildungsschiff im Einsatz.
Betreiber fehlen Einnahmen in Höhe von 230.000 Euro
Die Einnahmen aus den Törns bilden das finanzielle Rückgrat der DSST. Bislang sind durch die Havarie mindestens 230.000 Euro entgangen, sagte Sprecher Hinrichs. Umso wichtiger ist es, dass die "Alex II" am 15. Oktober wieder auslaufen kann, denn für dieses Datum hat die DSST einen dicken Fisch geangelt: Ein kanadisches College hat den Dreimaster für einen halbjährigen Törn über den Atlantik und in der Karibik gechartert. "Das wird stattfinden", versicherte Hinrichs am Dienstag. Was der Törn einbringt, mochte er wieder nicht preisgeben. Es wird eine beträchtliche Summe sein, denn allein eine Fahrt von Bremerhaven durch den Ärmelkanal nach Dublin kostet pro Erwachsenen mehr als 2000 Euro.
Unterdessen laufen die Ermittlungen gegen den 67-jährigen ehrenamtlichen Kapitän der "Alex II", der bei der Kollision das Kommando hatte, weiter. Nach derzeitigem Stand handele es sich "insbesondere aufgrund des traditionellen Wertes des Schiffes um einen Unfall mit höherem Sachschaden, sodass ein Verstoß gemäß der Bremischen Hafenordnung vorliegt", teilte die Polizei am Dienstag mit. Im Rahmen eines Ordnungswidrigkeitsverfahrens werde gegen den verantwortlichen Schiffsführer ermittelt. Dies sei noch nicht abgeschlossen.
Der Vorwurf fahrlässigen Handelns stehe nicht im Raum, versicherte DSST-Sprecher Hinrichs schon wenige Tage nach der Havarie beim Auslaufen aus dem Kaiserhafen. Keine Rolle spielt das Alter des Kapitäns. "Entscheidend ist die Seediensttauglichkeit", erklärte Hinrichs. "Er hatte ein neues Patent." Das werde vom Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie ausgestellt, nachdem sich die körperliche und mentale Fitness ergeben habe. Eine obere Altersgrenze für Kapitäne bestehe nicht.