- Was genau tun die Awareness-Teams?
- Sind überwiegend Frauen betroffen?
- Was rät die Polizei?
- Was kann man tun, wenn man verfolgt wird?
- Darf man sich verteidigen, etwa mit Pfefferspray?
Die Bremerin Lotta Schäfer wird nach dem Besuch der Breminale auf dem Nachhauseweg von einem Fremden verfolgt. Sie wehrt sich, indem sie die Situation mit ihrem Handy filmt. Wie Buten un Binnen berichtete, veröffentlichte die 20-Jährige das Video später auf Tiktok und erreichte damit mehr als 2,3 Millionen Menschen. Es sollte auch eine Warnung sein, sagt sie.
Der Polizei Bremen ist der Fall bekannt, wie Sprecher Nils Matthiesen auf Nachfrage des WESER-KURIER mitteilt. Die Kriminalpolizei habe mit Schäfer gesprochen und das Video geprüft. "Nach derzeitigem Stand liegt kein strafbares Verhalten vor", sagt Matthiesen. Gleichwohl sei den Kollegen bewusst, dass die geschilderte Situation für die Betroffene äußerst belastend und beängstigend war. "Solche Erfahrungen nehmen wir sehr ernst," betont er.
Laut David Weingärtner, der bei der Breminale für Sicherheit zuständig ist, sind den Veranstaltern keine weiteren Vorfälle dieser Art bekannt. Die Organisatoren hätten gemeinsam mit dem Awareness-Team der Sicherheitsfirma L'Unità Security mit Schäfer gesprochen, um das Geschehen aufzuarbeiten. Die Awareness-Teams waren an allen Tagen der Breminale im Einsatz, um Menschen in Notlagen zu unterstützen – was die Betroffene jedoch nicht gewusst habe. Awareness-Teams sind Ansprechpartner für Menschen in Notlagen. Und zwar nicht allein bei Veranstaltungen wie der Breminale oder aktuell dem Deichbrand-Festival, sondern auch an regulären Wochenenden im Bremer Viertel.
Was genau tun die Awareness-Teams?
Sie sind Ansprechpartner für Menschen, die zum Beispiel Diskriminierungen, Belästigungen, sexuelle Übergriffe oder auch körperliche Probleme aufgrund eines Überkonsums von Alkohol oder Drogen erleben, erläutert Kai Villbrandt, Geschäftsführer von L'Unità Security. Sie leisten Erste Hilfe und rufen bei Bedarf einen Rettungswagen. Falls gewünscht, benachrichtigen sie die Polizei und begleiten das Gespräch. Sie organisieren auch den Heimweg, rufen ein Taxi oder bringen die betroffene Person zu Bus oder Bahn. Außerdem versuchen sie, Begleitpersonen wiederzufinden, falls jemand seine Freundesgruppe aus den Augen verloren hat.
Sind überwiegend Frauen betroffen?
Ja, laut Villbrand melden sich überwiegend Frauen, vereinzelt auch queere Personen. Es käme aber auch vor, dass Männer die Teams ansprechen, weil sie Opfer von rassistischen oder antisemitischen Übergriffen wurden.
Was rät die Polizei?
Man sollte nicht allein, sondern in Gruppen oder mit vertrauten Personen nach Hause gehen. Es sollten belebte, gut beleuchtete Wege gewählt und öffentliche Verkehrsmittel oder Taxen genutzt werden. Kommt es zu einer bedrohlichen Situation, sollten die Betroffenen selbstbewusst auftreten und klare Worte sprechen wie „Lassen Sie mich in Ruhe!“. Die Situation sollte auch so schnell wie möglich verlassen werden, anstatt sich auf eine Auseinandersetzung einzulassen. Sinnvoll sei es auch, gezielt Personen im Umfeld um Hilfe zu bitten. In akuten Bedrohungssituationen: Sofort den Polizeinotruf 110 wählen.
Was kann man tun, wenn man verfolgt wird?
Die Idee von Schäfer, die Situation zu filmen, war laut Villbrandt gut. Man könne auch mit jemandem telefonieren. Auf keinen Fall solle man wegrennen, schon gar nicht in dunkle Seitenstraßen.
Villbrandt ist es wichtig, hierzu ein Appell an die Männer zu richten – auch wenn sich der überwiegende Teil von ihnen korrekt verhält: Männer sollten sich anders verhalten, damit bei Frauen gar nicht erst ein Unsicherheitsgefühl aufkommt, fordert er. Die Straßenseite wechseln, Frauen nicht ansprechen, wenn sie allein unterwegs sind oder an einer Haltestelle warten. Oder auch helfend eingreifen, wenn es eine Notsituation gibt. "Verhaltenstipps werden meist an die Frauen gerichtet, dabei liegt das Problem in der Übergriffigkeit mancher Männer", so Villbrandt.
Darf man sich verteidigen, etwa mit Pfefferspray?
Villbrandt äußert sich skeptisch. Man dürfe sich wehren, wenn man angegriffen wird. Wer aber Pfefferspray zur eigenen Sicherheit mitnehmen will, sollte die Handhabung einmal ausprobiert haben. "Im Zweifel sprüht man es gegen den Wind und bekommt es selbst ab", warnt er. Auch die Rechtslage sollte man bedenken: Man müsse nachweisen können, dass es in einer echten Gefahrensituation eingesetzt wurde, sonst gilt es nicht als Notwehr.
Auch die Polizei warnt vor dem Einsatz von legalen Waffen zur Abwehr, darunter Pfefferspray. Sie würden das Verletzungsrisiko für das Opfer erhöhen und könnten das aggressive Verhalten von Tätern steigern.