Mieter sollen sich künftig besser gegen überhöhte Mieten wehren können. Das Bundeskabinett hat dazu am Mittwoch ein neues Gesetz auf den Weg gebracht. Es enthält neue Rechte für Mieter und schärfere Regeln für Vermieter. Die Neuregelung der Mietpreisbremse ist nötig, weil das bisherige Gesetz nicht greift – auch in Bremen nicht.
Trotz der Mietpreisbremse zogen die Bremer Mieten etwa im ersten Halbjahr 2017 laut Berechnungen des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung um acht Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum an. Insgesamt sind die Mietpreise in Bremen in den vergangenen zehn Jahren um 32 Prozent gestiegen. Das ergab eine Auswertung des Immobilienportals „immowelt.de“. Derzeit liegt die Durchschnittsmiete in Bremen bei 8,20 Euro pro Quadratmeter. Dass die Mieten mit dem neuen Gesetz, das Anfang 2019 in Kraft treten soll, sinken werden, erwartet Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) nicht. Dennoch hält sie ihr Gesetzeswerk für einen „Quantensprung“. Die Bremer Lobbyverbände sind skeptisch.
„Bislang ist die Mietpreisbremse in Bremen völlig wirkungslos“, sagt Gert Brauer. Der Geschäftsführer des Bremer Mieterschutzbundes bezweifelt, dass sich daran mit den neuen Regeln etwas ändert. „Auch die Verschärfungen werden das Problem nicht lösen.“ Wenn Vermieter künftig eine Miete verlangen, die mehr als zehn Prozent über dem ortsüblichen Niveau liegt, müssen sie das gegenüber dem Vermieter begründen – etwa mit einer teuren, umfassenden Sanierung. Außerdem sollen Vermieter, wenn sie bestehenden Wohnraum neu vermieten, von sich aus angeben, wie hoch der Mietzins war, den der bisherige Mieter zu entrichten hatte. Brauer sagt dennoch: „Es wird kompliziert bleiben, sich gegen unzulässige Mieten zu wehren.“ Und überhaupt: Was helfe schon eine Auskunftspflicht, wie hoch die Miete bisher war, wenn es genug Menschen gebe, die auch die deutlich höhere, neue Miete zu zahlen bereit sind? „Der Druck auf dem Markt ist zu groß“, sagt Brauer.
„Die Leidtragenden sind die Mieter und Vermieter“
„Die Bundesregierung wählt den Weg der populistischen Wohnungspolitik“, sagt Ingmar Vergau. Der Bremer Geschäftsführer des Eigentümerverbandes Haus & Grund glaubt: „Die Leidtragenden sind die Mieter und Vermieter.“ Künftig soll es eine Ordnungswidrigkeit sein, eine Modernisierung vorzunehmen, um Mieter loszuwerden. Wie das geregelt und kontrolliert werden soll, dürfte spannend werden, meint Vergau. Vielleicht unterblieben am Ende viele Renovierungen schlicht – das sei sicher auch nicht im Interesse der Mieter. Auch Ingo Beilmann, Geschäftsführer des Verbandes Baugewerblicher Unternehmer in Bremen, befürchtet, dass Maßnahmen zur Schaffung barrierefreien Wohnraums oder Umbaumaßnahmen zur Energieersparnis mit Luxusmodernisierungen gleichgesetzt werden könnten. „Dies ist im Ergebnis das falsche Signal an Vermieter“, so Beilmann.
Die schärfere Mietpreisbremse könne dazu führen, dass weniger Menschen bereit sein werden, Wohnungen zu vermieten, sagt Vergau. „Die Angst vor Klagen wird wachsen.“ Schon jetzt fehle Eigentümern und Mietern ein verlässlicher Vergleich der Mieten. Der Grund: Bremen ist die einzige deutsche Großstadt ohne Mietspiegel. Bausenator Joachim Lohse (Die Grünen) dagegen sieht den Gesetzesentwurf als Schritt in die richtige Richtung: „Die Option für Mieter, gegebenenfalls die Miete zu kürzen, wenn der Vermieter eine Überschreitung nicht vorab begründet hat und die höhere Transparenzpflicht für die Vermieter bei der Vormiete begrüße ich.“ Dennoch reiche die neue Mietpreisbremse nicht aus, um die steigenden Mieten zu bremsen. Sinnvoll sei etwa ein stärkerer Eingriff in Mieterhöhungen bei Neuvermietungen. Die erlaubte Erhöhung, sagt Lohse, „sollte angesichts der angespannten Wohnungslage von zehn auf fünf Prozent gesenkt werden“.
Christoph Schmid glaubt, dass die Reform die Mietpreisbremse effektiver machen wird. Er ist Abteilungsleiter am Zentrum für Europäische Rechtspolitik an der Universität Bremen und forscht zu Mietpreisbremsen in Europa, und er sagt: „Das Risiko liegt künftig bei den Vermietern. Sie werden vorsichtiger agieren.“ Das könne den Mietanstieg etwas dämpfen, sagt Schmid. „Aber daran, dass es in Städten an Wohnraum fehlt, wird auch eine effektivere Mietpreisbremse nichts ändern.“